Die CDU hat übrigens gestern die grosse Koalition gekündigt

Das Nachrichtengeschäft macht schlecht, korrupt, zynisch und hässlich. Da ich nicht so werden will, versuch ich´s jetzt schon wieder mit Information statt Verblödung.

Die Bundesregierung ist eine Art Wohngemeinschaft in einem gigantischen Palast mit vielen Angestellten, deren gigantischen Miete diejenigen bezahlen, welche von den jeweiligen Bewohnern des Palastes ausgeplündert werden. Und den gemeinsamen Mietvertrag dieser WG, der am 27.September ausläuft, den hat die CDU gestern gekündigt.

Die Kanzlerpartei CDU verweigerte (1) der SPD trotz wiederholtem Gebettel eine Sitzung des Koalitionsausschusses. Es hätte alles keine Eile, sagte Merkel und ihr Regierungssprecher setzte noch einen drauf und sagte, gut, es sei nicht ausgeschlossen dass sich der Koalitionsausschuss nochmal im Mai treffen könne.

Wer den Sitzungskalender unseres Bundesparlamentes kennt, der weiss, was das heisst. Der Bundestag hat bis zur Bundestagswahl am 27.September noch genau 6 Arbeitswochen. Sechs. (2)

Das ist der Schlüssel zum Verständnis der Berliner Seilschaften im Regierungsviertel, ihr zentrales Geheimnis: „Demokratie? Ja, aber nicht jetzt.“

Der Bundestag tagt einfach nie. Und wenn, dann ist er leer. Die Ministerien machen einfach was sie wollen, d.h. deren Staatssekretäre. Die werten MinisterInnen entscheiden sich dann nur noch auf welche (vor der Öffentlichkeit meist verborgenen Einflüsterer) sie nun hören wollen, unterschreiben einmal irgendwo und haben den Rest der Woche dann damit zu tun sich deswegen rauszureden. Anschliessend beklagen sich dann an irgendwelchen Tränken in Berlin-Mitte lautstark darüber wieviel sie zu tun haben, wie sie doch missverstanden würden und wie dreckig es doch ihnen ginge.

Also – die Regierung ist also von der CDU gestern gekündigt worden. Aber es geht ja noch weiter.

CDU-Generalsekretär Pofalla (der mit der Stimme) trat gestern nochmal nach, sagte, es werde keine „verfassungswidrige Lösung“ hinsichtlich der Jobcenter geben und sagte, nun, die CDU/CSU werde hinsichtlich der Sache mit den Managergehältern vielleicht was eigenes finden.

Und so kam´s dann auch. Heute Vormittag zog die CDU ihre neuen Vorschläge zur Vortäuschung irgendwelcher Aktivitäten gegen Korruption und nackte Ausbeutung aus dem schwarzen Koffer (3), während SPD-Zar Müntefering, der nun vor dem Nichts steht, schon wieder um eine Sitzung des Koalitionsausschuss bettelte. (4)
Der schlechte Versuch der SPD heute die Deutschen schon wieder mit irgendwelchen zu „Steuergeschenken“ zu betucken, geht so ins Leere. Allein die Qualität dieses Versprechens, in seiner ganzen Absurdität, war schon ein Witz. „Geringverdiener“ sollen 300 Euro bekommen, wenn sie die Steuererklärung sein lassen (5). Was für eine Gnade. Was für ein Geschenk. Was für eine geile Idee. Die Denkfabriken der sehr real verschwindenden Sozialdemokratie (zuerst praktisch, jetzt verdientermassen parlamentarisch) müssen sich ja wirklich einen abgebrochen haben.

Die SPD ist nicht mehr an der Regierung und wird es die nächsten 4 Jahre auch nicht mehr sein. Nur die Ministerien arbeiten bis zum 27.September so schlecht weiter wie immer.
Jetzt geht es nur noch darum, welcher CDU-Landesfürst nächster Bundeskanzler wird. Ich tippe auf Christian Wulff. Weil der am besten aussieht. Und weil er früher 10 Jahre älter und heute 10 Jahre jünger aussieht. Bei Wulff hat man das Gefühl, der wurde schon so geboren.

Aber wollen wir nicht zynisch werden, gell?

