Harms,Zypries und (noch) kein Ende

Karlsruhe, Berlin: Hat denn hier niemand mehr „Asterix und die Normannen“ gelesen? („Los – mach uns Angst.“)
Ich steh da also, bin total müde, vom ganzen Hin und Her auf dem alten Kahn ist mir übel, ich schwitze unter´m Helm und dann steht da an der Küste so eine mickrige alte Tante und will mir was erzählen.
Also so wird das nix.

Generalbundesanwältin Harms am Bundesgerichtshof hat schon soviel Blödsinn erzählt, dass es für 3-4 Rücktritte reicht. Jetzt hat das Gericht irgendwo auch sowas wie eine Verteidigung des Staates aufgetrieben und seine Staatsanwältin mit einer nie gekannten Blamage nach Hause geschickt, oder sagen wir besser, erstmal wieder auf die Bank (noch ist es nicht die Anklagebank, sondern der Platz der Anklägerin). Dabei hatte sie es sich schon auf dem Richtertisch bequem gemacht, ihre Terror-Devotionalien und Polizeistaatsstricknadeln ausgebreitet und blickte beim Häkeln ab und zu verächtlicht auf die Weichziele ihrer derohöchstselbsteigentümlichen Karnickel der Republik hinab.

Die gesamten Terror-Razzien (1) gegen Linke, Dissidenten, Intellektuelle und Sozialisten im Vorfeld des G8-Gipfels der Atommächte plus Anhang waren illegal, da hier einfach keine terroristische Vereinigung zu finden war, befand nun das oberste Gericht des Bundesstaates, der Bundesgerichtshof (2). (Das ist übrigens nicht das oberste Gericht der Republik – das ist das Bundesverfassungsgericht.)
Wohlgemerkt hatte man nicht im Gipfel oder bei deren Teilnehmern gesucht, sondern bei den Bürgern der Bundesrepublik, die etwas gegen Massenmord (im Volksmund auch „Krieg“ genannt), millionenfachen Hungertod und Elend, barbarische Gemeinheit und Ausbeutung, Monopolismus und Klassengesellschaft (Fachbegriff: „Kapitalismus“) und einen faschistischen Polizeistaat haben.
Dessen Lieblingsbegriff ist der beste Beweis dafür, dass man es in der deutschen Exekutive (und leider auch derem Anhang in Legislative und Justiz) nur noch mit Irren zu tun hat: das „Grundrecht auf Sicherheit“.

Leider kann nicht jeder ein Normanne sein (hähä) daher noch einmal für alle elenden Nicht-Verfassungsleser und Bekloppten:

ES GIBT KEIN GRUNDRECHT AUF SICHERHEIT

Nirgends. Nirgendwo. Niemals.
Haben Sie das jetzt verstanden? Nein?
Gut. Ich erklär es Ihnen gern nochmal, aber bitte nehmen Sie jetzt mal die Bratpfanne vom Schädel:

ES GIBT KEIN GRUNDRECHT AUF SICHERHEIT

Und jetzt – da ich Sie immer noch bräsig auf diesen Bildschirm starren sehe (Moment, ich leg mal den Helm ab, Gott ist das eine Hitze hier) – werde ich Ihnen auch mal erklären, warum es das nicht gibt.

Wenn es das gäbe, könnten Sie in aller Ruhe ihre Super-Nobelkarre auf dem Kuhdamm parken, den Schlüssel stecken lassen, 10 Minuten warten und dann ins nächste Polzeirevier rennen und dort den Staat verklagen, weil er nicht für ihre Sicherheit (also auch für die Sicherheit Ihres Eigentums) gesorgt hat.
Anschliessend kassieren Sie dann noch die Versicherung, solange es noch Versicherungen bei dieser Rechtslage gibt, und werden so noch schneller reich, als wenn Sie nebenberuflich im Bundestag sitzen würden.

Verstehen Sie?! Sie begreifen das vielleicht nicht, weil es Ihnen niemand gesagt hat und sie durch 50 Jahre Bimbes zu doof zum selber-Denken sind, aber Grundrechte sind nun mal einklagbar. Das heisst, der Staat würde für jeden Mist, den er nicht verbockt hat (und das wäre noch mehr, als er schon alleine hinbekommt) zur Verantwortung gezogen. Das Ende wären ganze Städte, die dicht gemacht werden müssten, weil dann alle sicher sind.

