Laut „space.com“ meldete die US-Raumfahrtagentur NASA am 11.Februar, dass der russische Satellit Cosmos 2251 um 11.55 Uhr vormittags ostamerikanischer Zeit (EST) in einer Höhe von 490 Meilen (790 Kilometern) über dem polaren Norden Russlands (Koordinaten E97 N72) in den Satelliten „Iridium 33“ des US-Konzerns „gerast“ sei.
Der Weltraumflugkörper des Konzerns Iridium, welcher ein weltweites Satellitentelefonnetzwerk betreibt sowie u.a. die verschlüsselten „Enhanced Mobile Satellite Services (EMSS)“ für das US-Verteidigungsministerium Pentagon bereitstellt, habe sich nach Angaben des Konzern auf einer „polar-nahen Umlaufbahn“ befunden, also den Planeten über Süd- und Nordpol umkreist.
Das ist in mehrfacher Hinsicht sehr bemerkenswert.
Bei Satellitenorbits unterscheidet man u.a. zwischen dem „Low Earth Orbit“ (LEO), ungefähr entlang dem Äquator und in Richtung der Erdrotation (Höhe 200 bis 1200 km), sowie dem „sonnensynchronen Orbit“ (SSO) über die Polarkappen. Im deutschsprachigen Wikipedia wird hier eine Höhe von „700 bis 1000 Km“ angebeben, im englischsprachigen eine typische Höhe von „600-800 Kilometern“.
Globale Kommunikationsnetzwerke wie Iridium benutzen normalerweise den „Low Earth Orbit“ (LEO).
Dagegen benutzen Forschungs- und Spionagesatelliten in der Regel den SSO-Orbit, da er ihnen mehrere Vorteile bietet, wie .B. beim Flug entlang der Dämmerungszone steten Sonneneinfall ohne Nacht-Tag-Zyklus, oder bei einer Bahnneigung von 96 bis 99 Grad das Überqueren immer des gleichen Ortes zur selben Tageszeit.
Entgegen dem eigentlich üblichen „Low Earth Orbit“ (LEO) für kommerzielle Kommunikationsnetzwerke war Iridium 33 also auf einem polaren SSO-Orbit für Spionagesatelliten.
Trotzdem behauptete man seitens offizieller transatlantischer Stellen schon sehr bald, der US-Satellit habe sich in einem LEO befunden. In der gestrigen Meldung von „ABC“, auf die sich mehrere deutsche Zeitungen beriefen, las man nichts von der merkwürdigen Umlaufbahn des als explodiert gemeldeten US-Satelliten sondern bekam die Version des LEO-Orbits aufgetischt, mit allerlei besorgten NASA-Statements über dies und das und auch die ISS.
Andrew Brookes, Weltraumexperte vom Internationalen Institut für Strategische Studien in London, beklagte denn auch lauthals, der Niedrigorbit LEO sei der wichtigste für „sensible Kommunikation“, Wissenschaft und Wettersatelliten und völig überlaufen.
Nichtdestotrotz deute sein Kollege Francisco Diego, Astrophysiker vom Londoner Universitätskollege, relativ deutlich an, man sei über den Vorfall not amused. Dieser könne „geopolitische Konsequenzen“ haben.
Merkwürdig nur, dass die chinesische Akademie der Wissenschaften sich wiederum Sorgen um ihre Satelliten auf „sonnen-synchronen“ (SSO) Umlaufbahnen in „700-900 Kilometern Höhe“ machte, wie den „Observations“-Satelliten Ziyuan-1 zum Beispiel.
Hinzu kam, dass die russische Raumfahrtagentur Roscosmos den Verlust eines eigenen Satelliten „nicht bestätigen“ konnte oder wollte. Roscocosmos (Roskokosmos) Sprecher Alexander Vorobyov gestern wörtlich:
„Es gibt keine registrierten Verluste in der Roscocosmos Satelliten-Gruppe“
Auch warum denn nun der Iridium-Satellit seitens der sonst über Aktivitäten im Erdorbit wohl informierten US-Militärs nicht einfach gewarnt wurde blieb unbeantwortet. Wilde Expertenmeinungen machten die Runde.
Felix Huber, vom Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum GSOC in Oberpfaffenhofen, nannte immerhin die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenstosses „extrem gering“. Von den Widersprüchen in den vermeldeten Umlaufbahnen erwähnte der Experte allerdings keinen Ton.
„Der Iridium-Satellit hätte ausweichen können“,
so Huber. Womöglich hätten die Betreiber des insgesamt 66 Satelliten umspannenden Mobilfunknetzes die Daten aus den USA einfach falsch gedeutet. Oder das steuerlos vagabundierende russische Wrack „wurde von den Iridium-Experten schlicht übersehen“. Klang alles nicht sehr einleuchtend.
Laut Angaben des strategischen Kommandos des US-Militärs USSTRATCOM kam die erste Meldung über den Vorfall direkt vom Iridium-Konzern. Dieser hätte bei STRATCOM gemeldet den Kontakt zu einem seiner Satelliten verloren zu haben.
STRATCOM hatte im Zuge eines weitreichenden Umbaus des US-Militärs durch den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld 2002 das bis dahin eigenständige US-Weltraumkommando USSPACECOM geschluckt.
