Uganda ist Einsatzgebiet westlicher Truppen, die dort die Wirtschaftsinteressen ihrer Staaten vertreten. Gestern kam es dort in der Hauptstadt zu einem scheinbar völlig sinnlosen und willkürlichen Massaker. Ins Spiel gebracht wurde sofort das weit entfernte Somalia, während in der Presse das benachbarte und vom Stellvertreterkrieg der Großmächte bedrohte rohstoffreiche Sudan peinlichst verschwiegen wurde. Heute nun sprach der Internationale Gerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen den Machthaber im Nord-Sudan aus.
In Kampala, der Hauptstadt von Uganda, explodierte am Abend des 12.Juli inmitten einer Menschenmenge ein Sprengsatz. Ein weiterer in einem äthiopischen Restaurant im Kabalagala Bezirk, der als äthiopisches Dorf bezeichnet wird.Vor der Gaststätte waren vor einem Bildschirm viele Menschen – darunter mehrere Ausländer – versammelt, um des Endspiel der Fussball-Weltmeisterschaft 2010 zu verfolgen. Mindestens 70 Personen wurden nach ersten Berichten getötet und 60 weitere verletzt.
Der seit 24 Jahren mit westlicher Militärhilfe herrschende Machthaber Ugandas, Yoweri Museveni, erklärte dazu:
„Wir werden sie bekommen, wo immer sie sind. Wir werden nach ihnen suchen wie wir es immer tun.“
Sein Regierungssprecher Fred Opolot sprach umgehend von „Hinweisen“, dass sich zwei „Selbstmordattentäter“ selbst in die Luft gesprengt hätten. Ob es sich etwa um einen versteckten Sprengsatz, einen Flug- oder Wurfkörper gehandelt hatte, die Mainstream-Presse fragte weltweit nicht danach; vielmehr druckte begeistert die Einlassungen eines „Sheik Yusuf Sheik Issa“ ab, angeblich eines somalischen „Al Schahab“-Kommandeurs. Dieser hatte „associated press“ ein ausführliches Interview gegeben, in dem er sich ausdrücklich „happy“ über die vielen Toten äußerte, aber sich merkwürdigerweise weigerte zuzugeben, dass seine Organisation hinter dem Attentat stecke. Opfer des Attentats sollen laut den Behörden Ugandas unter anderem Staatsbürger aus Indien, Äthiopien und dem Kongo sein. (1)
Gleich nach dem Attentat war von verschiedenen „Sicherheitsexperten“ gemutmasst, das Attentat habe die Miliz „Al Schahab“ („al-Shahab“) begangen, die in Somalia gegen die vom Westen im Sattel gehaltene Übergangsregierung in Mogadischu kämpft. Der Polizeichef von Kampala, Kale Kaihura, wiederum lenkte die Aufmerksamkeit auf „Al Schabab“. Es wäre bekannt, so Kaihura, dass „Al Schabab“ Verbindungen zu „al-Qaida“ hätte. In der Presse heisst es nun , dass „Al Schabab“ habe in der vergangenen Woche zu Anschlägen auf ugandische und burundische diplomatische Einrichtungen aufgerufen.
Etwas verwirrt äußerte dazu der westlich gestützte somalische „Übergangspräsident“ Sharif Sheikh Ahmed (der in Kenia residiert), dass die „Al Schahab“-Miliz noch nie ausserhalb Somalias zugecshlagen hätte und das dies das allererste Mal wäre (2). Anzunehmen ist, dass diese interessante Information die Mainstream-Presse weltweit genauso schnell wieder vergessen wird wie „Übergangspräsident“ Ahmed. Schliesslich geht es hier um handfeste Interessen.
Somalia wird als Aushängeschild knallhart spekulierender Militärstrategen für die Öffentlichkeit benutzt, um in Ostafrika US-amerikanische und europäische Truppen zusammenzuziehen. Dazu benötigt man einen Bürgerkrieg, da eine zerrüttete Regierung das „Piratenproblem“ vor ihrer Küste nicht in den Griff bekommen kann und soll.