SUPER-PENNER DEUTSCHLANDS

Klaus-Uwe Benneter, 2004 bis 2005 Generalsekretär der SPD seitdem Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion, beim Beschluss der „Anti-Terror-Datei“ sowie erweiterter Befugnisse der Geheimdienste im Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) am 1.Dezember 2006 im Bundestag:
„Das Verfassungsrecht auf Sicherheit ist das Ehrenwerteste im Grundgesetz.“
Daraufhin die Restbestände der parlamentarischen Opposition: da steht nix von im Grundgesetz.
Darauf Benneter:
„Das Recht auf Sicherheit steht im ganzen Grundgesetz“. (3)

Als die FDP-Abgeordnete Piltz, sich darüber beschwert, daß der Gesetzestext erst in der Nacht vor der Parlamentsdebatte den Gesetzgebern per Fax zugesandt worden war, sagt er ihr:
„Wir wollten Ihnen eben nicht die Gelegenheit geben, sich vorher noch den Mund daran zu verbrennen.“

Das Allerwitzigste ist immer beim Klaus-Uwe: sein diebisch-dümmlicher Gesichtsausdruck bei solchen Sprüchen, als wenn man in der 5.Klasse mit dem Tintenfass geschmissen, anschliessend die Schultern eingezogen und den Nachbarn angerempelt hat und wieder in Deckung „Hohoho“ macht. „Hach, was war ich wieder gemein“ steht im da im Gesicht, und man sieht auch so manches Lachen bei den Biedermännern im Publikum. Man reicht im Reichstag noch das Streichholz auf die Bühne und ermächigt sich des Lachens. Hohoho.

Wir haben zu Zypries (die Frau ist Justizministerin. Das muss man sich mal vorstellen) und Harms (…) schon genug geschrieben. Lesen Sie gefälligst selber. Nachfolgende Sprüche sind vom Bundestagsabgeordneten (und ex-Richter am Bundesgerichtshof) Wolfgang Neskovic. Der wird nie was bei den „Linken“. Aber immerhin darf er noch ans Mikro.
(Neskovic also, und ich verabschiede mich also und suche mir jemanden, der mir Angst machen kann. Fliegen ist schön, wenn man es sich leisten kann.)

Wolfgang Neskovic, Richter am Bundesgerichtshof a.D.:
DIE GESICHERTE VERARMUNG

Haushaltsrede, Einzelplan 07 – Justiz, für Die Linke, 29. November 2007

(Anrede)

„Für DIE LINKE brachte ich während der letzten Haushaltsdebatte am 11. September 2007 die Hoffnung zum Ausdruck, dass der Widerstand von Bundesjustizministerin Zypries gegen die vordemokratischen Sicherheitsvorschläge des Bundesinnenministers sich als dauerhaft erweisen möge. Wir verbanden damit die Erwartung, dass es bei diesem Widerstand nicht nur um parteipolitisches Kalkül ginge.

HERR STÜNKER

Einige Vertreter der Koalition riefen mir zu, ich solle doch besser über die Töpfe und Töpfchen im Einzelplan 07 reden und die lästigen Grundsatzfragen zu Recht und Freiheit beiseite lassen. Herr Stünker von der SPD nannte die Kritik der Opposition vom 11. September 2007 eine rein hypothetische Debatte und sagte wörtlich:

Ich darf den Damen und Herren von den drei Oppositionsparteien eines versichern: [wir] (…) Sozialdemokraten in diesem Hause brauchen uns von niemandem vorwerfen zu lassen, dass wir in (…) neun Jahren bei einer einzigen Sachfrage, die zu entscheiden war, auch nur ein einziges Mal die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land aufs Spiel gesetzt hätten, auch nicht in schwierigen Zeiten.

WOLLTEN DEN LUFTRAUM UNSICHER MACHEN

Herr Stünker muss wohl verdrängt haben, dass es auch die SPD-Fraktion war, die in der 15. Wahlperiode mit dem Luftsicherheitsgesetz den Luftraum unsicher machen wollte, bis das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz kassierte.

