Wer trägt mich die Treppe hoch? Rette sich, wer kann!

Behinderte, Senioren und Mütter fordern barrierefreie Fluchtwege

Vertreter der Initiative Barrierefrei – gegen Stuttgart 21, der Kinderwagendemo und der Senioren gegen Stuttgart 21 zeigen, mit welchem Hohn und mit welcher Ignoranz die Bahn weniger mobilen Menschen entgegentritt. Sie fragen ‚Wer trägt mich die Treppe hoch?‘, denn darauf wären sie bei einem Evakuierungsfall im Tunnelbahnhof angewiesen.

„Stuttgart 21 steckt voller Barrieren für uns Rollstuhlfahrer. Daher haben wir die „Initiative Barrierefrei gegen Stuttgart 21“ gegründet, um auf diese grundlegende Fehlplanung aufmerksam zu machen“,

sagt Attila Medgyesi, der seit 16 Jahren im Rollstuhl sitzt.

„Barrierefreie Fluchtwege sind eine Illusion in einem Tiefbahnhof, für Rampen ist kein Platz. Diese Planung ist ein Hohn, vor allem wenn man bedenkt, dass Stuttgart einen sehr gut funktionierenden, sehr leistungsfähigen und wirklich barrrierefreien Bahnhof hat. Die Bahn und die Bundesregierung diskriminieren alle, die nicht leichtfüßig die Treppe hochspringen können, und das, obwohl die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag verspricht, Barrieren abzubauen, statt neue zu schaffen.“

Die Hochglanzbroschüren zu Stuttgart 21 loben Geißlers Schlichterspruch, er schlage

„folgende unabdingbare Verbesserungen vor: […] Die Durchgänge im neuen Bahnhof müssen verbreitert werden, die Fluchtwege sind barrierefrei zu machen.“

Auf Nachfrage bei der Bahn antwortete Technikvorstand Volker Kefer persönlich:

„[…] Hinsichtlich der Frage nach Rampen muss festgestellt werden, dass für eine selbstständige Nutzung durch Rollstuhlfahrer eine so flache Neigung vorgeschrieben ist, dass sich die Länge einer Rampe auf dem Bahnsteig zur Erreichung der ca. 7m höher liegenden Stege nicht ohne andere, wesentliche Nachteile darstellen ließe […]“

(die Rampen müssten über 140 Meter lang sein). Barrierefreie Fluchtwege wird es mit Stuttgart 21 also nicht geben.

Weiter schreibt Volker Kefer:

„Der Brandfall im Bahnsteigbereich ist insoweit ein besonderer Evakuierungsfall, weil dann die Nutzung von Aufzügen nicht gestattet ist. […] Wir gehen davon aus, dass Mitreisende, sowie Mitarbeiter der DB und ggf. anwesende Sicherheitskräfte die Evakuierung von Menschen mit Gehbehinderungen im Rahmen der Hilfeleistungspflicht schon in der Selbstrettungsphase unterstützen. Entsprechende Aufforderungen zur Unterstützung sind auch Bestandteil der Lautsprecherdurchsagen im Störungsfall. […]“

Ein erwachsener Mensch wiegt durchschnittlich ca. 80 kg. Auch zu zweit sind die wenigsten Menschen körperlich in der Lage, eine solche Last über eine längere Strecke zu tragen, schon gar nicht eine lange Treppe hoch und in einer Paniksituation. Es gilt also ‚Rette sich, wer kann‘, das bestätigt auch ein erfahrener Feuerwehrmann.

Das Beispiel Schweiz zeigt, dass es möglich ist, Bahnhöfe barrierefrei anzulegen, egal ob Durchgangs- oder Kopfbahnhof. Seit Jahren werden Unterführungen zwischen den Bahnsteigen hier mit entsprechend langen und flachen Rampen ausgestattet. Das freut auch Familien und Radfahrer, denn über die Rampe ist man allemal schneller, als mit dem Aufzug auf den man meist lange warten muss und der oft zu klein ist für Fahrrad, Kinderanhänger oder ähnliches.

Stuttgart, 10. März 2011

Rückfragen an Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer, Tel. 0174-7497868 oder an Carola Eckstein, Tel. 0152-53684818

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