Die Bürger des Freistaates Bayern befreiten sich wieder von den Fesseln, die ihnen mit dem im vorigen Jahr restriktiven Versammlungsfreiheitgesetz angelegt werden sollten unter dem Vorwand eines wirkungsvolleren Vorgehens gegen „gewaltätige“ Versammlungen, dass aber in seiner Auslegung zu einer allgemeinen Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit genutzt werden könnte.
Demonstrationen werden nicht ohne Grund aus Spass an der Freude durchgeführt (die gibt es auch), sondern sind immer ein demokratischer Ausdruck des Volkes, um auf Missstände im Zusammenleben aufmerksam zu machen, die sich anders nicht mehr lösen lassen.
Das solche Kundgebungen der politischen und wirtschaftlichen Führungsschicht nicht genehm sind, ist verständlich, werden doch so ihre (Fehl)Entscheidungen öffentlich angeprangert und Änderungen unüberhör- und sehbar eingefordert.
So hatte die bayrische Regierung die Hürde zur Zulassung einer Demonstration mit ihrem geänderten Versammlungsgesetz unter Ausnutzung der neuen Kompetenzen der Länder im Zuge der Förderalismusreform von 2006 drastisch erhöht.
Die Androhung von Bussgelder, persönliche Anmeldefrist von 72 Stunden, Benennung eines Verantwortlichen für den Ablauf der Versammlung und Nennung der Anzahl der Ordner sowie deren Namen zeichneten diese Willkür-Gesetz aus.
Dazu galten schon nach Art. 2(1) zwei Personen „zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung“ als Versammlung
Art. 4: Der/Die AnmelderIn muss sowohl im Vorfeld als während einer Versammlung „geeignete Maßnahmen ergreifen“, um einen „gewalttätigen Verlauf der Versammlung“ zu verhindern. Laut Absatz (3) ist der/die AnmelderIn außerdem verpflichtet, falls „aus der Versammlung heraus Gewalttätigkeiten begangen werden […], die Versammlung für beendet zu erklären. Wer die „Versammlung nicht oder nicht rechtzeitig für beendet erklärt“, kann laut diesem Gesetz mit bis zu einem Jahr Gefängnis bzw. Geldstrafe bestraft werden.
Art. 5 (3): Wer sich bei aufgelöster Versammlung nicht „unverzüglich entfernt“, kann mit einer Geldstrafe von bis zu 3000 € bestraft werden.
Art. 7 (1) verboten: „in einer […] Versammlung […] gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen, sofern damit eine einschüchternde Wirkung verbunden ist.“
Art. 7 (2) verboten: „an einer […] Versammlung in einer Art und Weise teilzunehmen, die dazu beiträgt, dass die Versammlung oder ein Teil hiervon […] paramilitärisch geprägt wird oder sonst den Eindruck von Gewaltbereitschaft vermittelt und damit eine einschüchternde Wirkung verbunden ist.“
Wer gegen diese Absätze (1) und (2) dieses Artikels verstößt, kann ebenfalls mit einer Gefängnisstrafe von bist zu einem Jahr oder Geldstrafe belegt werden.
Zur Einschüchterung der Bürger gehörte die Genehmigung von heimlich angefertigten Filmaufnahmen der Polizei und unbefristete Aufbewahrung Art 9 (2) / (3) dazu.
Ein Versammlungsleiter konnte, wie auch Ordner, von der Polizei abgeleht werden Art. 13
Für den Landtag wird ein befriedeter Bezirk gebildet Art. 17
Unter anderem hat die bayrische CSU-Regierung dafür die Quittung bei den letzten Landtagswahlen von den Wählern erhalten und muss sich zur Zeit die „Regierungsgeschäfte“ mit der FDP teilen. Viele Protestaktionen der Bürger setzten diese unter Druck. Versammlungsfreiheit Demo 21.06.08 München: Video
Gestern wurde das Versammlungsgesetz in Bayern zum grössten Teil gekippt und zeigt den Bürgern dieses Landes, dass sie sich keineswegs resigniert von der Politik zurückziehen und damit die Entscheidungen über ihr Schicksal anderen überlassen dürfen. Entscheidungen zu Gesetzen von höchster Stelle betreffen letzendlich jeden Bereich des Lebens wie Abgaben (Steuern), Almosen (Hartz4), medizinische Versorgung (Gesundheitsreform), Abfüttern (Gentechnik) Überwachung (BKA-Gesetz), Unmündigkeit (Internetzensur und Versammlungsgesetz); die Liste liesse sich fortführen. Einmal erlassene Gesetze lassen sich durchaus wieder rückgängig machen, es liegt an uns!
