Bundesverfassungsgericht: Recht auf informationelle Selbstbestimmung höher als willkürliche Anordnung der Gerichte zur Speicherung des “genetischen Fingerabdrucks” bei Straftaten

Zwei Bürger gingen gegen die Anordnung der Amts- und Landgerichte zur Erfassung und Speicherung ihres genetischen Fingerabdruckes mit einer Beschwerde vor das Bundesverfassungsgericht, welches dieser stattgegeben hat.

Das Recht über die Entscheidung, über die eigenen Gene zu bestimmen, wiegt in ihrem Falle höher als die vorgeworfene Straftat dieses zulassen würde.

Zudem ist die Prognose, dass sie auch weiterhin auf Grund ihres Vorlebens Straftaten begehen würden, nicht zulässig und darf nicht verwertet werden.

Bundesverfassungsgericht

Pressemitteilung Nr. 62/2009 vom 17. Juni 2009

Beschluss vom 22. Mai 2009 – 2 BvR 287/09, 2 BvR 400/09

Verfassungsbeschwerde gegen Anordnung der Speicherung des “genetischen Fingerabdrucks” erfolgreich

Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat in zwei Fällen die Anwendung der Bestimmung des § 81g Abs. 1 StPO für verfassungswidrig erklärt. Diese Entscheidung erfolgte im Anschluss an die grundsätzliche Billigung der Vorschriften über den “genetischen Fingerabdruck” bei verurteilten Straftätern Beschluss vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1741/99 -, BVerfGE 103, 21; dazu Pressemitteilung Nr. 8/2001 vom 18. Januar 2001 .

Die zwei Beschwerdeführer waren jeweils zu Freiheitsstrafen auf
Bewährung verurteilt worden. Die Amtsgerichte hatten die Entnahme von Speichel- oder Blutproben und die Speicherung des “genetischen Fingerabdrucks” auf der Grundlage von § 81g Abs. 1 StPO angeordnet. Die Rechtsmittel der Beschwerdeführer blieben erfolglos. Gegen die Entscheidungen der Amts- und Landgerichte hatten die Beschwerdeführer jeweils Verfassungsbeschwerde erhoben.

Die Beschlüsse der Amts- und Landgerichte verletzen die Beschwerdeführer n ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung Art. 2 Abs. 1 GG .
Die Begründungen der Beschlüsse lassen jeweils nicht erkennen, dass die erforderliche umfangreiche und gründliche Prüfung des Einzelfalls durchgeführt worden ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Speicherung des “genetischen Fingerabdrucks” nur bei angemessener Berücksichtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung angeordnet werden darf. Dazu ist das
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen jeweils einzelfallbezogen darzulegen. In die vorzunehmende Würdigung ist insbesondere eine Strafaussetzung zur Bewährung einzubeziehen, die nicht automatisch die negative Prognose ausschließt. Will das Gericht von der im Rahmen der Bewährungsentscheidung getroffenen positiven Prognose abweichen, muss dies jedoch im Einzelnen begründet werden.

Im Fall 2 BvR 400/09 hat die Kammer zudem beanstandet, dass die
Prognose, der Beschwerdeführer werde auch künftig Straftaten begehen, mit früheren Verurteilungen begründet worden war, die nach den einschlägigen Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht mehr verwertet werden durften.

Quelle: http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-062.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert