Seltsam, wie doch die Zeit mitunter verfliegt, wunderte sich Sad-Sam Obama, als er aus dem großzügigen Fenster des Weißen Hauses seinen Kindern beim Spielen zusah. Ein klopfen ließ ihn seinen Kopf Richtung überschwänglicher Verbindungstür wenden.
Im Vorbeisehen schob sich das Bild seines Vaters in Sad-Sams Blickfeld. ‘Herein’ rief er und nahm behutsam das goldgerahmte Porträt seiner Eltern in die Hand. Wo wäre er wohl heute, wenn sein Vater nicht diese kaum mit Worten und Gesten zu würdigende Pionierleistung vollbracht hätte..
‘Sir, Mr.President’… Es war Bill Gates, der als Obamas Informationsminister mit der Aufgabe betraut worden war, die Grundrechte für die Generation Internet 5.0 verständlich darzustellen. Nun, leider verwechselte dieses Genie immer wieder unantastbar mit Tastatur, wodurch die Würde des Menschen nun nicht mehr per Enterhaken, sondern per Entertaste geschützt wurde und Gates einen Prototyp entwickelt hatte, den er ‘politische Kommunikation per Tastenklick’ nannte und welcher das alltägliche diplomatische Geschäft ungemein erleichtern sollte. Dabei bedeutete das Drücken der Escape-Taste so viel wie Rücktritt/Neuwahlen, die Funktionstasten für Unerfüllbare Forderungen 1 -12, ALT rief in Verbindung mit anderen Tasten als so genannte Koalitionstaste Sonderfunktionen auf. Weiterhin gab es dann noch die Strong-Taste für schwere Zeiten und vieles mehr, dem sich Obama aber nicht mehr widmen konnte. Schließlich erwartete er noch seinen Integrationsminister Schwarzenegger.
‘OK, Bill, wir sehen uns später’. Gates schloss das Fenster und schlich wieder in seinen Keller, während Sad-Sam versuchte, den verlorenen Faden aufzunehmen. Also, ja, sein Vater war ein wahrer Pionier, weil er es vollbracht hatte, jenes störende Bündnis unmündiger Europäer in die Gemeinschaft der freien amerikanischen Staaten einzugliedern. Wenn Barack Obama seinerseits auch auf vereinzelten Widerstand gestoßen war, hatte er dennoch auf mächtige Unterstützer setzen können, die nun ihrerseits ihre Belohnung erwarteten. Schwarzenegger war einer dieser Integrationsfiguren. Er hatte damals maßgeblich dazu beigetragen, vor allem die Regierungen Österreichs und Deutschlands zu einem Beitritt in die USA zu überreden. Sogar einen letzten Terminator-Auftritt hatte er sich aufschwatzen lassen, um sein Kalifornien und sein Österreich endlich wieder vereint zu sehen. Wenn schon nicht in seinem Herzen, dann wenigstens geografisch.
‘Arnold, komm herein’. Sad-Sam legte das Porträt seiner Eltern vorsichtig zur Seite und bot seinem Freund einen Platz an. Dieser berichtete ihm kurz über das ein oder andere kleinere Problem beim Fortgang der Integrationsverhandlungen mit den EU-Staaten. Einige seien da etwas besorgt, was ihre Grundrechte angeht, wusste Arnold zu berichten. ‘Ach, diese Angsthasen und Klammeraffen!’ Sad-Sam erhob sich und durchmaß das Office mit langen Schritten. ‘Warum behaupten diese Menschen, wir hätten ihnen das Recht auf freie Entfaltung genommen? Nur weil wir ihnen vorgeschlagen haben, alle Moslems auf ihre Loyalität hin zu überprüfen?’ ‘Du meinst die Wassertaufe?’, fragte Arnold, während er versuchte seinen österreichischen Akzent zu unterdrücken. ‘Ja, oder auch diese Hysterie um DNA-Tests, Mail-Überwachung und Meinungsfreiheit. Als ob sie nicht verstehen könnten, dass zu viele Mails auch viel Energie kosten’. Er wollte bereits in Rage geraten, als das Telefon klingelte. Es war Angela Merkel, die Gouverneurin des Bundestaates Deutschland. Sie wollte sich nur erkundigen, wie es denn mit den Verhandlungen um mehr Föderalismus und weniger Zentralismus stehe und warum das Brandenburger Tor unbedingt vor das Weiße Haus gestellt werden müsste. ‘Angela, du weißt doch, dass das Replikat fast wie das Original aussieht. Keiner wird es merken in Berlin’.
