„Terror, Terroristen, Terrorismus“: Das Verbot des Deutsch-Arabischen Kulturvereins „Taiba“ und die Schließung der von ihm getragenen Moschee in Hamburg, knapp neun Jahre nach den immer noch ungeklärten Attentaten des 11.Septembers 2001 in den USA, sind ein durchsichtiges Manöver von Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), um auf dem Rücken einer Minderheit und einer eingeschüchterten Mehrheit irgendwie an Popularität und das Amt des Bürgermeisters zu gelangen.
Helfershelfer: die Kader der Hamburger Grünen, der „Grün-Alternativen Liste“ GAL.
Man muss es sich mal vorstellen: in Hamburg wird durch ein einfaches vereinsrechtliches Verbotsverfahren ein Verein und eine Kirche geschlossen. Keine Festnahmen. Keine eingeleiteten Strafverfahren. Keine Beweise für nichts. Gar nichts. Ausser Gequatsche vom Verfassungsschutz, einer „Anti-Terror-Koordinierungsstelle“ und vom Innensenator Christoph Ahlhaus.
Die bürgerlich-bellizistische Presse sprang natürlich heute wieder an wie ein alter Käfer, dem man wieder was zum Summen gibt: endlich wieder „Terror, Terroristen, Terrorismus, jaa, schauen Sie hierhin, hier gibt´s was zu sehen…“
Nur – was eigentlich?
Der öffentlicher Ankläger Christoph Ahlhaus, Innensenator, CDU, bei seinem Vortrag vor dem Gerichtshof der Öffentlichen Meinung (1):
„Jüngste Ereignisse haben erneut gezeigt, dass sich die vom Verein abgehaltenen Schulungen, Predigten und Seminare ebenso wie die auf der Homepage des Vereins veröffentlichen Texte nicht nur gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, sondern dass sie auch Zuhörer und Leser radikalisieren. Besonders deutlich wurde dies im Zusammenhang mit einer Personengruppe, die zur Unterstützung des bewaffneten Kampfes im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet im Frühjahr 2009 aus Deutschland ausreiste, nachdem sie zuvor regelmäßig Veranstaltungen des Vereins besucht hatte. Eine dieser Personen trat später in einer deutschsprachigen Videobotschaft auf, in der zum „Heiligen Krieg“ aufgerufen wurde.“
Ich gehe jetzt mal als „Gefährder“ in eine Disco, eine Parteiveranstaltung der Linken oder eine katholische Kirche und verhalte mich unauffälllig. Oder ich verlinke auf einen Artikel von Radio Utopie. Anschließend komme ich irgendwie in die Besatzungszone des deutschen Militärs in Afghanistan, obwohl ich ja als „Gefährder“ von der Inlandspionage und den Polizeibehörden überwacht werde (wenn es da noch einen Unterschied gibt), drehe irgendwelche Videos, die von jeder bürgerlich-bellizistischen Presse auf der Titelseite gebracht und von allen TV-Sendern in den Nachrichten beworben werden, wo ich dann genau den Schwachsinn erzähle den Behörden, Polizei, Spione und Militärs hören wollen um ihre aufgeblasenen Etats ins Amtsportemonnaie und ihre aufgeblasenen Funktionäre endlich wieder mit richtigen Erfolgsmeldungen vor die Kameras zu bekommen. Und diese Erfolgsmeldung sieht dann so aus: wir mussten leider diese Disco, diese Linken, diese katholische Kirche und Radio Utopie dicht machen, um die Allgemeinheit, die Demokratie und die Verfassung vor solchen Leuten zu beschützen.
Also verdammt, wieso passiert das nicht viel öfter? Das ist doch eine blendende Tour. Natürlich nur solange es noch Leute gibt, die auf so eine Panikmache aus dem Nichts hereinfallen.