Am 10.Januar 2003 waren STRATCOM, zuständig für Einsatz und Abwehr von Atomwaffen, weitere umfangreiche Kompetenzen zugeteilt worden: weltweite Militärschläge, weltweite Kommunikation und Informationen, Überwachung, Aufklärung sowie „Computer“ (also das Internet).
Der obskure angebliche „Zusammenstoss“ des US-Satelliten mit dem als „Militärsatelliten..unter Kontrolle der russischen Streitkräfte“ gehandelten unvermissten russischen Himmelskörper kommt in einer Zeit neuen Wettrüstens im Weltraum.
Am 19.Januar meldete Indien, ganz im üblichen protzigen Tonfall eines abgetakelten und kaputten Staates mit Atomwaffen, den Start eines ganzen „Krieger-Satelliten-Sytems“. Die Attacken von Mumbai, von denen bekanntlich sämtliche indischen Geheimdienste sowie das Militär Vorabinformationen gehabt hatten, würden dies leider unausweichlich machen, hiess es. Satelliten-Spionage, Überwachung des Subkontinents, weltweites Laden von „Informationen in ein verlinktes Netzwerk von Servern“, und natürlich Personenortung und Datenarchiverung soll das indische Satellitensystem so unabhängig von seinen grossen westlichen und östlichen Brüdern leisten können.
China hielt gut mit und verkündete am gleichen Tag ebenfalls den Aufbau eines globalen Satelliten-„Navigationssystems“ namens „Compass“ bis 2015.
Es soll den Gegenpart zu den auch für militärische Zwecke genutzten Systeme der anderen Grossmächte darstellen. (Die USA besitzen GPS, Russland das GLONASS- und die EU das Galileo-System).
China werde seine 5 bereits im All befindlichen 5 Compass-Satelliten auf 30 Satelliten aufstocken, hiess es.
Dass ein Wettrüsten auch mit vor der Öffentlichkeit verborgenen Technologien seit Jahrzehnten stattfindet, wurde letztes Jahr deutlich.
Damals verkündete die US-Luftfahrtgesellschaft American Airlines, sie werde ab April Boeing 767-Verkehrsmaschinen mit britischen Laserwaffen ausrüsten, welche sich auch ohne Wissen des Piloten zur „Raketenabwehr“ aktivieren würden. Diese „Strahlenkanonen“ seien an Verkehrsflugzeugen aus Israel bereits im Einsatz, hiess es.
Nach einem angeblich erfolgreichen Test dieser Laserwaffe durch Boeing konnte sich ein russischer Verteidigungsexperte am 23.Mai 2008 die Bemerkung nicht verkneifen, dass die damalige Sowjetunion bereits 1972 solche Laserwaffen besessen hätte welche „hocheffektiv“ gewesen seien.
Russland sei in der Lasertechnologie bis heute im Vorsprung gegenüber den Amerikanern.
Bereits im Januar 2007 hatten die zukünftigen ersten gelben Männer auf dem Mond mit einem erfolgreichen Test einer Anti-Satelliten-Waffe vorgelegt. China gelang der Abschuss eines eigenen Satelliten vom Boden aus.
Im Februar 2008 versuchten die USA gleichzuziehen. Nachher wurden Zweifel darüber laut, „wie erfolgreich die Operation wirklich war“.
Mitleid war dem russischen Verteidigungsministerium gestern angesichts des plötzlichen Aus für den US-Satelliten auch nicht unbedingt anzumerken. Auf einer LEO Umlaufbahn (sic!) müsse man eben damit rechnen in „Müll“ hineinzurauschen, das erste Mal in der Geschichte der Weltraumfahrt hin oder her.
„Wir sahen diese Kollision nicht voraus“,
dünkelte denn auch Pentagon-Sprecher Bryan Whitman am Donnerstag. Tatsächlich?
Am 3.Februar hatte Iran stolz den Start eines eigenen Satelliten in eine stationäre Umlaufbahn verkündet. Die „Times“ deutete heute nun an, dass der seltsame Vorfall in der Tat durchaus so etwas wie ein klitzekleiner Spannungsfall hätte werden können. Die britische Zeitung machte auch gleich einen plausibel klingenden Vorschlag:
„Wenn sich die orbitale Karambolage von Dienstag Nacht im Kalten Krieg ereignet hätte, hätte sie vielleicht einen nuklearen Showdown ausgelöst. Stattdessen hat sie neue Rufe nach einem himmlischen Aquivalent zum Verkehrssystem im Luftraum der Welt laut werden lassen.“
Rein zufällig trifft sich nächste Woche der Weltraum-Ausschuss der Vereinten Nationen in Wien.
Und absolut rein zufällig will man dort die Unterschrift des Iran unter ein entsprechendes Abkommen, was die bisherigen Weltraummächte, grossmütig wie immer, schon parat haben.
Es sieht die Zustimmung unter die allgemein übliche „Lizenzierung“, also den Wegzoll für den Start eines Satelliten an die „Internationale Fernmeldeunion“ („International Telecommunication Union“) vor…
(…)
21.07.2008 Unser System: Das Ende der zivilen Europäischen Weltraumfahrt
02.04.2008 Der Private Schnüffelstaat im Weltstaate