Caffier: schon wieder neue Version zu Militäreinsatz bei G8-Gipfel

Schwerin: In einer brutal langweiligen und weitschweifigen Rechtfertigung, die er über örtliche Presseorgane verlautbaren liess, rechtfertigte sich der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), heute nach der mit Spannung erwartenden Sitzung seines Kontrollorgans, des parlamentarischen Innenausschusses. Summasummarum sagte er dort aus, die Polizeieinheit „Kavala“ habe sowohl im Vorfeld als auch während des G8-Gipfels in Heiligendamm den Einsatz des deutschen Militärs befohlen und kommandiert. Er sei nicht involviert gewesen, hätte nur vorher – zusammen mit dem Bundesverteidigungsministerium – die Rahmenbedingungen festgelegt.„Kavala“ hätte selbständig, so Caffier, die Einsätze bei der Tornadostaffel angefordert. Die Mitteilung über die Notwendigkeit weiterer Flüge sei über eine Kriminalkommissarin erfolgt. Es habe 6 Flüge gegeben. 97 Bilder seien der Polizei vom Militär übergeben worden.
Zum Einsatz der 10 Spähpanzer und derem durch Aufklärungselektronik gesammeltem Material sagte Caffier nichts. Wörtlich erklärte der Innenminister laut örtlichem Presseorgan (1):
„Ich habe in diesem Zusammenhang keinen Ministervorbehalt formuliert. Bei der Beantragung und der Gewährung von technischer Amtshilfe gem. Art. 35 Grundgesetz bedarf es weder eines Ministerantrages noch der Genehmigung eines Ministers. Dies sieht weder die Verfassung noch ein Gesetz oder eine Verordnung vor. Technische Amtshilfe, gerade in hoch dynamischen und flexiblen Lagen, kann von jeder autorisierten Stelle und von jedem autorisierten Polizeibeamten angefordert werden.“

Am 3.Juli allerdings hatte das Bundesverteidigungsministerium öffentlich eingestehen müssen, dass es bis dahin Informationen zurückgehalten hatte. An den Aufklärungsflügen zwischen Anfang Mai und Anfang Juni seien bei vier Einsätzen jeweils zwei „Tornados“ beteiligt gewesen, so hatte es bis dahin geheissen.
Dann änderte sich die Darstellung des Bundesverteidigungsministeriums unter Franz Jung. Ab sofort hiess es, dass „vier Luftfahrzeuge Eurofighter und acht Luftfahrzeuge Phantom“ zum Einsatz kamen. An den Aufklärungsflügen seien insgesamt 14 Flugzeuge beteiligt gewesen – aber nur mit insgesamt 23 (!) Flugstunden. (2)

Am 4.September hatte dann Innenminister Lorenz Caffier von insgesamt sieben Flügen gesprochen – sechs Aufklärungsmissionen und einem Demonstrationsflug.
An diesen sieben Flügen seien aber trotzdem 14 Flugzeuge beteiligt gewesen. Er selbst bzw. das Schweriner Innenministerium habe zwei der Aufklärungsmissionen beantragt, das Bundesverteidigungsministerium diese als Amtshilfe auch genehmigt.
FÜNF Flüge seien eigenmächtig durch „Kavala“ angeordnet worden. (3)

Das steht im Widerspruch Caffiers zur heutigen Aussage von SECHS durch die Polizei angeforderte Flüge der deutschen Luftwaffe. (1)

Landesminister Caffier hatte noch im Juli betont, die umstrittenen Einsätze der Tornados seien nicht eigenmächtig vom damaligen Kavala-Chef, Knut Abramowski, veranlasst worden. Dieser habe keine Entscheidungen getroffen, die über seine Kompetenzen hinausgingen. (3)

VERFASSUNGSKLAGE DER GRÜNEN GEGEN G8-MILITÄREINSATZ

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat angekündigt, erst im November gegen den Militäreinsatz während des G8-Gipfels vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen. In einem Rechtsgutachten kamen 2 Juristen doch tatsächlich zum Schluss, dass der Einsatz von (zugegebenen) 14 Kampfflugzeugen, 10 Panzern und 1100 Soldaten ein „Einsatz“ gewesen sei.
Einsätze der Bundeswehr beschliesst aber der Bundestag – sonst NIEMAND. Jung, Caffier und die Polizei hatten sich auf „Amtshilfe“ rausgeredet.

„Nicht weitergekommen sind wir leider bei der Frage, was genau die Polizei während des Gipfels getan hat“, so der einzige direkt gewählte Bundestagsabgeordnete der Grünen, Christian Ströbele. Für ihn unbegreiflich, warum der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern noch keinen Untersuchungsausschuss dazu einberufen hat. Dieser sei zuständig, da die Polizei Ländersache sei.
„In Heiligendamm waren Zivilbeamte im Einsatz“, sagte Ströbele. „Was haben die dort gemacht? Haben sie die Demonstranten provoziert? Am Ende gar zum Steinewerfen aufgefordert?“

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Quellen:
(1)
http://bad-doberan-web.de/news_id98_minister_caffier_keine_gravierenden_versaeumnisse_defizite_beim_g8_gipfel.html
(2)
http://www.zeit.de/news/artikel/2007/07/03/2332498.xml
(3)
http://www.netzeitung.de/deutschland/730212.html
(4)
http://www.taz.de/index.php?id=start&art=4357&id=deutschland-artikel&cHash=3f29b0a7b1

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