Während die Großen dieser Welt in London versammelt waren (G20) und danach in Straßburg (NATO), war der venezolanische Präsident auf Tournee im Süden des Planeten. Wichtigste Etappen seiner Tournee: Teheran, Tokyo und Peking. In einem telefonischen Gespräch mit Walter Martínez, dem Programmleiter der Sendung Dossier de la Venezolana de Televisión von Teheran aus am 3. April mit Chávez hat dieser den ”hochfliegenden geostrategischen” Einsatz erklärt. Chávez befand sich an Bord eines kubanischen Flugzeugs, geliehen von Fidel und Raúl Castro – wie er in der Unterhaltung erklärte – weil das Präsidentenflugzeug eine Panne hatte beim Zusammenstoß mit einem Vogel (ein Papagei), der direkt in einen Flugzeugmotor geflogen war.
Hier das Wichtigste an den von Chávez gelieferten Informationen:
Der Vertrag mit Iran. Venezuela und Iran haben einen Vertrag unterzeichnet zur Schaffung eines gemeinsamen Bergbauunternehmens, um auf rationelle und haltbare Weise die venezolanischen Vorkommen an Kupfer, Gold, Edelsteinen und anderen Mineralen abzubauen, die heute Gegenstand von Raubbau und Schmuggel sind. Die beiden Länder werden auch ein gemeinsames Unternehmen zur Herstellung von pharmazeutischen Produkten schaffen: Generika, gegen AIDS, Diarrhöe, Tierimpfstoffe etc. Außerdem wollen sie ein gemeinsames Unternehmen für Fischzüchtungen gründen, das sich auf das iranische know how im Kaspischen Meer und im Arabisch-Persischen Golf stützt.
Schließlich hat Chávez angekündigt, dass Ahmadinejad im folgenden Mai auf seiner Reise durch Südamerika auch Venezuela besuchen wird. Aber das wichtigste Abkommen betrifft die Schaffung einer bi-nationalen iranisch-venezolanischen Bank mit einem Anfangskapital von 1600 Millionen Dollar.
Einweihung der iranisch-venezolanischen Bank
Reise nach Japan. Nach Teheran begab sich Chávez nach Tokyo. Japan, erklärte er, ist ein Verbraucher von Millionen Barrels an Erdöl und stellt eine der großen Wirtschaftsmächte dieses Planeten dar. Venezuela hat seit zehn Jahren versucht, seine Beziehungen zu Japan zu entwickeln, aber das Imperium hat uns Knüppel zwischen die Beine geworfen. Venezuela und Japan werden ein Energie-Abkommen treffen, das vor allem zu japanischen Investitionen bei der Ausbeutung der Erdölvorkommen im Orinoko-Becken führen wird, eins der bedeutendsten in der Welt.
Reise nach China. Nach Tokyo Peking. ”China”, sagte Chávez ” ist die große Wirtschaftsmacht des 21. Jahrhunderts . Die Beziehungen zu China sind von großer geostrategischer Bedeutung. Wir werden die Beziehungen zur chinesischen Investitionsbank stärken, die größte der Welt. Sie wird 4000 Millionen Dollar in Venezuela investieren.”
Auf dem Weg zu einer neuen Weltwährung
Dann kommt Chávez auf das wichtigste Thema, das ihm am Herzen liegt: die Schaffung einer neuen Weltwährung.
”Auf dem G20-Gipfel in London haben China und Russland die Schaffung einer neuen Weltwährung vorgeschlagen. Obama hat ihnen geantwortet, das ‚der Dollar die Währung der Zukunft sei‘. Aber das ist nur die Währung des Imperiums. Das werden wir ändern. Die neue Weltwährung hat bereits die Unterstützung Chinas, Russlands, von Ländern Afrikas und des Nahen Ostens. Diese neue Währung wird sich durchsetzen, auch wenn das Washington, London und Brüssel nicht gefällt. Diese trikontinentale Utopie ist auf dem Wege der Verwirklichung. Als ich darüber vor zehn Jahren mit dem chinesischen Präsidenten Yang Zhe Min gesprochen habe, hat er mir in schönstem Chinesisch geantwortet: ‚Fangen wir bei den kleinen Dingen an.‘ Ich natürlich, als guter Südamerikaner praktiziere den magischen Utopismus und sagte im Geiste von Bolívar ‚Errichten wir den Chimborazo‘.*
Der Traum ist auf dem Wege der Verwirklichung, nicht von oben, nicht innerhalb der UNO, nicht innerhalb der G7, nicht einmal innerhalb der allianzfreien Länder, die sich im Juli in Kairo versammeln werden. Nein, das wird von unten aufgebaut, durch bi-laterale oder trilaterale Abkommen, innerhalb regionaler Gruppen des lateinamerikanischen Blockes, des afrikanischen, nahöstlichen, asiatischen Blockes. Diese Währung wird sich wie ein Netz neuer regionaler Tauschwährungen bilden. Wir werden unentwegt den Sucre propagieren, die neue südamerikanische Währung, und zwar auf dem Gipfel der ALBA, der nach der Osterwoche in Caracas stattfinden wird. Das wird ein regionales System von Kompensations-Austausch. Iran und Venezuela arbeiten an einem Tauschgeld zwischen uns. China und Russland haben die Möglichkeit, eine Reservewährung zu schaffen. Wie Victor Hugo sagte: ‚Es gibt nichts Mächtigeres als die Idee, deren Zeit gekommen ist.‘
In New York im Jahr 2000, dem Jahrtausendgipfel, wurde ich zum Koordinator von einer der fünf kontinentalen Arbeitsgruppen ernannt. Ich erinnere mich an jenen historischen Satz von Fidel, der ebenfalls teilnahm: ‚Die großen Probleme werden in der ganzen Welt niemals anders gelöst als durch große Krisen.‘ Jene famose ”Neue Internationale Ordnung”, von der man in den 70-er Jahren zu sprechen begann, ist im Entstehen begriffen, nicht von oben sondern von unten. ”
Schließlich erklärte Chávez, dass er gespannt sei, was Obama den amerikanischen Nationen auf dem Fünften Gipfel der beiden Amerikas in Port-au-Spain vom 17.-19. April zu sagen habe: ”Ich bin der erste, der eine Veränderung in den Beziehungen zwischen Venezuela und den USA wünscht.”
*Der Chimborazo ist der höchste Berg der Anden (6267m), nahe Riobamba im Ecuador gelegen. Ein Hinweis auf einen berühmten Text von Simón Bolívar ”Mein Delirium auf dem Chimborazo”.
AUTOR: Fausto GIUDICE
Übersetzt von Einar Schlereth, vom Autor überprüft
Originalartikel veröffentlicht am 5.4.2009
Über den Autor
Fausto Giudice und Einar Schlereth sind Mitglieder von Tlaxcala, dem Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt. Diese Übersetzung kann frei verwendet werden unter der Bedingung, daß der Text nicht verändert wird und daß sowohl der Autor, der Übersetzer, der Prüfer als auch die Quelle genannt werden.
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