Interview mit Wael Ghonim auf „Dream 2“, 7. Februar.
Am 7.Februar wurde der seit Freitag, dem 28. Januar verschwundene Google Experte Wael Ghonim (wir berichteten) vom Mubarak-Regime wieder freigelassen, nachdem das Video eines Zeugen bewiesen hatte, dass Ghonim von der Staatssicherheit verschleppt worden war. Seine erste Nachricht via Twitter nach der Freilassung:
“Freiheit ist ein Segen, für den es sich zu kämpfen lohnt.”
Noch am Abend gab Wael Ghonim dem Privatsender „Dream 2“ ein Interview, welches Ägypten erschütterte. Dies ist die Mitschrift. Übersetzt aus dem Englischen von Alexina Barbin.
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Eine Geschichte, die am Donnerstag dem 27. vor dem Blutigen Freitag geschah. Lassen sie mich am Mittwoch beginnen. Am Mittwoch, in einer Folge dieses Programms, dachten wir, dass es die letzte Episode dieses Programms sein wird. Es war die Absicht oder das Gefühl, dass dies die letzte Episode des Programms sein würde. In Anbetracht vieler der Umstände, die einigen bekannt sein werden oder die einige fühlen oder auch nicht kennen, sprachen wir über die Verhältnisse im Land und über die Proteste vom 25. Januar und die Blockade des Internets und Facebooks, und über die Wut, die durch die Jugend ging.
Wir hatten ein Telefongespräch mit einem birllianten jungen Mann, sehr versiert in Dingen des Internets und bezüglich Facebook, und darüber wie die Kids sind oder diese Jugendlichen und ihre Verärgerung…oder ihre tiefen Empfindungen, der Abscheu über das, was ihnen am Dienstag geschah und über die Trennung von ihrer Rettungsleine, Facebook, die sie mit dem Rest der Welt und untereinander verbindet.
Der Name dieses jungen Mannes ist Wael Ghonim. Er rief uns an und diskutierte die technischen Probleme und war deutlich aufgeregt, denn er ist einer von vielen jungen Menschen, die dieses Werkzeug benutzen und ein Stammgast bei den Protesten. Das ist etwas, das wir nicht kritisieren können und das uns nicht davon abhält, live on air mit ihm zu sprechen.
Nach unserem Gespräch, am nächsten Tag, sandte er mir eine SMS auf mein privates Mobiltelefon und schrieb:„Es tut mir Leid, dass ich so aufgeregt war, ähm, aufgeregter als ich während meines Interviews hätte sein müssen.“
Also antwortete ich ihm auf seine Nachricht: „Kein Problem, mach dir keine Sorgen darüber Wael, Viel Glück.“
Am Donnerstag, dem 27., redeten wir über Mobiltelefon, denn es war bekannt, dass es am Freitag zu massiven Protesten kommen würde. Ich erkundigte mich nach seinem Befinden. Wir redeten und er sagte mir, dass das Intenet abgeschaltet worden war. Und er war in einem sehr beunruhigten Zustand. Wir beendeten das Telefonat damit, dass wir uns gegenseitig das Beste wünschten und ich sagte ihm:„Pass auf dich auf, Wael.“
All das passierte in einem gewöhnlichen Kontext, so wir er zwischen…allen stattfindet. Dann war es Freitag und sie trennten alle Kommunikation in Ägypten ab. Folglich sprach niemand mehr mit irgendwem. Es gab viele Leute, von denen man nicht wusste, wo sie waren. Und es ist natürlich und logisch anzunehmen, dass die Kommunikationsblockade der Grund war, wegen dem man nicht mit ihnen in Verbindung treten konnte. Freitag, Samstag, Sonntag und Montag gingen vorbei und dann wurde ich schockiert durch einen Telefonanruf von einer unbekannten Nummer, keine örtliche Nummer, sondern eine internationale. Der Mann sagte: „Frau Mona, mein Name ist Najib, ich bin Waels Kollege von Google. Wael ist verschwunden, seit Freitag verschwunden.“
Ich fragte ihn: „Woher haben Sie meine Nummer?“
Er antwortet mir: „Ich bin sein bester Freund und ich weiß, dass er in einem Telefonat am Donnerstag mit Ihnen in Ihrer Show gesprochen hat, irgendwann zwischen 1.00 und 2.00 Uhr (morgens). Also dachte ich mir, dass Sie vielleicht wissen, wo er ist oder dabei helfen können, ihn zu finden.“
Ich sagte ihm „Najib…“ Ich war offensichtlich misstrauisch, denn ich wusste nicht, wer Najib ist und ich hatte keine Idee, wo Wael war. Ich war schockiert von der Nachricht, dass er verschwunden war.
