Wenn einer, der mit Mühe kaum
Gekrochen ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.
Wilhelm Busch, 1894
Wie der österreichische Aussenminister Michael Spindelegger nach Angaben des Standard am 5.September auf einer Pressekonferenz während der Jahresklausurtagung des Sicherheitsrats in Alpbach, bei der es eigentlich um den verbesserten Schutz von Zivilisten in Konflikten und die UN-Frauen-Resolution 1325 aus dem Jahr 2000 ging und die gesamte UNO-Führungsspitze teilnahm einschliesslich dem Generalsekretär Ban Ki-moon, erklärte, würde sich Österreich für ein verbessertes Rederecht der Europäischen Union bei der Organisation der Vereinten Nationen stark machen.
Am 13.September soll ein von der Europäischen Union eingereichter Resolutionsentwurf von einem Gremium der UNO-Mitgliedstaaten diskutiert werden.
In der zu verabschiedenden Resolution fordert oder wünscht – je nachdem, wie man das sieht – die Europäische Union bevorzugt behandelt zu werden als eine besondere starke globale Macht, als die sie sich seit dem Inkrafttreten des durchgepeitschten Lissabon-Vertrages sein zu glauben wähnt.
Es gehe weiss Gott auf keinen Fall an, dass man nicht gleich zu Beginn von regulären Debatten im Namen der Europäischen Union sprechen dürfe und sich hinter allen UNO-Mitgliedstaaten und auch dem Malteser-Ritter-Orden einreihen müsste, zitierte die Zeitung sinngemäss ihren Aussenminister.
„Wenn einer für 27 Staaten spricht, tut man sich viel leichter.“
sagte Spindelegger.
Für eine derartige Resolution gibt es ausser Grössenwahn keinen ersichtlichen Grund, denn vor dem Lissabon-Vertrag hatte jeweils der rotierende EU-Ratsvorsitz für die Union gesprochen und damit auch in der Generalversammlung meist als einer der ersten zehn Redner, erklärte der Standard und nannte ein ungeheuerliches Vorkommnis der Missachtung der EU als ein nicht hinnehmbares Beispiel eines Affronts gegenüber den erlauchten EU-Fürstlichkeiten:
Mitte August hatte die aus britischem Adelsgeschlecht stammende EU-Aussenministerin Catherine Ashton eine Reise nach New York abgesagt, weil sie in der Debatte zur Flut in Pakistan erst sehr spät hätte sprechen dürfen, hiess es nach Angaben der Zeitung.
Falls dieser extra konstruierte Grund für eine Resolution mit Vortäuschen des reichlich kindischen Trotzes stimmen sollte, gehören diese Person und ihresgleichen sofort ins Privatleben zurückgeschickt, wo sie ihre Herrschaftsallüren auf ihren Schlössern ausleben können, da ihnen ihre eingebildete verletzte „Unions-Ehre“ wichtiger zu sein scheint als echte Flutopfer und nur dem einzigen Zweck dient, dass die EU eine Führungsrolle in der Welt spielen will.
Das könnte die Europa-Union auch ohne das erste Wort vor der Völkergemeinschaft ergreifen zu müssen: gute Vorschläge und edle Taten, die für sich selber sprechen. Dazu muss man nicht Platzhirsch sein. Ein gerechter Mann kann flüstern und wird dennoch von allen gehört.
Die UNO besteht aus souveränen Staaten – einhunderzweiundneunzig an der Zahl.
Diese Staaten haben sich je nach Interessenslage recht unterschiedlich zu Bündnissen und Unionen zusammengeschlossen, die auch zu Überschneidungen führen. Da gibt es ausser der Europa-Union EU die Mittelmeerunion oder die Association of Southeast Asian Nations ASEAN. In Afrika gibt es logischerweisse die Afrikanische Union genau wie Amerika seine Organization of American States OAS hat.
Der russisch-asiatische Kontinent hat seine ?????????? ??????????? ?????????????? ???, zu deutsch Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit SOZ.
Die North Atlantic Treaty Organization NATO verkörpert einen der Militärbündniskomplexe.
Unzählige weitere Unionen gibt es über Handels-, Gewerkschafts- bis hinunter zu den Sportvereinigungen wie dem 1. FC Union Berlin, dessen Fans unionsgerecht Dortmunder Union-Brauerei-Bier trinken könnten.
Wenn all diese Tausende von Unionen eine bevorzugte Rangordnung für ihr Rederecht bei den Vereinten Nationen vor den eigentlichen Mitgliedstaaten resolutionieren wollten, dann adé dort erhoffter Konsens. Das wäre ja schlimmer als der Turmbau zu Babel. Es wäre wie Faustrecht und Rückfall in die Steinzeit: Der Stärkere setzt sich durch – wo kämen wir da hin.
Die Zentrale in Brüssel zeigt zu offensichtlich ihr wahres Gesicht und täte besser daran, sich in Bescheidenheit und in Demokratie (nicht Demut) zu üben. Es ist einfach nur peinlich und grotesk, was hier auf der Weltbühne UNO an Unwürdigem entlarvend vor aller Augen aufgeführt wird.
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Quelle: http://derstandard.at/1282978963224/EU-pocht-auf-Rederecht-in-UN-Versammlung