Es war die SPD-Fraktion, die ein Zollfahndungsdienstgesetz auf den Weg brachte, das den Kernbereich privater Lebensgestaltung missachtete und es war die SPD-Fraktion, die dieses Gesetz als befristeten Verfassungsbruch in die Verlängerung schickte.

VERFASSUNG HIN, VERFASSUNG HER: KOALITION BESCHLIESST DRAUF LOS

Es war Frau Ministerin Zypries, die ihr Haus anwies, dem Deutschen Bundestag am 15.08.2003 ein Umsetzungsgesetz zum Europäischen Haftbefehl vorzulegen, das mit den Stimmen der SPD-Fraktion beschlossen wurde und am 18. Juli 2005 vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte. Erwarten Sie bitte nicht, dass ich meine neun Minuten Redezeit darauf verwende, diese Liste zu vervollständigen. Bei dieser Aufzählung von Verfassungsverstößen bin ich aber auch nicht darüber verwundert, wie die Kollegin Kramme von der SPD-Fraktion kürzlich ihre „Ja-Stimme“ zur Vorratsdatenspeicherung begründete. In ihrer Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung hieß es:

„Eine Zustimmung ist auch deswegen vertretbar, weil davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise verfassungswidrige Bestandteile für unwirksam erklären wird.“

EIN ABGRUND ZWISCHEN BETEUERUNGEN UND TATEN

Herr Stünker, nur zu gerne würden wir uns darauf verlassen können, dass schon die SPD in der Koalition und nicht erst das Bundesverfassungsgericht für die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze sorgt. Es ist nur so, dass zwischen Ihren Beteuerungen und Ihren Taten ein tiefer Abgrund klafft. Zumindest hat Herr Schäuble wohl ausreichend Vertrauen in Ihre rechtstaatliche Unzuverlässigkeit. Oder welche Erklärung haben Sie dafür, dass er weiterhin unverdrossen – mit dem entsprechenden finanziellen und personellen Aufwand – an den technischen Grundlagen zur Onlinedurchsuchung basteln lässt?

Die SPD-Fraktion hat mit fast allen ihrer Stimmen die Vorratsdatenspeicherung zum Gesetz gemacht. Mit fast allen – vor denen, die ausgeschert sind, habe ich Respekt.

Ab dem 1. Januar 2008 werden nun die Kommunikationsprofile von 80 Millionen Menschen auf Vorrat erfasst, ohne dass es hierfür einen konkreten Anlass gibt. Dies, obwohl das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Rasterfahndung unmissverständlich erklärt hat:

„Außerhalb statistischer Zwecke besteht ein striktes Verbot personenbezogener Daten auf Vorrat.“

Mit diesem Gesetz hat sich die Bundesjustizministerin nicht etwa als Gegenspielerin zu Herrn Schäuble verhalten, sondern sich zu dessen Mitspielerin gemacht. Das Gesetz zeugt vom gleichen verfassungsrechtlichen Fehlverständnis, das auch Herrn Schäuble prägt. Hierzu habe ich schon in meiner letzten Rede Ausführungen gemacht und wiederhole sie hier:

DIE GRUNDRECHTE SIND INSTITUTIONALISISERTES MISSTRAUEN GEGEN DEN STAAT!

Die Grundrechte sind zu allererst Abwehrrechte gegen den Staat. Das heißt: Mit Hilfe der Grundrechte soll der Bürger sich gegen einen allmächtigen Staat schützen können. Mit anderen Worten: Die Grundrechte sind institutionalisiertes Misstrauen gegen den Staat. Sie und Herr Schäuble hingegen wollen ein grundsätzliches Misstrauen des Staates gegen seine Bürger institutionalisieren – indem Sie genau jene Allmacht des Staates für Ihre sicherheitspolitischen Wahnvorstellungen mobilisieren.
(…)

MONATELANG ZUM TERRORVERDÄCHTIGEN AUFGEBAUT

Wohin diese Wahnvorstellungen führen, ist heute schon belegbar. Denn den gläsernen Terroristen gibt es nicht – es gibt nur den Verdächtigen. Wie schnell Jedermann zum Verdächtigen werden kann, musste unlängst der Wissenschaftler Andrej H. erleiden. Auf Betreiben der christdemokratischen Eiferin Frau Generalbundesanwältin Harms hat man Herrn H. in monatelanger Arbeit zu einem Terrorverdächtigen aufgebaut. Im Kern hat man diesen Verdacht auf eine angebliche Sprachübereinstimmung mit einem Flugblatt der „militanten gruppe“ gestützt. Im Sommer dieses Jahres hat man Herrn H. dann unter Einsatz eines Spezialkommandos per Hubschrauber nach Karlsruhe verbracht, um ihn anschließend bis vor kurzem in die Untersuchungshaft zu sperren. Für die Ermittler passte er in ein klares Verdächtigenprofil: Gebildet, unauffällig und irgendwie links – fertig war der Terrorvorwurf. Statt Straftaten aufzuklären, werden so Verdächtige geschaffen.

Doch zum Glück: Nicht nur Herrn H.`s Haftbefehl, sondern auch die leichtfertige Handhabung des §129a hat nun der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen in aller Schärfe gerügt. Der BGH hat damit Frau Harms deftige Abfuhren erteilt, die letztlich auch Sie treffen, Frau Zypries, weil Sie sich für diese Frau als Generalbundesanwältin entschieden haben.

STAAT ENTZIEHT ZUGLEICH SOZIALEN SCHUTZ

Während der Staat sich mit diesem Verhalten als vermeintlicher Beschützer vor Kriminalität und Terrorismus aufspielt, entzieht er gleichzeitig den Menschen den notwendigen sozialen Schutz, den er nach dem Sozialstaatsprinzip schuldet. Der selbe Staat, der vorgibt, den Menschen mit großen Kosten- und Personalaufwand maximalen Schutz vor Kriminalität und Terrorismus zu bieten, erklärt, er könne aus finanziellen Gründen nicht mehr ausreichend für die soziale Sicherheit sorgen. Schauen Sie einmal auf das Gesamtbild dieser „gesicherten Verarmung“:

In diesen kalten Tagen können die unzähligen Berliner Obdachlosen ruhig schlafen; die Regierung scheut keine Mühe, wenn es darum geht, ihren Schlaf vor Terroristen und Verbrechern zu schützen. Wer dank Hartz IV zum Überleben genug und zum Leben zu wenig hat – kann ohne Sorge sein: Denn die parlamentarische Mehrheit hat ihn so arm gemacht, dass er sich weder den Computer, noch den Internet- und Telefonanschluss leisten könnte, deren Kommunikationsprofile man ansonsten speichern lassen würde.

ZIELGERICHTETE ERFINDUNG ZUR UNTERGRABUNG DER FREIHEIT

Während aber der Schutz der Menschen vor sozialen Härten und Risiken als Ausdruck des Sozialstaatsprinzips zu den verfassungsrechtlichen Kernpflichten gehört, ist das behauptete Grundrecht auf Sicherheit nicht mehr als eine zielgerichtete Erfindung, um die Freiheitsrechte zu untergraben. Es gibt kein Grundrecht auf Sicherheit.

Die Koalition gestaltet und vertieft nicht nur ein Klima der sozialen Kälte, sondern sie verantwortet auch den Aufzug eines Klimas der Repression und der Angst.

SOZIALDEMOKRATEN

Vielleicht werden wir eines Tages erkennen müssen, dass zwischen einem ohnmächtigen Sozialstaat und einem übermächtigen Überwachungsstaat durchaus ein Zusammenhang besteht. Vielleicht werden eines Tages die Mittel des Überwachungsstaates auch verwendet werden, um sozialen Unruhen entgegenzutreten. Das wäre das fürchterliche, aber leider vorstellbare Ergebnis einer Politik, an der auch die Sozialdemokraten maßgeblich und entscheidend mitgewirkt haben.“

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Quelle:
(1)
http://www.radio-utopie.de/archiv/archiv.php?themenID=482&JAHR_AKTUELL=2007&MON_AKTUELL=5
(2)
http://www.tagesschau.de/inland/bgh6.html
(3)
http://www.radio-utopie.de/archiv/archiv.php?themenID=193&JAHR_AKTUELL=2006&MON_AKTUELL=12

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