Er sagte: „Ich habe mir Zugang zu seinen persönlichen (Internet-)Konten verschafft, denn ich bin ein sehr enger Freund von ihm und ich habe seine Passwörter. Und ich fand ihre Nummer, damit nicht Sie uns helfen.“( lest you dont help us)
Ich nahm die Nummer…ich nahm Waels quad-Name…Ich muss zugeben, dieser Freund erweckte mein Vertrauen, der ehrenvolle Herr Najib, und er ist ein Syrer. Er sagte: „Bitte sprechen Sie davon nicht in den Medien, weil wir nicht wissen, wo Wael ist. Wir haben Angst mit den Medien zu reden, denn wir befürchten, dass das Wael schaden könnte oder in ernste Gefahr bringen könnte.“
Ich antwortete: „Mach dir keine Sorgen, Najib.“
Seit diesem Tag hatten wir Telefonate und versuchten uns mit jedem und allen in Verbindung zu setzen, der irgendetwas von diesem jungen Mann, der verschwunden war, gesehen oder gehört haben könnte. Die Antwort war immer: „Wir haben noch niemanden verhaftet“, oder: „Dieser Name ist nicht in unseren Akten.“
Wir fragten: „Könnten Sie bitte Ausschau nach ihm halten“, oder: „Vielleicht haben Sie einen übersehen“ oder: „Vielleicht befinden sich durch die Störungen vom Freitag einige in ihrem Gewahrsam und Sie wissen es noch nicht.“
Wirklich wir erschöpften alle Möglichkeiten und ich weiß, dass ich in diesen Bemühungen nicht alleine war. Die Wahrheit ist, dass es viele dieser Leute gab, nicht nur Freunde von Wael, sondern auch Leute von Facebook und seinen respektablen, ehrwürdigen Kollegen von Google, bis es offiziel bekannt wurde, daß Wael verschwunden war. Ab dann redeten wir offen darüber und begannen die Freilassung von Wael zu fordern. Aber nicht nur die von Wael, sondern von all den Leuten, die mit ihm waren. All die Leute, die keine anderen Wünsche, Ambitionen und Absichten hatten, als an friedvollen Protesten für eine ehrenvolle Nation teilzunehmen.
Gestern fanden wir heraus, dass es das Versprechen gab, Wael und all die Leute mit ihm frei zulassen. Ehrlich gesagt, ich glaubte nicht an dieses Versprechen, denn seit heute morgen rief ich bestimmte Individuen an, die darüber „Bescheid wissen“ sollten, und ich fragte sie nach Wael und sie sagten mir: „Dieser Mann ist nicht in unserem Gewahrsam“. Aber ich konnte andere nicht von diesem negativen Gefühl überzeugen oder in der Sendung von gestern Abend oder heute Abend dieses Versprechen widerlegen. Heute Abend um 19.00 Uhr, klingelte mein Mobiltelefon und der Name, der unter „Wael Google“ gespeichert war, erschien.
Wael sprach hastig mit mir, und ich fragte ihn: „Sind Sie es, Wael, oder benutzt jemand Ihr Telefon?“
Er antwortete: „Nein ich bin es, ich bin Wael.“
Ich fragte: „Was ist los? Was ist passiert? Was haben sie mit dir gemacht?“
Ich weiß nichts, alles was ich weiß ist, dass Wael in ein paar Minuten bei uns ist, um uns zu sagen, was seit Freitag bis heute geschehen ist, seitdem er verhaftet wurde und bis er heute aus der Staatssicherheit befreit wurde. Wael Ghonim, oder „Wael Google“, wie er in meinem Mobiltelefon als Kontakt gespeichert ist, wird in Kürze bei uns sein. Und ich habe keine Ahnung, was er uns sagen wird. Das Wichtigste ist, dass er freigelassen wurde und wir werden ihm zuhören, was auch immer er zu sagen hat.
Aber dies noch: Als er anrief saß er in einem Auto direkt neben Dr. Hossam Badrawi, der scheinbar der Grund für seine Freilassung war. Nachdem seine Freilassung verzögert worden war, als es an der Zeit war. Bleiben Sie bei uns für ein Interview, das mein persönliches und mein berufliches Leben vereint.
