Während Bündnis 90/Die Grünen in der neuesten Emnid-Umfrage stabil bei 24 Prozent bleibt, sinkt die SPD auf das Ergebnis der Bundestagswahl 2009, für das ihr damaliger GröKaz (größter Kanzlerkandidat aller Zeiten) und heutiger Fraktionsvorsitzender im Bundestag Frank-Walter Steinmeier verantwortlich zeigte. Damit beweist die Partei von ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin die Kontinuität und Stabilität von erfolgreichen Verlierern.
Derweil winken, ebenfalls in nackter Panik, die alten Kader in der Berliner Parteizentrale von Bündnis 90/Die Grünen wild armrudernd aus dem Fenster. Überholen, Sozens, bitte wieder überholen. Sonst müssen wir uns der CDU anbiedern, um unseren Laden wieder runter zu quatschen. Da diese natürlich ebenfalls absäuft, weil die Leute von dem ganzen „Weiter so mit Nichts als Macht“ der letzten 21 Jahre die Schnauze voll haben, stehen auch in der Bundeshammelherdenleitung von Bündnis 90/Die Grünen die Schäfer im Schafspelz vor dem gleichen Problem wie der Rest der Nomenklatura Deutschlands: Wie machen wir einfach weiter was wir wollen, ohne dass diese verdammte Demokratie, diese Herrschaft des (Partei)Pöbels ausbricht?
Zuerst einmal das Ergebnis der wöchentlichen Emnid-Umfrage im Einzelnen:
CDU/CSU 32 % (-1)
SPD 23 % (-2)
Bündnis 90/Die Grünen 24 %
Linke 9 % (+1)
FDP 5 % (+1)
Andere 7 % (+1)
Ja was macht man nun? Nun, der „Spiegel“, ein Haufen privilegierter Nichtskönner, die jeden Wettbewerb nur ohne Gegner gewinnen können, versuchte es heute entsprechend wieder auf seine ganz dumme Tour. Nachdem sich von U-Booten aus der Parteileitung von Bündnis 90/Die Grünen entsprechende Papiere besorgt wurden, veröffentlichte man Zitate Jürgen Trittins bei einem Fraktionstreffen der linken Nomenklatura innerhalb der Grünen. Offensichtlich entstammen diese einer „19-seitigen Wahlanalyse aus dem linken Parteiflügel“, die auf dem freien Markt der Informationsbeschaffung irgendwie in den Besitz des schönsten Spiegels an der Wand kam.
Trittin, derzeit mit Renate Künast Führer der grünen Bundestagsfraktion, verlangte bei einer Versammlung „linker Fundamentalisten“ („Spiegel“), dass die Grünen sich „eher früher als später“ von der Regierungspartei Angela Merkels als Regierungspartner nach der Bundestagswahl 2013 distanzieren solle. Eher sei ein Bündnis mit der zur Zeit schwächeren SPD sinnvoll.
Übersetzt heisst das: Trittin wagte es, darüber nachzudenken, ob man vielleicht mit der eigenen Partei gegen CDU und SPD gewinnen und, zum ersten Mal in der lediglich 36 Jahre jungen Geschichte gemeinsamer parlamentarischer Demokratie der Deutschen, den Kanzlerin / den Kanzler stellen solle. Trittin schloss mit wahrlich fundamentalistischer Logik, dass ein grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann in einem erzwertkonservativen Flächenländle wie Baden-Württemberg in 2011 eventuell auch einen Bundeskanzler Winfried Kretschmann nach der Bundestagswahl 2013 bedeuten könne.
Nein. Natürlich hat das Trittin so nicht gesagt. Aber genau darum geht es hier.