Heute standen auch in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wieder die gleichen Sprüche, die gleichen Phrasen und die gleichen Behauptungen der Spionagedienste, die man seit dem 12.September 2001 kennt. Alle, alle hatten sie von nichts gewusst, aber dafür wussten sie nun genau Bescheid (2):
„Laut Verfassungsschutzbericht gilt das Gotteshaus als ein Anziehungspunkt für gewalttätige Islamisten in Hamburg. In der Stadt lebten rund 45 Unterstützer des Dschihad, des gewalttätigen Heiligen Krieges, den die Terrorgruppe Al Qaida gegen den Westen führe. Die Stadt hatte mehrfach gewaltbereite Islamisten ausgewiesen. Im März 2009 hatte sich laut Bericht in der Taiba-Moschee eine Gruppe von elf Islamisten gefunden, die in Terrorcamps nach Afghanistan und Pakistan reisen wollten. Mindestens einer schaffte es dorthin und schloss sich einer Terrorgruppe an, wie es hieß.“
Es gibt ja weltweit so einige, denen vor einem ganz normalen Gerichtsverfahren zur Aufklärung der Attentate vom 11.September der Stift gehen muss. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Hamburg liegt dabei mit innerer Sicherheit in den Top Ten. (Verfassungsschutz wusste vor 11.September von Attentätern), (U-Ausschuss,Stadler: deutsche Behörden handelten „fahrlässig“ vor 11.September).
Vor den Mikros saßen heute die öffentlichen Ankläger Dr. Manfred Murck (Vizepräsident des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz), Lothar Bergmann („Zentrale Anti-Terror-Koordinierung“, was auch immer das heissen soll) und Innensenator Christoph Ahlhaus. Diese drei Personen fliegen jetzt mal in hohem Bogen raus. Und nicht nur die.
Spätestens seitdem Ole von Beust als Bürgermeister zurückgetreten ist, steht der schwarz-grüne Hamburger Senat auf dem Abstellgleis. Jeder weiss das. Allein die Tatsache, dass Beust seiner eigenen Partei und dieser Koalition noch bis zum 25.August eine Gnadenfrist eingeräumt hat und solange geschäftsführend im Amt bleibt, zögert diese simple Erkenntnis derzeit noch hinaus. Christoph Ahlhaus ist in jeder Hinsicht unfähig Bürgermeister zu werden. Sein heutiger Auftritt zusammen mit dem Inlandsgeheimdienst und irgendwelchen Antiterroristen wird der CDU maximalen Schaden bei der städtischen Intelligenz der Hafenstadt bescheren. Der GAL auch – wenn sie sich an Ahlhaus und die CDU kettet.
Am 22.August, drei Tage vor Beusts endgültigem Rücktritt, ruft die GAL zu einer Mitgliederversammlung, um über die Fortsetzung der CDU-GAL-Koalition zu entscheiden. Derzeit redet sich die GAL-Landesführung um die umtriebige Zweite Bürgermeisterin, ehemalige Spitzenkandidatin, ex-Fraktionsführerin und Bildungssenatorin Christa Goetsch noch mit dem interessanten Argument heraus, die SPD sei ja genauso scharf darauf sich der CDU anzuschliessen wie die GAL. Was solle man da die schwarz-grüne Koalition(sposten) aufgeben und Neuwahlen beschließen?
Wer den Bilderberger und SPD-Landesvorsitzenden Olaf Scholz, sowie die Wahlvorgänge in der Hamburger Landespartei der Sozens nur ein bisschen kennt (3), der weiss, dass dieses Argument stichhaltig ist. Nur – eben weil die SPD ein Betrügerhaufen und eine elende Parteimonarchie ist, sagt eben der Monarch wo´s lang geht. Und das ist in der SPD der Neue Dicke, Sigmar Gabriel. Und der zielt auf rot-grün, im Bund und in den Ländern.
Natürlich kann auch das sich wieder jede Minute ändern. Sozialdemokraten haben in den letzten 12 Jahren nicht ein einziges Mal Recht behalten oder Wort gehalten, bei nichts. Die einzige Ausnahme war das Nein zum Irak-Krieg.