[Pause]
Mona El Shazly: „Wael Saeed Abbas Ghonim….ich habe seinen vollständigen Namen auswendig gelernt, weil wir so oft in dieser schwierigen Zeit auf der Suche nach ihm in Krankenhäusern und rauf und runter nachgefragt haben. Und heute plötzlich, wurde Wael Ghonim aus der Staatssicherheit freigelassen, nachdem er seit Freitag dem 28. in Haft war. Willkommen zurück, Wael.“
Wael Ghonim: „Danke. Als erstes möchte ich jedem sagen, all den Müttern und Vätern, die ein Kind verloren haben: ihr Verlust tut mir Leid und möge Gott sie als Märtyrer akzeptieren, egal ob sie normale Bürger waren oder Offiziere oder Polizisten. Jeder, der gestorben ist, ist ein Märtyrer. Ich will mich nicht entschuldigen, denn die Leute, die an dieser Demonstration teilnahmen, dachten niemals daran etwas zu zerstören geschweige denn daran, ein menschliches Wesen zu töten.
Wir sind die Jugend, die Ägypten liebt und wir taten das, weil wir Ägypten lieben. Und unsere erste Forderung war die nach Rechten und Rechte können niemals durch die Zerstörung von Eigentum gefordert werden, egal ob privates oder öffentliches Eigentum. Unsere Hoffnung war es, für das Volk raus zu gehen und zu sagen ‚Ich will mein Recht und ich nehme es mir! Das ist alles!‘ und deswegen zolle ich diesen Leuten meinen Respekt, denn sie sind die jenigen, die ihr Blut geopfert haben.
Ich möchte Ihnen etwas erzählen…wir werden darüber sprechen. Aber zuerst…hier in Ägypten mögen wir das Heldentum für uns beanspruchen. Ich bin kein Held. Ich habe 12 Tage geschlafen. Die Helden sind diejenigen, die auf den Straßen waren. Die Helden sind die, die zusammengeschlagen wurden. Die Helden sind die, die verhaftet wurden und ihr Leben in Gefahr gerbacht haben. Ich war kein Held. Das, was mir leider passiert ist, lässt es mich bereuen nicht an der Seite dieser Leute gewesen zu sein.
Ich kam zurück aus den Emiraten, um an dieser Demonstration teilzunehmen. Ich benachrichtigte meinen Arbeitgeber, damit ich an den Protesten in Ägypten teilnehmen konnte. Ich sagte ich hätte eine dringende persönliche Sache, die ich erledigen müsste und dass ich sechs Tage frei bräuchte. Ich hatte viele Urlaubstage angespart. ‚Alles Okay?‘ fragten sie mich. Ich sagte, dass es eine persönliche Sache sei. Und dann kam ich zur Demo nach Ägypten. Ich kam hierher, weil wir mit dem Volk von Ägypten zusammen sein mussten. Bevor wir die Dinge diskutieren, würde ich gerne einige Sachen klarstellen. Sachen, die Sie vielleicht falsch verstanden haben.“
Mona: „Leg los, Wael.“
Wael: „Gut…zu aller erst…Najib ist mein Freund aus den Emiraten und zweitens ist er kein Syrer.“
Mona: „Oh entschuldige, sein Dialekt ließ mich annehmen, daß er Syrer wäre.“
Wael: „Er ist Jordanier. Weißt du, warum ich diesen Punkt klarstelle? Weil wir keine Verräter sind. Wir sind keine Verräter, Mona, wir lieben Ägypten!“
Mona: „Wael…“
Wael: „Wir arbeiten mit niemandem mit einem fertigen Programm [set agenda] zusammen! Manche von uns sind sehr reich…Wir leben in großartigne Häusern und fahren großartige Autos. Ich brauche nichts von niemandem! Und ich wollte niemals etwas von irgendjemandem.
Alles, was getan wurde, brachte unser aller Leben immer in Gefahr. Eine Gefahr, deren Ende wir nicht absehen konnten. Wir wissen es nicht. Wir arbeiten nur. Wir sagten: `Wir kämpfen für unsere Rechte und für unser Land! Das ist unser Land!´ Jeder Einzelne von uns, der sich in Gefahr begeben hat, hat das nicht für seine persönlichen Vorstellungen gemacht. Die Leute, die angetrieben haben und die Leute, die planten, wollten nichts! Ich will nichts!