Wulff hat ein Gespür dafür, wann er sich gegenüber der Bevölkerung zurückhalten muss, wenn die wieder mal zu sehr ausgequetscht wird. Dieses Gefühl hat die SPD komplett verloren. Die SPD hat überhaupt jedes Gefühl für alles verloren. Das ist ihr Problem: sie besteht aus Leichen. Und demnächst werden eine Menge Leichen als „Walk of the Dead“ aus dem Willy-Brandt-Haus taumeln und versuchen sich von irgendwas zu ernähren, bzw von irgendwelchen anderen Vollidioten als ihren Wählern und Mitgliedern, denn die werden sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht haben.

Wer´s nicht glaubt: sogar rechnerisch klappt eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen nicht mehr. Und wer will schon Frank Steinmeier als Kanzler?

Aber es geht noch weiter: Franz Müntefering, der im September 2008 zurückgekehrte Selbstmordattentäter gegen die eigene Partei, er wird auch noch versuchen Gesine Schwan als Präsidentin zu verhindern. Die Präsidentenwahl ist für Mai angesetzt, Schwan wurde unter dem alten SPD-Chef Kurt Beck als Kandidatin gekürt, den Müntefering mit Hilfe Steinmeiers wegputschte

Gestern sass Gesine Schwan im „Morgenmagazin“ und bekannte sich zum Grundgesetz als einer „vorzüglichen Verfassung“. Das war ihr Todesurteil als Präsidentschaftskandidatin.

Und wie es der Zufalll will, steht es heute in der „Faz“ (4); und zwar genauso, als hätte das gestern jemand im Fernsehen mitangeschaut, dann mit „Kollegen“ und einflussreichen Persöhnchen gequatscht, dann mit Müntefering, dann mit anderen und hätte dann darüber geschrieben:

„Wir wünschen uns, dass Gesine Schwan die nächste Bundespräsidentin wird. Aber die Bundespräsidentenwahl hat keine Bedeutung für die Frage, wer die Bundestagswahl Ende September gewinnt.“

Genauso wie es für die einzige, letzte, aufrechte Sozialdemokratin im SPD-Establishment Andrea Ypsilanti das politische Todesurteil war als Müntefering wieder an die Macht in der SPD-Zentrale kam, genauso war es für die Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan das politische Todesurteil sich zur Verfassung zu bekennen. Anzunehmen, dass der als trickreichgeltende morgendliche Suggestiv-Fragensteller Werner Sonne in die Intrige gegen Schwan eingeweiht war.

Diese ganze Zerstörung der SPD ist das Werk eines von Bestrafungswahn, Autoritätssucht und grenzenlosem Hass auf Verfassung und Demokratie geplagten alten Mannes, der selbst vor guten Parteifreunden einmal schilderte, wie er seine Karriere im Parteiapparat begann: er traf sich zu Beginn der SPD-Kanzlerschaft Willy Brandts zu einem bundesweiten Treff mit angehenden Karrieristen, holte sich Tipps ein, ging zurück in seinen damaligen Ortsverein, setzte eine Abstimmung nach 22.00 Uhr an, stürzte den Vorstand, setzte sich selbst ein und setzte als erste Massnahme den Beschluss „keine Abstimmungen nach 22.00 Uhr“ durch.

Müntefering wird solange weitermachen, bis diese SPD tot ist. Wenigstens das hat er mit mir gemeinsam.

Man kann also sagen: wir beide sind gestern einen grossen Schritt vorangekommen.

(…)

weitere Artikel:
13.04.09 Münteferings müder Schachzug gegen das Grundgesetz

Quellen:
(1)
http://www.focus.de/politik/deutschland/koalitionsausschuss-merkel-hat-keine-eile_aid_390087.html
(2)
http://www.bundestag.de/parlament/plenargeschehen/sitzungskalender/bt2009.html
(3)
http://www.focus.de/politik/deutschland/koalition-union-plant-schaerfere-regeln-fuer-manager_aid_390294.html
(4) http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~EDD517F50D12A4CF3905EBF881DEDB2CF~ATpl~Ecommon~Scontent.html
(5)
http://www.zeit.de/online/2009/17/spd-steuerbonus-steuererklaerung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert