Warum deutsche Polizei in Afghanistan?

Deutsche Innenminister, die über Auslandsfragen entscheiden

Kaum erklärte vor zwei Tagen der Innenminister des Bundeslandes Brandenburg Rainer Speer, dass er keine weiteren Polizisten im Rahmen der europäischen Mission EUPOL in einen Krieg nach Afghanistan schicken will (Brandenburgische Speer-Spitze: keine Polizei für Afghanistan-Krieg), überschlagen sich heute förmlich die beflissenen Meldungen – besonders eifrig von der Bild in Szene gesetzt – aus anderen Bundesländern, die das ganz anders sehen

Allerdings setzen diese Befürworter aufs falsche Pferd und haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Das Blatt wendet sich, denn die Bevölkerung lehnt fast geschlossen Einsätze in Afghanistan ab. Gerade Innenminster sollten das doch ganz genau am Besten wissen. Scheinbar hängen sie der immer noch weit verbreiteten irrigen Annahme an, dass künftige politische Karrieren nur durch unterwürfigen Gehorsam unter gewisse Kreise des US-EU-militärisch-industriellen Komplexes möglich sind und hecheln deren internationalen Vorgaben hinterher.

Innensenator von Berlin, Ehrhart Körting (SPD) sagte: „Berlin und die Innenministerkonferenz sind der Ansicht, dass dieser Einsatz zur Ausbildung von Polizisten in Afghanistan sinnvoll ist. Deshalb bleiben wir dabei.“ (1)

Thüringen bleibt auch bei der Stange. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, es gebe aktuell keine Überlegungen, die Beamten aus Sicherheitsgründen nach Hause zu holen. Generell habe sich die Grundlage für den Einsatz am Hindukusch nicht geändert. (2)

Lothar Hofner vom Innenministerium Sachsen meinte: „Wir stellen weiter Hilfe zur Verfügung, daran ändert sich derzeit nichts.“ (3)

Rheinland-Pfalz wird trotz der schwierigen Sicherheitslage auch weiterhin Polizisten als Ausbilder nach Afghanistan schicken. Das teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. Anders als andere Bundesländer werde das Land seinen Beitrag nicht einschränken, hiess es heute beim Südwestrundfunk. (4)

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) meinte: „Wir dürfen die Menschen in Afghanistan nicht einem selbstzerstörerischen Bürgerkrieg, den Taliban, Warlords, das heißt dem Chaos überlassen.“ (5)

Innenminister Uwe Schünemann (CDU) des Bundeslandes Niedersachsen will die Polizeimission in Afghanistan noch erweitern und wetterte gegen seinen Kollegen aus Brandenburg: „Niedersachsen verurteilt dieses Vorgehen scharf, weil es die Mission am Hindukusch schwächt und die Arbeit der verbleibenden Polizeibeamten erschwert.“ Man werde dieses Vorgehen auf der nächsten Innenministerkonferenz im November zum Thema machen und diskutieren. Niedersachsen hoffe, Brandenburg noch umstimmen zu können. (6)

Innenminister Boris Rhein (CDU) aus Hessen meinte, es sei ihm persönlich wichtig, dass Hessen in der internationalen Gemeinschaft solidarisch bleibe und die Beamten weiterhin dort für die Polizeiausbildung bleiben. (7)

Schleswig- Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) sagte, dass es sei unverständlich sei, dass sich Brandenburg aus der Solidarität der Länder verabschiede. (8)

Hamburg will trotz angespannter Sicherheitslage weiter Polizisten an den Hindukusch entsenden. „Hamburg steht zu seiner Verpflichtung.“ sagte Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde. (9)

Baden-Württemberg will weiterhin die Ausbildung von Polizisten in Afghanistan mit Beamten unterstützen. „Wir haben immer den Aufbau einer Polizei in Afghanistan für wichtig gehalten“, sagte die Sprecherin des Innenministeriums am Montag in Stuttgart. (10)

Soweit die aktuelle Presseschau, einige Stimmen fehlen noch wie die aus Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland.

Wenn man sich vor Augen führt, dass es bei den Einsätzen pro Bundesland um eine Handvoll Polizisten geht, die nach Afghanistan geschickt werden, drängt sich der Eindruck auf, als handele es sich um eine prinzipielle Machtprobe. Die Politik beharrt darauf, deutsche Polizisten im Ausland eingesetzt zu sehen, es soll zu diesem Fakt für zukünftige Aktionen der Eindruck der Normalität entstehen, dass das so ist.

Aber das ist eben nicht normal.

Normal wäre es, afghanische Polizeianwärter in Deutschland auszubilden. Schiessübungen, Personenfestnahmen und rechtliche Hintergründe können ihnen hier gefahrlos übermittelt werden und kein einziger deutscher Beamte würde in Lebensgefahr geraten.

Also bleibt die Frage an die Innenminister der Länder und den Bundesinnenminister, warum das keine vernünftige Option für ihre Entscheidung darstellt, die doch das Leben der Polizisten enorm schützen würde und so einfach ist.

Artikel zum Thema

05.09.2010 Brandenburgische Speer-Spitze: keine Polizei für Afghanistan-Krieg

Quellen:
(1) http://www.bild.de/BILD/regional/berlin/dpa/2010/09/06/berlin-schickt-weiter-polizisten-nach-afghanistan.html
(2) http://www.mdr.de/thueringen/7642026.html
(3) http://www.bild.de/BILD/regional/dresden/dpa/2010/09/06/sachsen-schickt-weiter-polizisten-nach-afghanistan.html
(4) http://www.swr.de/nachrichten/rp/-/id=1682/nid=1682/did=6859068/lwofej/
(5) http://www.ostsee-zeitung.de/nachrichten/mv/index_artikel_komplett.phtml?SID=31adb7ff6a98d77a7bce592c6c0d704b&param=news&id=2884409
(6) http://www.ad-hoc-news.de/niedersachsen-beharrt-auf-polizeimission-in-afghanistan–/de/News/21587093
(7) http://www.bild.de/BILD/regional/frankfurt/dpa/2010/09/06/hessische-polizisten-bleiben-in-afghanistan.html
(8) http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/regioline_nt/hamburgschleswigholstein_nt/article9438799/Norden-schickt-weiter-Polizisten-nach-Afghanistan.html
(9) http://www.ad-hoc-news.de/hamburg-und-niedersachsen-beharren-auf-polizeimission-in–/de/News/21587357
(10) http://www.boulevard-baden.de/ueberregionales/baden-wuerttemberg/2010/09/06/baden-wurttemberg-halt-an-polizeimission-in-afghanistan-fest-248498

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