Wissen sie was? Meine größte Qual, als ich im Gefängnis war, war dass Leute herausfinden könnten, dass ich der Admin bin. Ich hoffte niemand würde herausfinden, dass ich der Admin bin. Weil ich kein Held bin. Ich habe nur die Tastatur benutzt, Mona, im Internet. Ich habe niemals mein Leben gefährdet. Die wahren Helden sind die auf dem Platz. Die, deren Namen ich nicht kenne. Aber viele der Leute, die Sie getroffen haben, wie Mustafa El Naggar, diese Leute haben ihr Leben in ernsthafte Gefahr gebracht, während ich weiter auf meiner Tastatur tippte.
Also bitte, Leute, es gibt keine Helden! Die Helden sind die auf der Straße. Der Held ist jeder von uns. Es gibt hier nirgends jemanden, der von einem hohen Ross die Massen anführen würde. Lasst euch von niemandem täuschen das zu denken! Diese Revolution gehörte der Jugend des Internets. Dann gehörte diese Revolution der Ägyptischen Jugend. Dann gehörte die Revolution ganz Ägypten. Es gibt keinen Helden, niemand sollte jemandem die Schau stehlen, wir waren alle Helden. Das ist die erste Sache.“
Mona: „Wael, als aller erstes, ich weiß du bist gerade erst zurückgekommen. Ich will, dass du weißt, wenn du eine Pause brauchst, wenn du erstmal Luft holen willst, dann mach das. Wenn du einen Moment nachdenken willst…“
Wael: „Ich habe seit ungefähr 48 Sutnden nicht mehr geschlafen, aber das bin nur ich, ich konnte nicht schlafen.“
Mona: „Warum war deine erste Antwort ‚Wir sind keine Verräter‚? Haben sie euch dessen beschuldigt?“
Wael Ghonim: „Schauen Sie, Madam, weil wir einander nicht mehr zuhören, will ich zuerst etwas sagen…Das ist die Zeit, in der die Leute das Wort Verräter gegeneinander benutzen. Erinnern Sie sich, als ich Sie anrief und bat, mir die Wahrheit zu sagen, sagten Sie mir, dass die Demonstranten Sie unter Druck setzen und, dass die Offiziellen Sie unter Druck setzen. Das ist die Zeit, in der jeder jeden als Verräter beschuldigt! Aber ich will etwas sagen, wenn ich Ihnen jetzt, wenn ich allen von euch jetzt sagen würde, dass ich gefoltert wurde und zusammengeschlagen und mit Elekroschocks misshandelt wurde, ohne meine Kleider abzulegen und ohne dir die Male solcher Sachen zu zeigen, Ihr würdet mir alle glauben. Richtig? Ihr glaubt es, denn genau jetzt habe ich die Glaubwürdigkeit. Aber ehrlich gesagt ist mir das gar nicht passiert. Nichts ist mit mir passiert seitdem…ich stand unter Schock! Seit…“
Mona: „Seitdem Sie zu der Demonstration gegangen sind.“
Wael: „Ich ging auf eine am 25.“
Mona: „Zu welcher Zeit sprachen wir miteinander, war es 13.00 oder 14.00 Uhr?“
Wael: „Ja ja…“
Mona: „Es war irgendwann um diese Zeit.“
Wael: „Ich wurde entführt…ins Staatssicherheits Gefängnis gebracht. Ich wurde sehr gut behandelt. Es war so merkwürdig! Sie behandelten mich mit so viel Respekt. Ich habe einige wirklich intellektuelle Leute im Gefängnis getroffen. Sie waren sich allle zu 100% sicher, dass wir Verräter wären, für andere arbeiten oder sogar gehirngewaschen, oder von irgendeinem Unternehmen finanziell gestützt würden, die uns sagen, was wir zu tun hätten. Die uns sagen würden, wohin wir gehen sollten, was wir tun sollten, was wir online posten sollten.