Auf der gestrigen Plenarsitzung des Bayrischen Landtages fand nun in Folge des Widerstandes der Bevölkerung in einer ersten Lesung eine Debatte über den Gesetzentwurf(1156) der Grünen – Versammlungsfreiheitsgesetz – statt
Der unabhängige Informationsdienst aus dem Bayrischen Landtag zur Plenarsitzung des Bayrischen Landtages am Dienstag, den 12. Mai 2009:
Erste Lesung: Alle werden begründet, und es findet eine Aussprache statt. Versammlungsgesetz: Gesetzentwurf (1156) der Grünen – Versammlungsfreiheitsgesetz. An die Stelle des Bayerischen Versammlungsgesetzes inclusive Bannmeilengesetz soll ein komplett neues Versammlungsfreiheitsgesetz treten, welches einen umfassenden Schutz der Versammlungsfreiheit und den Vorgaben des Grundgesetzes entsprechen soll. Aufgrund der Föderalismusreform liegt die Gestaltungsfreiheit bei den Ländern. Der vorliegende Entwurf geht auf Kritik beispielsweise bei der Anmeldepflicht von Versammlungen, fehlende Regelungen zu Spontanversammlungen oder unzureichenden Datenschutz für Teilnehmer ein. Damit einher geht eine zunehmende Privatisierung öffentlicher Räume.
Versammlungsgesetz und PAG/Neuregelungen
In ihrer Koalitionsvereinbarung schrieben CSU und FDP auch beabsichtigte Neuregelungen im Versammlungs- und im Polizeiaufgabengesetz fest. Sie wollen mehr Bürgerfreundlichkeit mit einer Handlungsfähigkeit des Staates verknüpfen. Vorgestellt werden sie vom CSU-AK-Vorsitzendem für Innere Sicherheit, Christian Meißner, der Vorsitzenden des Rechtsausschusses Petra Guttenberger (CSU) und dem rechts- und innenpolitishen Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Andreas Fischer.(1)
Im Anschluss an die Sitzung veröffentlichte das Bayerische Staatsministerium des Innern eine Pressemitteilung zum Entwurf des neu zu beschliessenden Versammlungsfreiheitsgesetzes
Pressemitteilung vom 12.05.2009
Bayerisches Staatsministerium des Innern
Neues Versammlungsrecht
Joachim Herrmann: „Friedliche Versammlungen werden erleichtert – gewalttätige Randale wird bekämpft – Neues Versammlungsrecht konkretisiert Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – Kernziel der Bekämpfung rechtsextremistischer Umtriebe bleibt“
„Der Entwurf zur Änderung des Versammlungsgesetzes, den ich in den letzten Wochen mit den Koalitionsfraktionen ausgehandelt habe, ist ein tragfähiger Ausgleich der unterschiedlichen rechtspolitischen Vorstellungen der Koalition. Klar ist aber: Die Kernanliegen des ursprünglichen Versammlungsgesetzes werden nicht angetastet. Wir haben ein modernes und bürgerfreundliches Versammlungsgesetz, das die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisiert und die Friedlichkeit von Versammlungen auch künftig gewährleistet. Vor allem gibt es auf bedenkliche Entwicklungen bei Versammlungen von Extremisten eine deutliche Antwort. Unser Ziel, vor allem rechtsextremistische Versammlungen, soweit es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, zu unterbinden, ist nach wie vor Kernelement des Bayerischen Versammlungsgesetzes…“ (2)
Die Beschlussfassung zu dem neuen Gesetz war notwendig geworden, nachdem das Urteil des Bundesverfassungsgericht in einer Eilentscheidung am 17. Februar gegen das im Rahmen der Förderalismusreform verschärfte Versammlungsrecht in Bayern bekanntgegeben wurde und damit schon wieder in bürgerrechtsabbauende Gesetze der Politik eingreifen musste!
Die vollständige Pressemitteilung Nr. 17/2009 vom 27. Februar 2009 zum Beschluss vom 17. Februar 2009 – 1 BvR 2492/08 – Eilantrag in Sachen „Bayerisches Versammlungsgesetz“ teilweise erfolgreich gegen das Versammlungs- und Polizeiaufgabengesetzes in Bayern des Bundesverfassungsgerichtes kann hier gelesen werden.(3) Die Endentscheidung des BVerfG steht noch aus.
Artikel zum Thema
Quellen:
(1)http://www.max-online.de/termine/index.php5?day=1242130565
(2)http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?pfach=1&n_firmanr_=114509&sektor=pm&detail=1&r=367506&sid=&aktion=jour_pm&quelle=0
(3)http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-017.html