Poker um Libanon zwischen Iran, USA und Frankreich

Kairo: Heute war ein interessanter Tag. In Kairo stand der Präsident der Atommacht Frankreich, Nicolas Sarkozy, neben Ägyptens Diktator Hosni Mubarak und versprach ihm Hilfe beim Aufbau eines eigenen Atomprogramms. Er überbot sich dabei förmlich, Frankreich als Atomexperten schlechthin anzupreisen. Ebenfalls in Kairo: Ali Larijani, Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat des Iran. Auch er bot, surprise, surprise, Ägypten Hilfe beim Aufbau eines Atomprogramm an. Um Ägyptens zu vergebene Aufträge an die Atomindustrie bewerben sich auch Russland, China und Kasachstan. (1)
Es ging aber noch um anderes beim Kairo-Gipfel von Frankreich, Iran und Ägypten: Libanon und die Isolierung von Syrien, welches nun offenbar vollständig eingekreist ist.

Sarkozy verkündete den Abbruch aller Kontakte zwischen seiner Regierung nach Syrien. „Weder ich noch meine Kollegen in der Regierung werden Kontakt zu Syrien aufnehmen, solange wir keinen Beweis für die Bereitschaft Syriens haben, den Libanon im Konsens einen Präsidenten wählen zu lassen“, so Sarkozy. Hintergrund ist die abermals verschobene Wahl des Generalstabschefs Michel Suleiman (Sulaiman, Sleimane) zum Präsidenten des Libanon. Sie soll nun am 12.Januar stattfinden(2).
„Wir können nicht länger warten. Syrien muss aufhören zu reden und Taten folgen lassen“, so Sarkozy und beschuldigte damit das Nachbarland des Libanon hinter der Verzögerung zu stecken, welches vor Jahren aufgrund des immer noch nicht aufgeklärten Hariri-Attentats sämtliche Geheimdienstler und Soldaten aus dem Libanon zurückziehen musste.

Das Regime von Bashar Assad in Damaskus sieht die Sache denn auch ganz anders. Laut Syriens Informationsminister Mohsen Bilal torpedieren nämlich die zwei umtriebigen US-Emissäre in Beirut, Elliott Abrams und David Welch, die Verhandlungen und zwar um Syrien die ganze Sache unterzujubeln.(3)
Zumindestens erhielt Assad heute ganz ungewöhnliche diplomatische Unterstützung. In Damaskus befinden sich zur Zeit die beiden einflussreichen Vertreter des US-Parlamentes, „Demokrat“ Patrick Kennedy (Repräsentantenhaus) und „Republikaner“ Arlen Specter (Senat). Spector sagte nach einem Treffen mit Assad, dieser sei zu einem Frieden mit Israel bereit. „Wir hatten ein sehr produktives Meeting mit Assad“, so Spector und fügte hinzu, er habe den Eindruck nun sei der Moment auch genau richtig für „produktive Gespräche“ zwischen Israel und Syrien. (4)
Das ist umso interessanter, als noch letzte Woche die US-Exekutive unter Leitung von George Bush jede Gespräche mit dem syrischen Regime abgelehnt hatte. Der Besuch der beiden Legislativ-Staatsmänner der USA aus dem Capitol Hill wird das Weisse Haus not amused haben.

Welche Rolle die Hizb-Allah (Hisbollah) und der Iran bei der ganzen Angelegenheit spielen, wird immer ominöser. Nach der Entmachtung des im Libanonkrieg 2006 erfolgreichen Scheichs Hassan Nasrallah durch das geistige Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hat sich gezeigt, wie fremdgesteuert diese Partei im Libanon wirklich ist. Der Iran setzte Nasrallah kurzerhand als Oberbefehlshaber über die militärischen Einheiten der Hizb-Allah und übertrug sie direkt dem Militärchef Naim Qassem (5). Das bedeutete eine elementare Schwächung der Partei Hizb-Allah und eine Verselbstständigung des militärischen Flügels dieser schiitischen Organisation im Libanon, und eine verstärkte Kontrolle aus Teheran. Nach dem offensichtlichen Deal, den der Iran nun mit den britischen Besatzungsmächten hinsichtlich des Süd-Irak (6) und mit anderen US-nahen Regimen der Region wie Ägypten oder Saudi-Arabien getroffen hat, könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass eine Isolierung Syriens und eine Eskalation der Lage im Libanon von Iran – und damit nun auch von der Hizb-Allah – unterstützt wird.

Auch hat die Hizb-Allah die gesamte Bin-Laden-Scharade Punkt für Punkt übernommen. Die Darstellung auf der Hizb-Allah Nachrichtenagentur „Al Manar“ ist austauschbar mit denen der „westlichen Welt“ (8). Die Aufrechterhaltung dieses Schrecken-Fantoms ermöglicht natürlich jede Menge Möglichkeiten unter diesem Schatten und Pseudonym False-Flag-Attentate zu begehen, wie das auf den möglichen Nachfolger Suleimans als Generalstabschef der Armee Libanons am 12. Dezember. Die Ermordung von General Francois al-Hajj („Hadsch“) durch Sabotagekräfte, die vom Hariri-nahen Innenminister al-Sabaa seit Jahren zumindestens nie aufgehalten wurden, konnte nur im Macht-Vakuum der blockierten Wahl von General Suleiman zum Präsidenten erfolgen. Es gibt zu seiner Wahl keinerlei Alternative – ausser ein Riesen-Massaker. Wer in der libanesischen Opposition jetzt immer noch den Bruchpunkt für eine Machtübernahme im Libanon sucht, der hilft den ganzen Staat zu zerbrechen und nützt denjenigen, die ein zerschlagenes, rauchendes Überbleibsel dann nur zu gern unter ihre Fittiche nehmen wollen. Das völlig eingekreiste Syrien wird das nicht sein.

Nächste Woche findet zur weiteren Entwicklung im Libanon ein Kriegsrat arabischer Aussenminister von mit den USA verbündeter Regime in Kairo statt.(9)
Man darf gespannt sein.

weiterer Artikel:
13.12.07
Libanon: Die Operation Hajj

Quellen:
(1)
http://haaretz.com/hasen/spages/939831.html
(2)
Reuters
(3)
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/692743/index.do
(4)
http://haaretz.com/hasen/spages/939808.html
(5)
http://yalibnan.com/site/archives/2007/12/khamenei_appoin.php
(6)
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/349185/index.do?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do
(7)
http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=2980890/36cgmm/
(8)
http://www.almanar.com.lb/NewsSite/NewsDetails.aspx?id=32193&language=en
(9)
http://news.xinhuanet.com/english/2007-12/29/content_7339157.htm

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