Zwei Handy-Videos des Fort Hood-Attentats eines Augenzeugen gelöscht

Anhörung der Zeugen bringt neue brisante Informationen ans Tageslicht, die niemanden in dem von Anfang an vertuschten Vorgängen in dem Militärlager zu interessieren scheinen

In den Vorbereitungen zu dem Prozess zu dem Attentat am 5. November 2009 in Fort Hood, in dem Major Nidal Hasan als Täter angeklagt ist, wurden seit drei Tagen neunundzwanzig Augenzeugen im Gerichtssaal oder per Videozuschaltung befragt. Hasan wird von dem Rechtsanwalt John Galligan verteidigt. Reichen die Beweise aus, die den Armeepsychater als Täter genügend belasten, wird Anklage durch ein Kriegsgericht erhoben. Galligan beklagte sich wie schon oft zuvor in den Ermittlungen, dass er von den Behörden der Armee nicht darüber informiert worden sei, ob in diesem Fall die Todesstrafe für seinen Mandanten vorgesehen sei, was seine Verteidigung erschweren würde.

Der Augenzeuge Lance Aviles, 20 Jahre alt, sagte am Freitag, den 15.Oktober im Kreuzverhör aus, dass er auf Befehl eines Vorgesetzten am gleichen Tag die beiden Videoaufnahmen der Vorgänge löschen musste, die er mit seinem Handy aufgenommen hatte.

Verteidiger Galligan fragte Aviles, ob er ein Video von den Vorgängen mit seinem Handy angefertigt hatte und ob er das Filmmaterial auf Anweisung seiner Vorgesetzten gelöscht hatte. (1)

„Ja, Sir“, antwortete Aviles.

Aviles wurde von der Staatsanwaltschaft nicht gefragt, ob er wisse, warum der Offizier befohlen hatte, die Videos zu vernichten. Es ist auch unklar, was genau die Aufnahmen zeigten, obwohl sie Beweismittel in dem Fall darstellten. Das hat niemanden interessiert. (2)

Merkwürdig ist, das Lance Aviles diese Aufnahmen – immerhin gleich zwei Videos – während der Schiesserei, bei der es dreizehn Tote gab, überhaupt anfertigen konnte, was die Widersprüche erhöht. Hier wird ganz offensichtlich, dass die offizielle Version zweifelhaft ist. Zwar glaubte Aviles nach seinen Aussagen zunächst an eine Übung, sah aber dann Freunde und Kameraden auf dem Boden in Blutlachen liegen.

Einer starb bald an einer Schusswunde am Kopf, sagte Aviles und dass er um die Ecke geschaut und versucht hätte, den Schützen zu bekämpfen nachdem er gesehen hätte, dass das Magazin der Waffe auf den Boden gefallen war. Er hätte versucht, von links her an den Schützen heranzukommen, musste dabei jedoch feststellen, dass dieser die Waffe schon wieder geladen hatte. Er wäre dann zur Haustür herausgerannt, um verletzten Soldaten zu helfen.

Die Zeugen beschrieben die Waffe des Täters unterschiedlich, einer sprach sogar von zwei Waffen – eine mit einem roten Laser, die auf ihn gerichtet war und eine mit einem grünen Laser. (3)

Während der Verhandlung konnte nicht geklärt werden, ob die Militärbehörden dem Löschen des Videos nachgegangen waren oder es überhaupt versucht hätten.

Ein Beamter aus Fort Hood, der auf Anonymität gegenüber der Presse wegen der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen zu den Schiessereien bestand, sagte:

„Da diese Angelegenheit während der Artikel 32 Anhörung angesprochen wurde, liegt es im Ermessen des für den Artikel 32 Anhörungsbeauftragten zu entscheiden, ob weitere Untersuchungen für zusätzliche Informationen über den Soldaten der Befehlskette durchgeführt werden.“ (4)

In US-Zivilgerichten kann die Vernichtung von Beweisen als Straftat verfolgt werden, in Kriegsgerichtsprozessen gelten andere Gesetze – die Ansichten der Militärführung.

Artikel zum Thema

20.07.2010 TOP SECRET AMERICA: “Eine versteckte Welt, jeder Kontrolle entwachsen”
28.04.2010 Ausschuss des US-Kongresses droht Verteidigungsministerium wegen verweigerten Fort Hood-Auskünften mit Gericht
Das US-Militär hat etwas in diesem Fall zu verschweigen – die Blockade an Informationen macht keinen anderen Sinn

Das US-Verteidigungsministerium hat sich am Dienstag, den 27.April dazu entschlossen, ein paar spärliche Informationen – auf keinen Fall alle wie es seine gesetzliche Pflicht wäre – zu den Vorgängen des Anfang November des vergangenen Jahres stattgefundenen Attentats in Fort Hood dem Untersuchungsausschuss des US-Kongresses zu liefern. Das Komitee für Heimatschutz des Senates, das die Vorladung der Berichte angefordert hatte, ist verärgert über das Verhalten des Verteidigungsministeriums. Die bisherigen Antworten wären nur unzureichend geliefert worden, hiess es nach Angaben einer Pressemeldung.

17.11.2009 Fort Hood: öffentliche Anhörung im US-Kongress ohne Zeugen

US-Regierung mauert – US-Parlament steht mit Fragen allein da

12.11.2009 Fort Hood: Kimberly Denise Munley keine Heldin

Es gibt Widersprüche zu den Vorgängen in Fort Hood. Kimberly Denise Munley hat nach Aussagen eines Augenzeugen nicht Nidal Malik Hasan angeschossen.

07.11.2009 FBI: Seit 6 Monaten über Armeeoffizier Hasan informiert

Es ist nur ein paar Stunden her, aber wir wiederholen die Frage gern nochmal: Wenn das FBI und die Ermittlungsbehörden bereits weniger als 24 Stunden nach der Tat so optimal über einen alleinigen Amokläufer informiert sind, den sie seit Monaten beobachten – warum haben sie es denn nötig, über allerlei anonyme Quellen Informationen in die Presse zu streuen?

06.11.2009 Attentat in Fort Hood: Schwere Widersprüche in der offiziellen Darstellung

Die US-Army stellt alle bisherigen Berichte über die Schiesserei auf den Kopf, hält dabei aber die angegebene Opferzahl. Nun soll es ein einzelner Schütze gewesen sein, der noch am Leben und in Haft ist. Die Legende rollt an. Andere Spuren werden erst gar nicht verfolgt.

06.11.2009 12 Tote, 31 Verwundete bei Schiesserei in US-Militärbasis Fort Hood

Quellen:
(1) http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5iH_812d5DGVvE5Tsp6C5W7jkyW5A?docId=CNG.d4436e9f04d08331279fb14066d6d028.1d1
(2) http://news.yahoo.com/s/ap/20101015/ap_on_re_us/us_fort_hood_shooting
(3) http://www.publicbroadcasting.net/kera/news.newsmain/article/0/0/1713136/North.Texas/Soldier.Could.Not.Leave.Fallen.Comrade..and..Midday.Roundup
(4) http://edition.cnn.com/2010/CRIME/10/15/texas.fort.hood.hearing/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert