Vorsicht Bildungspaket: Jobcenter droht mit Leistungseinstellung!
Das hatte sich Hans W. ganz anders vorgestellt. Schließlich hatte er rechtzeitig das Bildungs- und Teilhabepaket beantragt, damit seine Kinder auch rückwirkend die Leistungen erhalten.
Und als gut informierter Bürger wusste er schon lange, dass nur bis Ende April Zeit ist. Eigentlich entspricht Hans W. so gar nicht dem von der Arbeitsministerin verbreiteten Klischee, wonach Eltern im Hartz IV-Bezug sich „nicht automatisch um die Bildung ihrer Kinder kümmern“ („Focus“ vom 19.04.2011).
Es geht auch immerhin um 108 Euro für seine Kinder. Also nahm er das vom Erwerbslosen Forum Deutschland zur Verfügung gestellte Antragsformular, da das Jobcenter Magdeburg noch überhaupt keine Antragsformulare hatte. Doch statt Bildung und Teilhabe für seine Kinder zu erhalten, übersandte ihm das Jobcenter am vergangenen Mittwoch ein Schreiben, dass er bis diesen Donnerstag seinen Mitwirkungspflichten nachkommen soll und bestimmte Nachweise für die Bildung seiner Kinder beibringen soll. Andernfalls könnten die Leistungen für die ganze Familie komplett eingestellt werden (Schreiben des Jobcenters: http://www.elo-forum.net/wp-content/uploads/2011/04/jobcenter_magdeburg.pdf ).
Da muss sich die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen nicht wundern, dass selbst gut informierte Menschen lieber einen solchen Antrag nicht stellen, wenn sie befürchten müssen, dass ihr Antrag zum Anlass genommen wird, der ganzen Familie die Streichung des Lebensunterhalt anzudrohen, wenn nicht nachgewiesen wird, was man von Januar bis März mit den 10 Euros gemacht hat. Die Kinder haben einen Rechtsanspruch auf rückwirkende Zahlungen. Nachweise sind für Januar bis März nicht erforderlich! Das entsprechende Gesetz ist dazu eindeutig,
so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.
Wie Hans W. erging es inzwischen auch anderen Menschen in Magdeburg, die ähnliche Schreiben erhielten und nun darum bangen, im nächsten Monat ohne Leistungen dazustehen. Sollte bei Hans W. oder anderen betroffenen Menschen aus Magdeburg tatsächlich die Leistungen eingestellt werden, kündigt das Erwerbslosen Forum Deutschland rechtliche Unterstützung gegen das Jobcenter an.
Nach wie vor herrscht ein großes Chaos in den örtlichen Kommunen. So versendete das Jobcenter Gelsenkirchen noch in diesem Monat Schreiben, denen zu entnehmen war, dass der Vermittlungsausschuss zu keinem Ergebnis gekommen sei und somit die Hartz IV-Reform nicht in Kraft getreten sei (http://www.elo-forum.net/wp-content/uploads/2011/04/jobcenter_gelsenkirchen.pdf ).
Im Jobcenter Bonn konnte man auch letzte Woche immer noch keine Hinweise oder Infos entdecken, dass Anträge für Kinder gestellt werden sollten. Im Rhein-Erftkreis gibt es zwar ein Antragsformular, das jedoch nicht online zur Verfügung gestellt wird. Auf vielen Webseiten der Jobcenter wird zwar darauf hingewiesen, dass ab 1. April Anträge gestellt werden können. Einen entsprechenden Antrag sucht man aber vergebens. Auch die Informationen zu dem Bildungspaket sind eher dürftig und verweisen nur zu oft auf die Website der Arbeitsministerin, die außer „Gute Laune Filmchen“ kaum Infos anzubieten hat.
„Die Antragstellung gestaltet sich weiterhin schwierig und immer noch wissen viele Eltern nicht, dass ihre Kinder anspruchsberechtigt sind. Die massive Kritik von Erwerbsloseninitiativen hat zwar eine Verlängerung der Antragsfrist bewirkt, dennoch ist das Bildungs- und Teilhabepaket bürokratisch überfrachtet. Bildung gehört in die Schulen und nicht in Behörden, die dann doch nur Bildung kompliziert verwalten“,
so Behrsing. Das Erwerbslosen Forum Deutschland fordert zudem, allen anspruchsberechtigten Kindern die rückwirkenden Leistungen für die Monate Januar bis März in Höhe von 108 Euro ohne Antragstellung auszuzahlen. Einen Rechtsanspruch muss man nicht mit Anträgen erschweren!
Magdeburg/Bonn 26.April 2011
Weitere Infos und Downloads unter: http://www.erwerbslosenforum.de/ Kontakt: Martin Behrsing 0160/99278357 (Erwerbslosen Forum Deutschland)