Eigentliche Ziele des miltärstrategischen Komplexes liegen im Sudan, Uganda, Kongo, Nigeria – alles Länder mit reichen Rohstoffvorkommen und die es auszeichnet, durch von aussen geschürte ethnische Konflikte in ihrer inneren Stabilität zerrissen zu werden. Der Kampf um die Verteilung wird zwischen den USA, der Europäischen Union, China und Russland und ihren jeweiligen Bündnispartnern um die Weltherrschaft über die Rohstoffe ausgetragen.
Dabei werden je nach Lage diese Partner einbezogen, benutzt oder fallengelassen – Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Einzige Verlierer in diesem Spiel sind die Bevölkerungen der betroffenen Staaten.
Im Jahr 2011 wird es im Sudan zu einem Referendum über die mögliche Abspaltung des Südsudan mit seinen reichen Erdölvorkommen kommen. Diese gilt es für die jeweiligen Interessengruppen zu verteidigen. Der Kriegslogik des zurückgetretenen Präsidenten Horst Köhlers vom Krieg für „wirtschaftliche Interessen“ entsprechend (unter der Hand längst Militärdoktrin im Regierungsviertel) könnten also Deutschlands „wirtschaftliche Interessen“ in Zukunft nicht mehr nur am Hindukusch sondern auch am Oberen Nil verteidigt werden. Die Bundeswehr ist schon seit längerem in Uganda und Dschibouti (Dschibuti) stationiert, offiziell als Freund, Ausbildungshelfer und Bewahrer der selbstdefinierten Ordnung örtlicher Diktatoren.
Heute nun sprach der Internationale Gerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen den Machthaber im Nord-Sudan aus, Omar al-Bashir. Ihm wird Genozid im Landesteil Darfur vorgeworfen (3). In dem Landesteil war 2003 nach Funden umfangreicher Vorkommen von Erdöl und Uran durch westlich gestützte Milizen ein Guerillakrieg gegen das Regime in Khartum begonnen worden. Dieses unterhält u.a. umfangreiche Wirtschaftsbeziehungen mit China. Der ganze geostrategische Konflikt hat sich seit Jahren angebahnt. (22.Januar 2007, Der kommmende Ostafrika-Krieg Kapitel II: Darfur, das Konsortium, die Atommächte, das Uran und das Öl…)
China muss seine Rohstofftransporte über das Rote Meer und den Golf von Aden abwickeln. Dort sind seit Ende 2008 Flotten der Großmächte USA, Indien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland stationiert, zur Bekämpfung von „Piraten“, wie es heisst. Neuerdings wurde dafür sogar offiziell vom „Nordatlantikpakt“ (Nato) ein U-Boot entsandt. (4)
Die blutige Spur der Attentate – unter dem unablässigen Gedröhne der „Al-Qaida“-Werbetrommel zur Hauptsendezeit der westlichen Medien – und den unmittelbar darauf folgenden Feldzügen der westlichen Militärs, zieht sich bereits kreuz und quer über den gesamten Planeten.
Gewinner dieser Zerstörung ganzer Völker und Regionen sind die Großmächte, im Verein mit eingesetzten regionalen Schattenregierungen, Militärs, Milizen, profitorientierten Interessengruppen und Rohstoff-Konzernen.
(…)
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Quellen:
(1) http://www.huffingtonpost.com/2010/07/11/uganda-bomb-world-cup_n_642336.html
(2) http://www.focus.de/panorama/vermischtes/uganda-ueber-60-menschen-bei-anschlag-waehrend-fussball-wm-finale-getoetet_aid_529570.html
(3) http://www.google.com/hostednews/canadianpress/article/ALeqM5gG7rg6TrTPoq9b0TeNnVCf0U5_DA
(4) http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5iueoZipGOUmZn6MbNcJYaMnwx8rw