Berlin: Der SPD-Parteitag hat, neben einigen guten Ansätzen, nun auch eine Idee aus dem Wasser gezogen, die Franz Müntefering schon am 23.Mai auf dem Kongress des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) geäussert hat (1). Er hatte damals Maximallöhne gefordert, die horrenden Managergehälter, die nicht selten um das 1000-fache höher lägen als bei normalen Beschäftigten. Das müsse eine Grenze haben, so Müntefering im Mai.Gestern nun meldete sich der Vizekanzler auf dem Bundesparteitag der SPD in Hamburg zu Wort. Wieder sprach er über eine Obergrenze von Löhnen und Gehältern. (Wo ist da eigentlich der Unterschied? Vielleicht, dass von einem „Lohn“ von 500.000 Euro pro Monat kaum die Rede sein kann, eher von einem „Gehalt“. Deswegen sagt man auch nicht „Monatslohn von 500.000 Euro“, sondern „Jahresgehalt von 6 Millionen“. Weil´s besser klingt und der Medienkunde zum Rechnen zu müde ist, ich auch, geb ich offen zu, aber manchmal muss das sein.)
„Dass einer tausendfach so gut ist wie ein anderer, das kann überhaupt nicht sein,“ so Müntefering nun gestern. Auch das „müssten wir uns mal vornehmen“, forderte er. (2)
Die Partei sprach sich außerdem für einen Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde aus. Die Delegierten billigten den Leitantrag „Gute Arbeit“ des Vorstandes. Darin setzen sich die Sozialdemokraten ein für Vollbeschäftigung und für Leiharbeiter gleichen Lohn bei gleicher Arbeit wie die Beschäftigten der Stammbelegschaften. Müntefering nannte Mindestlöhne unverzichtbar (3).
Seit wann, sagte er allerdings nicht. Tagtäglich beweisen Millionen, dass sie auf ihn verzichten können, weil sie es dank der SPD müssen.
Heute sagte Franky, Verzeihung, unser aller Aussenminister der „globalistischen Weltordnung“ (Frank Steinmeier gestern in seiner Begründung zur Verlängerung des OEF-Mandates für die Bundeswehr unter dem Oberkommando der US-Militärs zwischen Kasachstan, Syrien, dem Sudan und Pakistan, 4), dass ja Franz Müntefering gestern erklärt habe, das Ideen-Reservoir der SPD sei keineswegs ausgetrocknet.
Das ist richtig. Aber mal abgesehen davon, ob da Müntefering nach seiner eigenen Definition nun Ideennehmer oder Ideengeber war – warum stimmte die SPD in den Bundestagsausschüssen schon vor der Rede von Müntefering auf dem EGD-Kongress im Mai mehrfach genau gegen die Maximallöhne, die Franz Müntefering nun zum wiederholten Male öffentlich forderte (5)? Man kann sich sicher sein: mit Heuchelei hat das bestimmt nichts zu tun, nicht wahr?
Nun – seien wir zufrieden. Solche Beschlüsse wie „Gute Arbeit“, „Kultur ist unsere Zukunft“ (6), das geht ins Ohr. Das hat Rhytmus, das hat Versmass, das klingt gut und weil das so ist, ist es vernünftig, und wenn das vernünftig ist, ja dann wir das tun wir das auch, Genossinnen und Genossen, und weil wir das tun, ist das auch gut so.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wies diesbezüglich auf die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Kultur hin. Kreativwirtschaft mache mindestens 2,6 Prozent des Bruttosozialprodukts aus (6). Auch deshalb rate er seiner Partei, sich mit dieser Branche zu befassen und es nicht anderen zu überlassen, so Steinbrück.
Nun, mit dem Bruttosozialprodukt (was übrigens auch „Volkseinkommen“ genannt wird, 7) ist es so eine Sache. Ein Lied, ein Bild, ein Friedhof (auch für Künstler), ein Schule (auch für Künstler), eine Universität, eine Feuerwehr, auch eine Polizei, ein Denkmal, ein Krankenhaus, ein Wald, ein Fluss, ein neuer Mensch (ein Kind, Sie verstehn das), ein Moment des ganz normalen Lebens bringt kein Geld. So gesehen, nach dem „Bruttosozialprodukt“, also in Geld gerechnet, hat all das ersteinmal keinen Wert. Es sei denn, irgendjemand macht damit Geld.
Mache eine Innenstadt im Osten dicht und baue einen neuen Luxusdampfer, heutzutage eine kleine Stadt, hast Du immer noch ein „Wachstum“, hat man immer noch einen Anstieg des „Bruttosozialproduktes“.
Wenn jetzt also selbst nach diesen Massstäben die Kreativwirtschaft ins Gewicht fällt, so darf man dabei nicht vergessen, wohin diese darin erarbeiteten, oh Verzeihung, erwirtschafteten Gewinne und Profite, oh Verzeihung, „Löhne und Gehälter“ tatsächlich fliessen. Sind die bei einem Konzert umgesetzten Einnahmen eines Veranstaltungszentrums durch Getränke, die Einnahmen von Tontechnikern, Lichttechnikern, der Zulieferer und der Veranstalter selber dort mit einberechnet? Und wenn ja, wie sieht es mit den „Verursachern“ dieser Veranstaltung selber aus?
Wissen Sie, meine lieben, hohen Herren aus der Politik, eins ist doch mal klar: einen Mindestlohn von 7.50 Euro, oder wieviel sie auch immer fordern oder sogar durchsetzen (was ich im Leben niemals glauben werde bis es soweit ist), der wird nur bei den gesellschaftlich anerkannten Gruppen ankommen. Zu diesen zählen keine Musiker, Schauspieler, Tänzer, Drehbuchautoren, Regisseure, Programmierer, Grafiker, Schriftsteller, Akrobaten, Journalisten oder Erfinder. Die müssen selber sehen wo sie bleiben.
Wir haben keine Gewerkschaft. Wir haben keine Rechte. Wir haben keine Lobby, keine Partei, die für UNS das Wort ergreift, wir haben nur jede Menge Leute am Hals, die von uns profitieren.
Weil wir eine Eigenschaft haben, um die uns alle beneiden: wir lieben unsere Arbeit. Wir lieben sie aus ganzem Herzen. Wir sind Fanatiker, die alles tun um arbeiten zu können und WIR sind es, die die Werte schaffen, die noch in 10 Jahren, in Hunderten oder Tausenden von Jahren lebendig sind, wo Waffen, Reichtum, Macht und hohle Worte nur noch Staub und Schatten sind.
Staub und Schatten.
Staub… und Schatten…
Quellen:
(1)
http://www.radio-utopie.de/archiv.php?themenID=550&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=5
(2)
http://www.mittelbayerische.de/top_themen/artikel/muentefering_ich_bin_noch_nich/151433/muentefering_ich_bin_noch_nich.html
(3)
http://www.zeit.de/news/artikel/2007/10/27/2408592.xml
(4)
http://www.radio-utopie.de/index.php?themenID=1126
(5)
http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1215846364
(6)
http://www.tagesschau.de/inland/spdparteitagbeschluesse2.html
(7)
http://de.wikipedia.org/wiki/Bruttosozialprodukt