Wissen Sie, nichts verletzte mich. Meiner Mutter und meinem Vater hat man eine schwere Zeit bereitet, aber das verletzte mich nicht. Was mich verletzte war, als ein Ofizier mich verdächtigte, ein Verräter zu sein. Er änderte seine Ansicht später. Denn wir sind keine Verräter! Wir lieben Ägypten! Wenn ich ein Verräter wäre, dann wäre ich zu Hause meinem Swimming Pool, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, und hätte mein Leben genossen, wäre bezahlt worden, wäre befördert worden. Was ist das Problem? Sollte ich sagen, was andere sagen? Lass es brennen! Ist es unser Land? Es ist ihres! Das würde ich sagen, wenn ich ein Verräter wäre! Wir sind keine Verräter! Eine der Sachen, auf die ich stolz bin, ist, dass ich nach Hause konnte in dem Wissen, einige dieser Leute davon überzeugt zu haben, dass wir keine Verräter sind. Ich weiß, was ich sage. Und ich weiß, dass sie jetzt überzeugt sind, dass unser einziges Motiv, das wir hatten, unsere Liebe zu unserem Land war.
Zuerst fiel es ihnen sehr schwer zu glauben, was das für ein Haufen jugendlicher Aktivsten, wie ich sie zu nennen pflege, bedeutet. Die ‚Facebook-Kids‘, wie sie uns am Anfang während der Khaled Said Proteste zu nennen pflegten. ‚Diese lärmenden Kinder auf Facebook‘. Sie glaubten nicht, daß diese „Facebook Jugend“ die jenigen sind, die zu zehntausenden am 25. Januar losgingen. Wir glaubten es! Die Leute, die arbeiteten…nochmal…ich gab nur ein Signal….ein Aufruf, der die Leuten aufforderte sich zu bewegen.Einige Leute arbeiten so hart. Das sind die jenigen, die mit Ihnen reden müssen und Ihnen sagen müssen, wie sie diese Demonstrationen planten und wie sie entschieden, sie zu inittieren und wie sie es managen, alle friedlich zu halten und wie sie alle beschützen! Wie die Leute die Straßen entlang gehen sollen und wie sie sie säubern wollen! Über all das wurde nachgedacht. Aber was ich sagen wollte ist dies…“
Mona: „Gut, hol erst mal Luft….Wael, das ist kein Verhör, du musst nicht schwören, nicht wiederholen, dass du dieses Land liebst oder, dass du kein Verräter bist.“
Wael: „Unglücklicherweise, unglücklicherweise, warte eine Sekunde.“
Mona: „Warte! Lass mich.“
Wael: „Nein nein, es tut mir Leid, warte. Lass mich dir etwas sagen!“
Mona: „Sprich nur weiter!“
Wael: „Das ist die Zeit, in der Leute mit guten Absichten als Verräter verdächtigt werden. Weißt du, warum? Weil die Leute jetzt glauben, dass Böses im Kern von allem ist! Und das ist nicht wahr! Am 25. habe ich persönlich gesehen…am 25. war ich stolz darauf, ein Ägypter zu sein. Es gab tausende Mädchen und keinen einzigen Fall sexueller Belästigung! Da war ein einfacher Mann, der sich dazu entschloss, den Müll aufzusammeln! Da waren Ampeln, die niemand berührte oder zerstörte! Die Leute riefen jeden, der einen Stock hatte und forderten ihn auf, ihn fallen zu lassen! Mona, mir fiel ein Ziegelstein auf die Füße, weil jemand die Idee hatte, ihn zu werfen! Diese Leute, die man beschuldigt, Dinge zerstören zu wollen, ja, die gab es! Die Ungebildeten …Weißt du, wann sie begannen auszuflippen? Als man mit Gummi-Geschossen auf sie schoss und sie zusammenschlug und umher stieß.
Ich will nur noch einmal sagen, wir sind jetzt in einer Ära…Leute wunderten sich, was ich auf der Facebook-Seite machte! Mein soziales Leben wuirde zerstört. Meine Frau wollte sich von mir scheiden lassen, weil ich keine Zeit mit ihr verbrachte, und jetzt kommt irgend ein Typ daher und nennt mich einen Verräter, gewiss wird er bezahlt. Es gab viele, die auf dieser Seite geholfen haben und jetzt nennt man sie ebenfalls Verräter…Was ich sagen will ist dies: wir lieben unser Land, und wir weisen alle anderen Anschuldigungen zurück. Genauso wie wir es ablehnen, andere solcher Dinge zu beschuldigen.“
Mona: „Wael, ich möchte Sie an etwas erinnern, daß Sie vielleicht vergessen haben. Wir müssen logisch bleiben, Sicherheitsdienste sind nicht die Einzigen, die alles wissen…Der junge Mann, der mich Ende 2010 anrief, um mir zu sagen: „Wir starten eine Initiative, um Ägypten zu säubern, um eine Karte zu erschaffen zur Markierung von Orten, an denen unerledigter Müll ist…“ , Erinnern Sie sich, Wael? „Damit die Offiziellen es mitkriegen und jemanden dort hinschicken, um die Gebiete zu säubern, die mit Müll vollgekippt sind“ Ich sagte Ihnen, ich unterstütze das, aber markieren Sie auch die sauberen Gebiete, als Motivation…Eine Person, die so über ihr Land denkt, kann es niemals, niemals verletzen wollen.“
Wael: „Ich will sagen, dass ich so optimistisch war vor dem 25.. Und heute bin ich überwältigt von Optimismus. Und ich kann nicht glauben, was die Leute geschafft haben! Heute haben die Leute bewiesen, dass sie…ich sagte den Offizieren in meiner Befraguung…ich will nur mit einer Person reden….ich sagte es Dr. Hossam…Sie sagten, ich war zusammen mit Dr. Hossam, richtig?
Ich bin jedem dankbar, der dabei geholfen hat, dass ich frei gelassen werde. Ich bin kein Undankbarer, es ist nur….es ist nicht richtig…nicht richtig…dass mein Vater…der eine Auge verloren hat…und das andere jeden Tag verlieren könnte…12 Tage damit verbrachte nicht zu wissen, wo sein Sohn ist! Warum?! Warum?! Sie wollen mich verhaften? Es gibt ein Gesetz! Verhaften Sie mich. Sagen Sie mir, wessen ich beschuldigt werde. Berfragen Sie mich. Das ist Ihr Recht! Rufen Sie meine Familie, sagen Sie ihnen…
Aber was ich sagen will ist, dass zumindest jenen, die mich befragten, die Interessen des Landes zutiefst am Herzen lagen. Jene, die mich befragten, und ich kann nicht sagen, was ihre Absichten sind, aber ich war 12 Tage verblendet. Ich hörte nichts, noch sah ich etwas. Ich habe es gerade Hamza Nemra erzählt. Ich war so verzweifelt, ich saß und sang für mich selbst…
Ich hatte keine Ahnung, was auf den Straßen passierte.Ich wusste nicht, ob sie wieder demonstrierten. Ich fragte mich, ob sie den Rückzug angetreten hatten…Ich fragte mich, ob sie mich vergessen hatten, ob irgend jemand für meine Befreieung eintrat. Ich wusste es nicht, niemand erzählte mir irgendwas. Ich wusste von keiner kleinsten Nachricht! Sie haben Sicherheitsvorkehrungen, die ich nicht kenne, das ist nicht mein Punkt…
Was mich am meisten zerstörte, war, dass meine Frau in den VAE nicht wusste, wo ich war. Meine Mutter in Ägypten wusste nicht, was mit mir geschehen war. Mein behinderter Vater in Saudi Arabien wusste nicht, wo ich war. Sie aber wussten wo ich war! Es wäre das Geringste gewesen, was sie hätten tun können. Es hätte nichts Schlimmes bewirkt. Selbst wenn sie mich verdächtigen, zeigen sie mir alle Beweise, die sie haben! Ich habe die ganze Wahrheit gesagt! Danke Gott! Ich wusste nicht, ob sie Beweise hatten, aber ich sagte alles, denn ich war stolz auf das, was ich getan hatte und ich war darauf vorbereitet, den Preis dafür zu bezahlen.
Was ich jetzt sagen will, ist… jetzt ist nicht die Zeit, um Rechnungen zu begleichen. Es gibt eine Menge Leute, mit denen ich gerne Rechnungen begleichen würde, sogar persönliche. Ich wünschte, ich könnte meine Rechte von vielen Leuten bekommen. Aber jetzt ist nicht die Zeit, um Rechnungen zu belgeichen, den Kuchen schon aufzuteilen. Es gibt eine Menge Politiker, die verstehen werden, wovon ich rede – es ist nicht die Zeit, den Kuchen aufzuteilen. Für alle jene, die gerade schon den Kuchen aufteilen – das ist nicht die Zeit, den Kuchen aufzuteilen.
Drittens, das ist nicht die Zeit, um Ideologien einzuführen. Ich sage das persönlich. Ich habe immer noch nicht mit den Leuten auf der Seite gesprochen. Nebenbei, ich bin nicht Faris oder…Das Geheimnis des Erfolgs dieser Seite ist: Bevor irgend eine Entscheidung getroffen wurde, machten wir eine Umfrage und alle gaben ihre Meinung kund. Und die Meinung der Mehrheit würde vorherrschen.