Dann versuchte sie ihm noch Beschwerden seitens deutscher Menschenrechtsorganisationen vorzutragen. Sie hatten in letzter Zeit häufig über die neu eingerichtete Tauschbörse menschenrechtsen.de protestiert, wo Bedürftige Ihre Grundrechte als Pfand für Kredite hinterlegen konnten.
Sad-Sam wimmelte sie ab und ließ Arnold verstehen, dass er auch seine Anwesenheit nicht mehr wünsche. Schließlich waren heute Nachmittag noch zahlreiche Sitzungen anberaumt.
Es stand der Prozess gehen alle europäischen Gleichberechtigungs- und Integrationsbeauftragten an. Schließlich hatten sie es gewagt, Obama eine Politik der Ausgrenzung vorzuwerfen. Ihm, dessen Vater der Inbegriff von Integration war. Und das alles nur, weil ein neuer Gesetzesentwurf den Gebrauch des amerikanischen Englisch als verbindlich für alle und jeden und überall verankern wollte. Dass Sad-Sam damit nicht dem kulturellen Pluralismus entgegenwirkte, sondern durch sprachliche Einheit auch eine für alle geltenden kulturelle Identität schuf, verstanden diese Menschen nicht.
Nun, vielleicht wollten sie es auch nicht verstehen und lieber auf ihrem Weichspüler-Sermon von gleichem Recht für alle und überall beharren. Dass es doch nur der Stärkere sei, der überlebe und letztendlich die Theorie der sexuellen Selektion samt Handicap-Theorie auch von glühenden Darwin-Verehrern nicht zu 100% verteidigt werden konnte, bewies seiner Meinung nach doch, wie wichtig Uniformität und wie schädlich ein freier Wille wäre.
Wie oft hatte er den Menschen versucht zu erklären, dass er ein Radikaler sei, weil er auf die Wurzeln zurückgehe und seien es denn nicht gerade Wurzeln, die alles zusammenhalten; ein Fundamentalist, weil er den sicheren Grund für lange Märsche schaffe. Außerdem sei Freiheit ohne Zweifel gewaltig und Gewalt brauche feste Zügel. Zuviel Freiheit könne ängstigen, einengen. Er hatte das erkannt, Zäune errichtet, welche die Weite erahnen ließen und gleichzeitig die Furcht davor nähmen, indem sie unvorsichtige Menschen hinderten…nein, indem sie sie davor bewahrten, dem naiven Wunsch nach einer Welt ohne Beschränkungen nachzugehen. Mauern und Grenzzäune waren demnach etwas, woran man sich lehnen und festhalten konnte. Freiheit war wild wie ein Raubtier, dessen Anblick man nur genießen könne, wenn es oder man selbst eingesperrt sei.
Tja, wer weiß, ob dies alles nicht zu abstrakt war für die Masse seiner doch sehr durchschnittlich begabten Wähler. Er ging zurück zu seinem Schreibtisch und entdeckte eine Notiz. Fast hätte er es vergessen, das Treffen mit dem berühmten Bildhauer. Er sollte eine Büste von ihm anfertigen und dabei darauf achten, dass er ihn gütig zeichne, den breiten Kiefer geschmälert, seine weit auseinander stehenden Augen enger aneinander geführt, seine mächtige Nase entschärft, seine wulstige Stirn geglättet, ohne dabei jedoch eine Karikatur aus ihm zu machen und vor allem ohne ihn insgesamt zu weich erscheinen zu lassen. Die harten Kanten polieren, ohne die Schnittkraft zu nehmen, das sollte des Bildhauers Auftrag sein.
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