Ypsilanti: "Regierung links der bürgerlichen Parteien"

Hessen: Selbst Intellektuellen, Bürgerrechtlern und Sozialaktivisten, die der SPD aus guten Gründen den politischen Krieg erklärt haben, muss diese Frau Respekt abringen. Sich gegen den eigenen Bundesverband, Kollaborateure im eigenen Landesverband und die gesammelte Hetzmannschaft der Konzernmedien erfolgreich durchzusetzen, was das wirklich heisst, dies werden die wenigsten nachvollziehen können.
Andrea Ypsilanti hat in ihrer Parteitagsrede aber vor allem eins geschafft: Millionen von jahrzehntelang betrogenen Wählern eine Umsetzung ihres Auftrages in Aussicht gestellt.

REPUBLIK DER NATION

Vor der Dokumentation der Rede Andrea Ypsilantis noch ein paar Bemerkungen als Zeitzeuge des 21.Jahrhunderts:
auch eine Landespartei sollte im Stande sein das eigene Abstimmungsergebnis auf die eigene Webseite zu stellen.

Ebenso wie die Rede der eigenen Landesvorsitzenden und Kandidatin für das Ministerpräsidentenamt.
Auch wäre es schön, bei seitenlangen Essays – veröffentlicht in bürgerlichen Zeitungen – wenigstens einmal das Wort „Republik“ zu lesen. Auf die „Nation“ können wir pfeifen. Das heisst nix und alles.
Die deutsche Nation bleibt immer die deutsche Nation, genauso wie das Vaterland, auch wenn KZs auf ihr stehen und Diktatoren regieren.
Eine Republik dagegen ist die Definition des demokratisch geregelten Geltungsbereiches einer Verfassung, mit schriftlich, SCHRIFTLICH garantierten Grundrechten der Bevölkerung.
Dies sollte nun spätestens seit der gescheiterten Revolution von 1848 und der Frankfurter Nationalversammlung (wo man die geniale Idee hatte dem preussischen König die Kaiserwürde anzutragen dessen damaliger Kartätschenprinz sich diese dann knapp 20 Jahre später selbst zusammeneroberte) klipp und klar sein.

DIE REDE

Hier nun die Rede von Andrea Ypsilanti, unvollständig dokumentiert auf „ad-hoc-news.de“:

Vor ein paar Wochen hat eine große Tageszeitung getitelt: Linkes Projekt gescheitert, Ypsilanti gibt auf.
Da mag ja der Wunsch den Texter geleitet haben. Aber weder das eine, noch das andere stimmt..

Wir haben viele Ratschläge in den letzten Wochen bekommen. Manchmal hatte ich das Gefühl, das hatte etwas mit mehr mit Schlägen zu tun und weniger mit Rat. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das Gesamtbild der Partei besser aussehen würde, wenn sich einige zurückgehalten oder besser geschwiegen hätten..
Es gibt eine gesellschaftliche Mehrheit in diesem Land für einen Politikwechsel..Wir sind in allererster Linie für diese Inhalte gewählt worden und nicht für Koalitionsaussagen..

Wir haben immer gesagt: Wir wollen mehr als einen Regierungswechsel, wir wollen einen Politikwechsel. Und mit Roland Koch und dieser CDU ist dieser Politikwechsel nicht zu machen..
Wir waren ganz nah dran an Rot-Grün. Und vielleicht wäre es auch einfacher geworden, wenn nicht ausgerechnet ein stellvertretener Bundesvorsitzender in der letzten Minute, ein Vertreter von RWE zu unserer Nicht-Wahl aufgerufen hätte. Man muss manchmal auch an solche Tiefpunkte unsolidarischen Verhaltens erinnern..
Es wäre bestimmt einfach gewesen, irgendwie an der politischen Macht beteiligt zu werden, so als Juniorpartner in einer großen Koalition wäre das einfach gewesen. Aber das hätte überhaupt nichts mit unserem Wählerauftrag zu tun gehabt..

