Berlin: Werter Herr Niebel. Eben durfte ich mir „Unter Den Linden“ auf Phönix ansehn. Da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass ihr Kollege, der SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, auch im nächsten Leben noch zu stulle sein wird Ihnen irgendwas plausibel zu erläutern, werde ich das jetzt tun. Ich setze jetzt auf Ihren, vielfach eingeforderten Sachverstand, ganz im Sinne einer ganz normalen Betriebswirtschaftslehre. Hier also 5 Argumente für eine längere Zahlung von Arbeitslosengeld (ALG I) an ältere Arbeitslose.1. 85% der Deutschen sind für diese Massnahme (1).
Sie können jetzt sagen, „das sind alles Kommunisten“, aber sie müssen sich dann auch der psychologischen Expertise über eine derartige Behauptung stellen.
2. Im Kapitalismus..okay. Also, in der „Marktwirtschaft“ schafft die Wirtschaft die Arbeitsplätze.
Wenn man Arbeitslose durch Kürzung ihrer Hilfe zu Ernährung, Kleidung und Wohnung mehr quält, heisst das nicht, dass das in irgendeinem logischen Zusammenhang zu Arbeitsplätzen steht. Die entstehen entweder in der Wirtschaft, oder sie entstehen eben nicht. Wenn sie – wie seit Jahrzehnten – eben nicht enstehen, dann hat dafür die Wirtschaft die Verantwortung, die logischerweise auch Hartz IV und Arbeitslosengeld zahlen müsste, und nicht der Staat. Wenn der Arbeitsplätze schaffen könnte, wäre das Sozialismus. Also beschweren Sie sich bitte bei der Wirtschaft und nicht bei denjenigen, denen die Wirtschaft keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Sie können natürlich sagen, „die wollen einfach nicht arbeiten“. Nur müssen Sie sich dann auch der psychologischen Expertise über diese derartige Behauptung stellen.
3.Arbeitslose – oder besser: Arme – geben ihr Geld aus.
Es geht sofort in den Wirtschaftskreislauf, so schnell können Sie gar nicht gucken. Sie gehen auch nach dem 15. im Monat in den Supermarkt und kaufen sich frisches Obst und Gemüse, sie gehen vielleicht sogar los und kaufen sich was zum Anziehen und vielleicht setzen sie sich einmal mehr im Monat ins Kino oder in ein Café, trinken einen Capuccino und versuchen mühsam ein Gespräch mit Leuten zu beginnen, die sie nicht kennen, weil sie sich sowas nicht oft leisten können.
Es gibt 4.53 Billionen Euro Geldvermögen in der Republik (2). Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Niebel. Ich als Sozialist will den Reichen dieses Geld nicht einmal wegnehmen – ich will, dass sie es endlich AUSGEBEN. Reichtum ist per Definition liegengebliebende Nachfrage, die auf den Konten ruht. Sie ist dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Die Marktwirtschaft funktioniert aber durch Angebot und Nachfrage. Jedenfalls behaupten das ihre Fans. Nicht IHRE Fans, Herr Niebel, sondern die Fans der Marktwirtschaft. Wenn Sie glauben, dass seien ein- und dieselben, dann fragen Sie bitte Herrn Baum, warum er gerade der einzige Parlamentarier ist, der den Mumm hat vor dem Bundesverfassungsgericht gegen verfassungsfeindliche Massnahmen der Exekutive und Legislative zu klagen, und dann fragen Sie sich mal, ob ihre Partei ausschliesslich von Fans der Martwirtschaft gewählt wurde oder wo eigentlich Frau Hamm-Brücher geblieben ist.
4. Wenn Herr Beck populär wird, wird er Kanzlerkandidat. Und wird er Kanzlerkandidat, kann er in 5 Minuten (ab jetzt) Kanzler sein, mit Ihnen als Minister.
Wo zum Geier ist der ganz normale Machtinstinkt bei Ihnen? Warum treten Sie nicht für die Interessen IHRER Partei ein und die IHRER Wähler? Warum versuchen Sie mit Händen und Füssen wedelnd, Angela Merkel als Kanzlerin und Franz Müntefering als Vizekanzler zu retten? Gehören Sie auch noch zur „Hartz IV oder Tod“-Fraktion, die die eigene Partei für eine Ideologie opfert? Ich dachte, dass gibt´s nur bei der SPD. Was ist los mit Ihnen? Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass niemand mehr diese grosse Koalition will und dass Sie zusammen mit den Grünen und der SPD eine satte parlamentarische Mehrheit haben? Wollen Sie keine Ampelkoalition, weil die Grünen „alles Kommunisten“ sind? Merken Sie denn nicht, dass Herr Bütikofer nur noch in einer Ampelkoalition im Amt bleibt? Was meinen Sie, was und wer da alles nachkommt?
Machen Sie ruhig weiter so und sie werden es merken. Aber dann beschweren Sie sich nicht beim kommunistischen Wähler, der ihnen davon läuft oder weitere 4 Jahre in der Opposition zuschaut, weil er diesen sinnlosen Kotau vor dem Kapital und dessen Rumdrücken vor der verfassungsgebotenen Verpflichtung der Allgemeinheit gegenüber nicht mehr aushält.
5. Das unwichtigste, lächerlichste, unmodernste, unvernünftigste, kitschigste, altbackendste, nicht-politikfähige Argument überhaupt:
es wäre gerecht.
Aber das will eigentlich nur das Volk sein. Und wer fragt das schon…
weiterer Schmöker für Mittel- und Oberschichtler:
16.10.2006
Definitionen aus der Unterschicht
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=151&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=10
Quellen:
(1)
http://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend4.html
(2)
http://www.die-bank.de/index.asp?issue=092007&art=568