Ich spreche jetzt als Wael, der gerade aus dem Gefängnis gekommen ist, der verblendet wurde und nicht das Geringste sehen konnte, der nichts wusste. Ich bin heute erst um 7.00 oder 8.00 Uhr freigelassen worden. Ich kam raus und war mit dem Innenminister zusammen. Leute! Ich kann euch nicht sagen, wie stolz ich auf euch bin, auf jeden von euch, der zu einem Protest ging. Denn der Innenminister saß mir gegenüber als ein Individuum, genau so wie ich. Er sprach zu mir, als wäre er stark und als wäre ich stark. Nicht so, als wäre ich ein dummes Kind oder ein wilder junger Mann oder paternalistisch. Das ist etwas, wofür er als Person Respekt verdient hat.
Ich weiß immer noch nichts, aber um objektiv zu sein, ich respektiere es ohnehin. Aber ich bin stolz auf die junge Leute, weil sie das getan haben. Sie sind die jenigen, die Dr. Hossam Badrawi dazu brachten, mich nach Hause zu holen, um mit mir zu sprechen. Ich wollte eben von meinem Gespräch mit Dr. Hossam Badrawi erzählen…“
Mona: „Lassen Sie uns eine Pause machen, um Luft zu holen und dann kommen wir zu Ihnen zurück. Und trinken Sie etwas, denn seit Ihrer Rückkehr haben Sie nicht mehr gegessen, seit der Rückkehr aus…aus..der Staatssicherheit.“
[Pause]
Mona: „Wussten Sie, ob irgendwer gestorben ist?“
Wael: „Ja, sie sagten es mir im…“
Mona: „Ich meine, als sie rauskamen?“
Wael: „Nein, nicht sofort als ich rauskam…Bevor ich rauskam, sagten sie es mir in der letzten Befragung. Sie erzählten mir von den Ereignissen, sie erzählten mir von allem, was passiert war.“
Mona [in die Kamera]: „Die Wahrheit ist, dass dies das Erste war, nach dem Wael mich fragte. Er fragte, was machen wir jetzt? Es gibt ehrwürdige und berühmte Personen in diesem Land und vielleicht denken Sie, es ist jetzt nicht die richtige Zeit, um darüber zu reden. Sobald jene von der Idee, dieser Manie hörten [gemeint sind die Menschen, die sich in Brand steckten, Anm. d. Übers.], oder dass es möglich war, in irgend einer Form beizutragen, damit die Situtation nicht abflauen würde oder eine Partei auf Kosten einer anderen schmeicheln würde, fühlten sie es als ihre Pflicht. Diese Leute, die starben, waren unsere Kinder und Brüder und sie hatten keine persönlichen Ambitionen. Und die Fotos, die wir vorhin gezeigt haben, zeigen es…Haben Sie diese Fotos gesehen, Wael?“
Wael: „Nein, ich habe noch kein einziges gesehen.“
Mona: „Sie sind gerade auf dem Bildschirm. Jugendliche wie Blüten, Blüten in einem Garten. Sie sind diejenigen, die fielen. Siewollten nichts…weine nicht, Wael.“
Wael: [weint]
Mona: „Diese Leute wollten keine politischen Parteien anführen oder Menschen von Armut zerstört [sehen] und die Welt erschien ihnen öde und trostlos. Sie zogen aus für Ägypten, für den Willen dieses Landes und sagten: ‚Was die Generationen vor uns nicht tun konnten, wir können es. Wir sind keine Aktivisten, wir kriegen von niemandem Geld dafür, wir wollen nur sagen, daß wir uns Land lieben.
Wenn ich die Möglichkeit dazu hätte diese Namen zu nennen, oder einen bestimmten Namen, würde ich jetzt direkt sagen, dass finanzielle Hilfe oder entsprechende Unterstützung bereit steht. Ich kann nicht mehr sagen, weil ich nicht die Freiheit dazu habe.“
Wael: „Ich will jeder Mutter und jedem Vater, die einen Sohn verloren haben, sagen, dass es mir Leid tut. [weint]. Ich schwöre zu Gott, es ist nicht unsere Schuld! Es ist die Schuld eines jeden, der an der Macht festhielt und sich an sie klammerte [weint]. Ich will gehen [verlässt Studio].“
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