Die Vorstellung, ein „Seiteneinsteiger“ aus Baden-Württemberg könne in die geostrategisch verplante Mafia von Berlin-Mitte einbrechen und Kanzler im essentiellen EU- und Nato-Standort Deutschland werden, jagt den etablierten Verlierern in den Staatsparteien, den staatlich gestützten Banken, der bevorteilten Großindustrie und den hochbezahlten Berufslügnern in ihren medialen Vertriebsstellen, genau die Höllenangst ein, die sie eigentlich dem Volk machen wollten.
Wie der nur noch am Notstandsnagel an einer mit Teufelsbildern schon voll bemalten Wand hängende „Spiegel“ weiter zitierte, sei der grün-rote Wahlsieg in Baden-Württemberg das Ergebnis einer „rot-grünen Zuspitzung“. Dieses Zitat von Trittin zeigt, dass auch er jeden Morgen scheinbar in einer anderen Zeitrechnung aufsteht und ebenfalls keinen Schimmer davon hat, was hier in der Republik eigentlich vor sich geht.
Immerhin erkannte Trittin: der Wahlsieg in Baden-Württemberg „entstand eben nicht durch ein Herankuscheln an die politische Rechte“. Eine „wabernde Schwarz-Grün-Debatte“, so Trittin, könne den Grünen schaden. In Baden-Württemberg seien eben Bündnis 90/Die Grünen und nicht deren bisheriger Koalitionspartner SPD „der Gegenspieler zur Union in zentralen gesellschaftlichen Polarisierungsthemen“ gewesen. Für jeden, der die politischen Vorgänge in Baden-Württemberg seit der Entstehung der Stuttgarter Bewegung gegen das urbane Umstrukturierungsprogramm „Stuttgart 21“ mitverfolgt hat, ist das nichts Neues. Die Ausseinandersetzung um die längst überfällige Abschaltung aller Atomkraftwerke, nicht zuletzt auch Produzenten gigantischer Mengen an radioaktiven Mülls, tat ein Übriges.
Jetzt fragte man bei den Profiteuren der Macht der Gewohnheit offensichtlich, wie man diesen eigentlich normalen Vorgang eines Wahlsieges durch eine (immer noch in Teilen basisdemokratische) Partei verhindern könne. Der „Spiegel“ fand dazu eine interessante Definition: der Wunsch von grünen Parteikadern nach einer Regierungskoalition unter der CDU sei nicht einfach der heftige Wunsch potentielle Wähler wieder zu verscheuchen und in den Umfragen wieder hinter die SPD zu sinken, sondern das Pochen auf „Unabhängigkeit“ gegenüber der SPD.
Soll heissen: man solle sich nicht einseitig darauf versteifen nach der Bundestagswahl 2013 der SPD unter einer grünen Kanzlerin / einem grünen Kanzler ein, zwei Minister übrig zu lassen, sondern lieber vorher auch ein Bündnis mit CDU und CSU, sowie die entsprechende Wahlniederlage in Betracht ziehen.
Auf Landesebene versucht seit Monaten Renate Künast mit dieser Taktik der eigenen Partei so feste zu schaden, wie sie nur irgendwie kann. Dass diese Feststellung keine Demagogie ist, sondern simple Mathematik, begreift jeder, der die Umfragen kennt und rudimentärste Kenntnisse über Berlin besitzt. Zur Zeit stehen Bündnis 90/Die Grünen in Berlin bei 29 Prozent und die CDU bei 20. Rein rechnerisch könnte es also z.Z. knapp für grün-schwarz reichen. In Berlin ist jedoch die CDU traditionell ein Rechtsaußenverein, der zwischen dem übermächtigen Westberliner Flügel und der alten Blockpartei der Ost-CDU zutiefst zerstritten ist und der politischen Entwicklung seit dem Aus für Eberhard Diepgen hoffnungslos hinterher rennt. Sich diesem Verein auch noch anzubiedern – was Künast bereits getan hat – ist parteischädigendes Verhalten und offene Wahlhilfe für die CDU. Nichts anderes.