Einer solchen Konstellation können wir nicht die Hand reichen..

Es muss bei der Botschaft bleiben: Koch muss weg und mit ihm übrigens seine ganze erzkonservative Regierungsmannschaft..

In Westdeutschland gehören leider viele Sozialdemokraten und darunter auch ehemalige Vorstandsmitglieder der Sozialdemokraten, viele sozialdemokratische Gewerkschaft der Linkspartei an. Wir müssen auch eingestehen, dass viele ehemalige SPD-Wähler diese Linkspartei gewählt haben. Und deswegen finde ich es unter jedem Niveau, diese Wähler als Kommunisten zu beschimpfen. Wir müssen sie zurückholen..

Aber das hängt davon ab, wie sich die SPD inhaltlich aufstellt und wie wir in die Diskussion mit der Linkspartei gehen. Und es gehört zum Anspruch einer demokratischen Kultur, dass wir da ordentlich und differenziert die Diskussion führen. Alles andere stärkt diese Partei und das können wir doch auch nicht wollen..

Wir müssen uns nicht vorwerfen lassen, dass wir es mit der FDP nicht wirklich probiert hätten. Ich gestehe ein, dass ich versäumt habe, Herrn Hahn nach dem Wahltag im Flugzeug über 20 Sitzreihen hinweg zu begrüßen: Hallo Herr Hahn, Glück auf. Aber seien wir mal ehrlich: Daran ist die Ampel nicht gescheitert..

Wer wie die heutige FDP der Schwarzgeld-CDU so lange die Stange gehalten hat, um an der Macht zu bleiben, den brauchen wir nicht als Tugendwächter..

Die SPD in Hessen wird sich nicht vorschreiben lassen, wann und wie sie mit wem regiert..

Mein Leitfaden ist nicht Machtgier. Die Leute wollen endlich wieder erleben, dass sie die für ihre Wahlentscheidung zu Grunde liegenden Inhalte auch nach der Wahl in der Regierungspolitik wiederfinden..

Eine rot-grüne Minderheitsregierung hätte, davon bin ich fest überzeugt, bei allen Schwierigkeiten dieses Land vorangebracht..

Wir werden das, was wir den Wählern versprochen haben, als Gesetze, als Anträge in den Landtag einbringen..

Und da darf mitstimmen, wer will. Da darf die Linkspartei genauso mitstimmen wie Herr Hahn und auch die CDU..

Und ich mache auch kein Geheimnis daraus, dass ich mir zu gegebener Zeit – das steht im Moment nicht zur Debatte, aber zu gegebener Zeit – weiterhin eine Minderheitsregierung mit den Grünen oder auch eine Ampel vorstellen kann, wenn die FDP inhaltlich zur Besinnung kommt und die Blutsbrüderschaft mit Herrn Koch beendet..

Auch wenn wir sie nicht wollen, wir brauchen keine Angst zu haben vor Neuwahlen..

Wir können erhobenen Hauptes vor die Wähler treten, wenn das erforderlich sein sollte. Ich bin übrigens überzeugt, dass die meisten Wähler akzeptieren, dass wir mit der Linken sprechen und sie nicht wie Schmuddelkinder behandeln..

Die Bürger sind schon viel weiter, als wir denken. Und vor dieser Frage werden auch Nordrhein-Westfalen und das Saarland stehen: Versuchen wir eine Regierung links der bürgerlichen Parteien oder gehen wir immer als Juniorpartner in eine große Koalition? Diese Frage werden sich alle Landesverbände irgendwann stellen müssen in einem Fünf-Parteien-System. Ich kann nur empfehlen: Wenn eine SPD..nicht nur auf dem Papier wieder eine Volkspartei sein will.., dann kann man an unserem Wahlergebnis ablesen, wie man das macht.

(…)

Ein Artikel vom
05.03.08
Gedanken zur Wahl von Andrea Ypsilanti

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