ergeht folgendes Urteil“
In kaum einem anderen Land der Welt gibt es so wie in Deutschland die penibelsten gesetzlichen Regelungen aller Art, die das Zusammenleben ordnen und organisieren sollen. In diesem Wust an Durchführungsbestimmungen erstickt jegliches kreatives Handeln und eigenverantwortliche Entscheidungen.
Eigentlich sollte man annehmen, dass damit alles immerhin seinen Trottelgang nimmt, aber weit gefehlt. Auf Staatskosten – das heisst die Zeche zahlt die Bevölkerung – prozessieren sich die Anwälte, die es besser wissen durch sämtliche Instanzen – dicke Honorare in ihre Taschen. Vielen Bürgern ist wegen mangelnder Liquidität dieser wahre deutsche Canossagang verwehrt. Das Resultat ist, dass diese Berufsgenossenschaft zu einer korrupten Einnahmequelle-Industrie verkommen ist.
Ständig ist das Bundesverfassungsgericht damit beschäftigt, Einzel- und Sammelklagen von Bürgern und Organisationen zur letzten hochrichterlichen Entscheidung zu „beurteilen“ und nach dem geltenden Recht des Grundgesetzes zu korrigieren.
Die meisten dieser eingereichten und angenommenen Klagen betreffen politische Entscheidungen oder Willkür der Behörden, die die vorletzte Instanz unbegründet im Interesse des Verklagten abgewiesen hatte, was kein gutes Licht auf diese betreffende träge oder parteiliche Richterschaft wirft, deren täglich Brot die Beschäftigung der gültigen Rechtslage ist.
Das jüngste ausgesprochene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes betraf die Klage einer Frau, die auf dem Flughafengelände von Frankfurt an die Anwesenden einfach nur Flugblätter im Dienste einer sozialen Angelegenheit verteilte, um auf herrschende Missstände aufmerksam zu machen. Die Folge war ein Hausverbot der Flughafengesellschaft.
Die Richter des Ersten Senats des BVerfG sahen darin einen ganz klaren Verstoss gegen die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht.
Urteil vom 22. Februar 2011, Aktenzeichen – 1 BvR 699/06 – gegen
a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2006 – V ZR 134/05 -,
b) das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2005 – 2/1 S 9/05 -,
c) das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2004 – 31 C 2799/04 – 23 –
1. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2006 – V ZR 134/05 -, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Mai 2005 – 2/1 S 9/05 – und das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2004 – 31 C 2799/04 – 23 – verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 und der Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Die Urteile werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
2. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Hier der Link zu der Webseite mit dem veröffentlichten gesamten Urteil zu dem Verfahren zum eigenen Studieren:
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110222_1bvr069906.html
Artikel zum Thema – ein Bruchteil der Verstösse gegen unsere in der Verfassung verankerten Grundrechte:
06.01.2011 Bundesverfassungsgericht zu Razzia in Hamburger Radio-Redaktion
22.11.2010 Bundesverfassungsgericht entscheidet heute zu Gentechnik-Gesetz
14.10.2010 Universelle Menschenrechte vor dem Bundesverfassungsgericht – ein offener Brief an die taz
22.09.2010 Bundesverfassungsgericht weist Müller-Milch ab: Gen-Milch ist und bleibt Gen-Milch
24.08.2010 Kanonen und Spatzen vor dem Bundesverfassungsgericht – oder wofür die Bundeswehr im Inneren?
22.06.2010 Bundesverfassungsgericht: Durchsuchung von Demonstranten durch Polizei
03.06.2010 Rücktritt des Bundespräsidenten wegen Verfassungsbeschwerde gegen IWF- Ermächtigungsgesetz?
30.05.2010 Verfassungsbeschwerde gegen Euro-Stabilisierungsmechanismus
01.07.2009 Wir sind Souverän
Die Bedeutung des Urteils zum Lissabon-Vertrag durch das Bundesverfassungsgericht wird der neuen Berliner Republik erst langsam bewusst werden.
Gestern urteilte der Bundesverfassungsgerichtshof, es sei “allein die verfassungsgebende Gewalt, die berechtigt ist, den durch das Grundgesetz verfassten Staat freizugeben, nicht aber die verfasste Gewalt”. Ebenso sei “keinem Verfassungsorgan..die Kompetenz eingeräumt, die nach Art. 79 Abs. 3 GG grundlegenden Verfassungsprinzipien zu verändern. Darüber wacht das Bundesverfassungsgericht.” Artikel 79 Absatz 3 definiere als “absolute Grenze” die Anpassung des Grundgesetzes an die EU, dessen “geschützter Mindeststandard” nicht unterschritten werden darf.
30.06.2009 Lissabon-Vertrag darf vorerst nicht unterzeichnet werden
29.06.2009 Bundesverfassungsgericht: Recht auf informationelle Selbstbestimmung höher als willkürliche Anordnung der Gerichte zur Speicherung des “genetischen Fingerabdrucks” bei Straftaten
08.03.2009 Baum (FDP) zu BND-Affäre: Bundesregierung log über weltweite Internetspionage
26.01.2009 Hartz IV-Regelsätze müssen von Verfassungsgericht überprüft werden
01.08.2008 Gauweiler und Schachtschneider: Sieg über Regierung, Parlament, Präsident