Dass diese Sabotage des (aus der Westberliner „Alternativen Liste“ hervorgegangenen) eigenen Landesverbandes nicht nur die Kandidatin auf das Amt der Bürgermeisterin Renate Künast betrieben hat, sondern auch der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus, Dirk Behrend, sowie einer der beiden Fraktionsvorsitzenden, der Rechtsanwalt Volker Ratzmann, sollte alle Mitglieder des Berliner Landesverbandes sehr, sehr nachdenklich stimmen. (Keinen neokonservativen grün-schwarzen Mist, Frau Künast!, 5.Dezember 2010)
Kommern wir nun noch zu einem dicken Schäfer in grünem Schafpelz, dessen Zeit nicht nur vorbei ist, sondern demnächst nach einem historischen Lichteinfall anders zu bewerten sein wird. Joschka Fischer, ehemals Aussenminister von 1998 bis 2005, wurde nun durch die Informationsindustrie in heller Not als möglicher „Kanzlerkandidat“ der Grünen für 2013 ausgebuddelt. Die „Bild“-Zeitung legte am Sonntag Morgen vor (1) und passte herüber zum „Spiegel“ (2). Der Rest der Meute dackelte hinterher.
Die Schmeichelei für den eitlen Bellizisten ist inhaltlich nicht der Rede wert. An dieser Farce relevant ist, dass sie den ganzen Grad der Verzweiflung der etablierten Kräfte zeigt. In 2013 jemanden zum Kanzler machen zu wollen, der seit 2005 aus der aktiven Politik ausgeschieden ist und nur hi und da mal wieder für irgendeinen Krieg wirbt, das wird schlicht nicht funktionieren. Man kann für diesen peinlichen Versuch der Nomenklatura nur wieder einmal dankbar sein. Das macht alles sehr viel einfacher.
So enttarnt sich jeder als das, was er ist.
(…)
Artikel zum Thema:
06.04.2011 Berliner Machtwechsel der Gewohnheit: Grüne bundesweit stärkste Partei
Bündnis 90/Die Grünen werden ballistisch. Mit einem Satz von plus sieben Prozent innerhalb von nur einer Woche steigen die Grünen in der im Auftrag von “Stern” und “RTL” erhobenen regelmäßigen Sonntagsfrage des Meinungsforschungskonzerns Forsa aktuell auf 28 Prozent und sind damit nur noch zwei Prozentpunkte hinter CDU und CSU. Da es sich bei diesen – das wird oft nicht begriffen – um zwei verschiedene Parteien handelt, ist Bündnis 90/Die Grünen demnach derzeit die stärkste der etablierten Staatsparteien in der Republik.
05.11.2011 Keinen neokonservativen grün-schwarzen Mist, Frau Künast!
Um 18.25 Uhr hat Renate Künast, die Kandidatin des Landesverbandes Bündnis 90/Die Grünen Berlin für das Amt der Oberbürgermeisterin, ihren großen Auftritt. Nach neokonservativer Logik haben nun alle Quatschdrohnen, Einflüsterer und Berufslügner der Hauptstadt sich in den letzten Wochen über diese Partei und ihre möglichen KandidatInnen für Exekutiv-Ämter hergemacht und ihnen beigebracht, dass es jetzt mal an der Zeit sei dem Gegner zu helfen – der CDU.
19.08.2010 Wer wird eigentlich Kanzlerkandidat(in) von Bündnis 90/Die Grünen?
Wer wird eigentlich der Kandidat bzw die Kandidatin der Partei für das Kanzleramt bei der nächsten Bundestagswahl? Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen sind in gemeinsamer Doppelspitze Claudia Roth und Cem Özdemir. Kommen wir zuerst zu Cem Özdemir.
Quellen:
(1) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,757538,00.html
(2) http://www.bild.de/politik/inland/joschka-fischer/erstmals-mehrheit-fuer-gruenen-bundeskanzler-17462524.bild.html
Rechtschreibkorrektur am 25.05.2015