Der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe jüdischer Abstammung Erich Fromm, der im Jahr 1900 geboren und 1980 verstorben war, hat mit seiner ehemaligen Beschreibung des Zustandes der Mitglieder der Gesellschaft heute, im Jahr 2010 trotz aller Möglichkeiten der Informationsgewinnung zur Gesundung, tragischerweise weiterhin voll ins Schwarze getroffen.
Die Methoden, die das freiwillige Funktionieren der Gesellschaft, die unaufhörlich in selbstmörderischer Weise mit geschlossenen Augen in den Abgrund läuft, gewährleisten, sind die gleichen wie seit Jahrhunderten.
Gerade mit dem Beginn des 21.Jahrhunderts wird diese Konditionierung noch verschleierter, methodischer durchgeführt und eine mächtige Industrie mit der Bereitstellung von unzähligen Psychopharmaka und anderen uniformierten Anreizen sorgt dafür, dass das auch in Zukunft so bleiben soll.
Ein kurzer Begriff hat sich für diese gleichförmig funktionierende willenlose Masse herausgebildet: man sagt dazu ganz einfach nur „alles Schafe“.
Es ist an der Zeit, dass diese stets gut geschorene Herde mal so richtig aus ihrem Stumpfsinn und ihrer Lethargie aufgescheucht wird, um ihrem Schäfer samt seinem Hütehund in alle Richtungen auf recht „ungehorsame Weise“ davon zulaufen, der sie immer weiter über karger werdendes Land dahintreibt, bis der letzte Grashalm abgerupft ist und sie zur Schlachtbank geführt werden.
Erster Weg zur Besserung ist die Erkenntnis über ihren eigenen Zustand, indem man den Normalen einen Spiegel vorhält, in dem sie sich gar nicht mehr erkennen, so sehr ähneln sie ihrem Nachbarn. Sollten sie wenigsten das noch bemerken, ist die letzte Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Also sprach Erich Fromm, einer der einsamen Rufer in dieser geistig-kreativen trost- und antriebslosen Wüste sinngemäss:
Unter einem Defekt leidet ein Mensch dann, wenn es ihm an einer Eigenschaft mangelt, die als spezifisch menschlich gilt. Geht man beispielsweise davon aus, dass Spontanität ein Ziel ist, das jeder Mensch erreichen sollte, so leidet ein Mensch, der sein Selbst nicht gut veräußern kann und völlig unspontan ist, an einem Defekt, der als Neurose wahrgenommen werden kann.
Wie es der Gesellschaft möglich ist, bestimmte Grundbedürfnisse des Menschen zu fördern oder zu unterdrücken, können auch psychische Defekte durch die Kultur hervorgebracht werden. Da nun die Mehrheit der Mitglieder einer Gesellschaft an gewissen Defekten leidet, werden diese als Normalität wahrgenommen und der Einzelne setzt sie sich sogar zum Ziel, um einem Außenseitertum aus dem Weg zu gehen: „Was [dem Einzelnen] an innerem Reichtum und an echtem Glücksgefühl verlorengegangen sein mag, wird durch die Sicherheit kompensiert, die das Gefühl gibt, zur übrigen Menschheit zu passen – so wie er sie kennt.“
Dieses Zugehörigkeitsgefühl verhindert zu einem entscheidenden Teil die Fortentwicklung des Defekts in eine tatsächlich wahrgenommene Neurose. Ferner liefert die Gesellschaft diverse „Gegenmittel“, um den Ausbruch einer Krankheit zu vermeiden. Fromm spricht in diesem Zusammenhang von „kulturellen Opiaten“, wie Fernsehen, Radio oder Sportveranstaltungen. Würde man den Menschen diese Opiate schlagartig für einen längeren Zeitraum verweigern, wäre der Ausbruch der psychischen Krankheit rasch in Form von Nervenzusammenbrüchen und akuten Angstzuständen beobachtbar.
Erich Fromm 1977: