GDL-Vertrag: Bahn-Konzern will Lokführer-Streik in Frankreich und Deutschland verhindern

„Ich rechne damit, dass uns die Bahn am Montag einen eigenständigen Tarifvertrag anbietet,“ so der GDL-Gewerkschaftsvorsitzende Manfred Schell heute in einem Interview (1). Auch Presseberichte mit gutem Draht seitwärts geben bekannt, dass sich die Konzernspitze der Bahn AG am Montag dem Druck der Lokführer beugt. Die GDL hat in diesem Falle zugesagt, bis Ende Oktober nicht zu streiken.
Das hiesse – sie würde nicht gemeinsam mit den Kollegen der französischen autonomen Lokführergewerkschaft FGAAC http://www.fgaac.org/principal.php
in den Streik ziehen, der am Donnerstag beginnt.(2)Konzernchef Hartmut Mehdorn – und hinter ihm die Bundesregierung – haben natürlich ein brennendes Interesse daran, das deutsche und französische Arbeiter sich am 18.Oktober nicht solidarisieren. Die Franzosen haben vorgemacht, wer in Frankreich das Sagen hat: die Franzosen. Die Deutschen dagegen sind der Legende nach stolz darauf, dass sie gegen transnationale Kapitalinteressen und die eigene Regierung in der eigenen Republik nichts zu melden haben, weil das vernünftig ist.
Das Gegenteil ist der Fall. Eine Mehrheit stützt den Streik der GDL für einen eigenen Vertrag (3) und bessere Bezahlung, wohl auch weil die Menschen wissen, dass weniger als ein Cent für jeden Fahrgast, den man im Monat heil ans Ziel quer durch Europa über die Schienen bringt, immer noch viel zuwenig ist.
(Nachtrag: ich musste jetzt im Nachhinein wirklich grübeln. Bekommt ein Lokführer einen Cent pro beförderten Fahrgast oder nicht? Eine Klarstellung – auch hinsichtlich des Nahverkehrs durch die GDL wäre vielleicht keine schlechte Sache).

Zu vermuten ist wieder einmal folgendes: die Bahn AG wird lügen, und sie wird es wieder einmal skrupellos und hemmungslos tun. Sie wird einen eigenständigen Tarifvertrag anbieten, oder besser: VERHANDLUNGEN darüber und in aller Seelenruhe den Oktober hinter sich bringen. Dann wird sie sagen, die GDL sei Schuld am Scheitern der Verhandlungen und das Angebot zurückziehen, von dem sie sagen werden, es sei nie gestellt worden, nur das Angebot darüber zu verhandeln.

Geifernde Unterstützer dabei: mutterfixierte Obrigkeitsstreichler und Lustopfer mit solchen Schlagzeilen á la „Wie `Iron Maggie` die Lokführer züchtigte“ (4). Wilhelm Reich und Siegmund Freud möchten platzen vor Freude. Neueste Meldungen stellen überdies in Frage, ob das Wort „Tarif“ in dem Tarifvertrag überhaupt auftauchen wird (5), der da angeblich vom Bahn-Konzern angeboten worden sein soll (oder nur die Verhandlungen darüber).

Wer etwas kauft, der bekommt eine Quittung. Wer einem Konzern etwas abkauft, bekommt die auch, so oder so. In jedem Falle sollte es schriftlich sein, bei brutalstmöglicher Ausleuchtung des Kleingedruckten.

DAS NEUE PROLETARIAT: DIE KREATIVE KLASSE

Es gibt Berufsgruppen und Gesellschaftsschichten, die einer Ausbeutung wie im 19.Jahrhundert ausgesetzt sind, während die gesamte Gesellschaft von ihren Ideen, ihrer Inspiration, ihren Werken und ihrem unbedingten Willen zur Arbeit profitiert. Das Kunst- und Kreativproletariat (Schriftsteller, Grafikerinnen, (Drehbuch-)Autoren, Webdesigner, Journalistinnen, Schauspieler, Programmierer, Musiker, Maler, Schaffende im Theater-, Film-, Radio- und Bühnenbereich, Architekten, Bildhauerin-was-ist-das, Tänzer, das gesamte Zirkus- und Musical-Genre mit Übergängen zum Sport, Akrobaten, Kleindarstellerinnen, Kabarettisten, Regisseure, usw, usw.) hat keine Gewerkschaft, es hat nur partiell soetwas wie eine soziale und gesundheitliche Absicherung, es bekommt gerade erwerbslos, arbeitsunfähig oder im Alter noch nicht einmal soetwas wie Respekt in der Bevölkerung, nur diejenigen die Geld haben oder von den Konzernen Medien-Privilegien eingeräumt oder bezahlt bekommen.

Wer eine völlig überdrehte, kranke Stimme im Fernsehen hört die einem einen Klingelton oder anderes andrehen will, oder der auf der Fahrt ins Büro einen Halbnackten auf den Plakaten zu sehen bekommt der Parfüm anbietet, der sollte begreifen, dass solche Kolleginnen und Kollegen auch lieber genau die Spielfilme machen würden, die hier im von US-Monopolen planwirtschaftlich beherrschten „Markt“ nicht gedreht werden dürfen, weil wir nur eine blöde Kolonie zu sein haben, mit der entsprechenden Regierung.
Man könnte als z.B. als Musiker natürlich auch zu „Ver.di“ gehen. Nur hätte man davon nichts, ausser plötzlich Musiknehmer genannt zu werden.
Bei den Sportlern sieht´s übrigens auch nicht besser aus. Auch dort weiss man, was man vom Wort „Manager“ zu halten hat.

DIE BEVÖLKERUNG STEHT ZUR GDL

Nicht nur die Umfragen zeigen es, auch im alltäglichen Gespräch gibt es in der Bevölkerung grossen Respekt vor den Lokführern, die allein gegen die Lobby ihre Sache vertreten.
Wenigstens den Arbeitern und Arbeiterinnen die noch einen Schutz durch eine echte Gewerkschaft geniessen, ist im Interesse des Allgemeinwohls zu wünschen, dass sie sich für rücksichtslose Manager- und Kapitalinteressen nicht über den Tisch ziehen lassen.

weitere Artikel:
06.10.07
GDL will mit Bahn-Eigentümer Bundesregierung verhandeln
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=1025&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=10

Mehrheit der Deutschen unterstützt GDL-Streik
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=1020

05.10.07
GDL:“Bahn bekommt Zeit zu verhandeln“
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=1019

04.10.07
ARD-Experte Möller zu GDL:“nur indirektes Streikrecht im Grundgesetz“
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=1016

30.09.07
Der wahre Gegner der GDL: Bundesregierung und DGB
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=1001&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=9

Quellen:
(1)
http://www.welt.de/wirtschaft/article1262141/Lokfuehrer_soll_eigenen_Tarifvertrag_bekommen.html
(2)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=1057
(3)
http://radio-utopie.de/index.php?themenID=1020
(4)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,511060,00.html
(5)
http://de.today.reuters.com/News/newsArticle.aspx?type=domesticNews&storyID=2007-10-13T115314Z_01_HAG333600_RTRDEOC_0_DEUTSCHLAND-TARIFE-BAHN.xml

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