Dennoch klang das heutige Dementi vom ehemaligen Hofprediger Gerhard Schröders, dem „Scholzomat“ Olaf Scholz, glaubwürdig: Scholz hat offenbar tatsächlich nicht die Order der CDU mal wieder durch eine große Koalition unter die Arme zu greifen. Das Argument der GAL-Landesvorsitzenden Katharina Fegebank dagegen, dass man im Falle einer Absage an die CDU und Neuwahlen mit einer Wahlniederlage zu rechnen habe, dürfte als Aussage eines verspäteten Hitzeopfers zu werten sein. (4)
Die GAL brachte es bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 fertig über zweieinhalb Prozent Wählerstimmen zu verlieren, weil ihre Parteikader vorher bewusst auf eine Koalition mit der CDU steuerten. Dafür nahmen sie bewusst eine Wahlniederlage in Kauf. (Mit Beust in Hamburg: ist die GAL verrückt geworden?, 7.Januar 2008)
Wie der damalige GAL-Bezirksabgeordnete Vasco Schultz Radio Utopie in einem Interview schilderte, sei bei der Wahl im Februar 2008 ein Drittel der Wählerstimmen im Vergleich zur letzten Wahl verloren worden, im Vergleich zu den höchsten Umfragen vor der CDU-Debatte wahrscheinlich sogar die Hälfte. Dies sei sogar “geplant” gewesen, um wie zu Zeiten des Kosovo-Krieges (und der Abspaltung der Regenbogen-Fraktion 1999) traditionell progressiv ausgerichtete Mitglieder loszuwerden. Innerhalb eines Tages nach der Wahl hätte die GAL-Parteiführung von Hü auf Hott umgesattelt. Die Äusserung des damaligen stellvertretenden Landesvorsitzenden Jens Kerstan vor der Wahl, das Gerede über schwarz-grün sei “doofes Gequatsche”, bewertete Schultz als “taktisches Gespiele vor der Wahl” um Basis und Wahlkämpfer “in Sicherheit zu wiegen” und “so ein bisschen auszunutzen”.
Das schlechte Ergebnis bei der Landtagswahl sei bei der nachfolgenden Landesmitgliederversammlung nach dem Motto” jetzt lasst uns mal schön mit der CDU reden, wir müssen ja was für Hamburg tun, etc” weggeredet worden. Der damalige GAL-Bezirksabgeordnete warf dem Landesvorstand der GAL vor, mittels einer “gelenkten Basisdemokratie”, “Parteitagsregie” und 8 gesetzten Redebeiträgen pro schwarz-grün in einem völlig überfüllten und schlecht belüfteteten Raum der Hamburger Handwerkskammer das Abstimmungsergebnis der Mitgliederversammlung massiv in diese Richtung beeinflusst zu haben. Von am Ende noch ca. 300 Anwesenden hätten schliesslich ungefähr 200 für Koalitionsvereinbarungen mit der CDU Hamburg gestimmt. Eine schriftliche Urabstimmmung aller Mitglieder wurde vom Landesvorstand verhindert. (Links raus, 31.März 2008)
Am 30.April 2008 wurde Vasco Schultz schließlich Mitglied der Hamburger Linken. (5)
Die GAL-Jugend hat sich bereits gegen eine Fortsetzung der CDU-geführten Koalition ausgesprochen (4). Jeder in der GAL, der nicht zuerst an die CDU denkt, muss dem aus rein pragmatischen Gründen zustimmen und alles in die Wege leiten, damit es durch einen Parlamentsbeschluss mit absoluter Mehrheit verfassungsgemäß zu Neuwahlen kommt: denn dank dem CDU-nahen Kurs der GAL-Kader war die Grünen-Landespartei 2008 auf 9.8 Prozent gefallen. Dort steht sie laut Umfragen immer noch, während die Bundespartei auf 15-18 Prozent geklettert ist.
Der Sonderweg der GAL in die Sackgasse einer zerbröselnden CDU kann natürlich fortgesetzt werden. Nur dann stellt sich irgendwann die Frage, ob nicht eine wirkliche grüne, alternative Liste der GAL in Hamburg irgendwann den Schneid abkauft. Vielleicht gerade mit den Stimmen all der Einwanderer und ihrer Kinder, auf denen für billige Machtspielchen und politische Intrigen eines schwarz-grünen Senats wieder einmal herum getrampelt wird.
(…)
Artikel zum Thema:
25.04.2008 Grüne Linke zu Hamburg: „Kein Durchbruch, kein Konzept, kein Modell“
04.02.2008 Hamburg oder Die Wolfgang Clements der Grünen
Quellen:
(1) http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/2428236/2010-08-09-bfi-pm-taiba-moschee.html
(2) http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~EC83F620B27914D5FA4C4EF4777D3C863~ATpl~Ecommon~Scontent.html
(3) http://www.focus.de/politik/deutschland/wahlskandal_aid_125423.html
(4) http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1593106/Ahlhaus-oder-Scholz-SPD-stellt-Gruene-vor-die-Wahl.html
(5) http://hamburglinks.wordpress.com/2008/04/30/vasco-schultz-und-frank-hiemer-werden-mitglieder-der-linken/