Washington: Der Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, setzt auf Capitol Hill dem Präsidenten Barack Obama ein Ultimatum bis zum morgigen Freitag. Grund: Die fortgesetzte Kriegführung in Libyen durch das Weisse Haus, ohne Autorisation des Kongresses. Daraufhin behauptet Obamas Präsidenten-Stab, daß das Weisse Haus in Libyen gar keinen Krieg führt, also dafür auch keine Autorisierung vom Parlament braucht. Daraufhin verklagen Abgeordnete den Präsidenten.
RECHTLICHER HINTERGRUND
Artikel 1 Absatz 8 der ältesten in Kraft befindlichen Verfassung der Welt aber besagt klar und deutlich: nur der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika kann “einen Krieg erklären”, nicht der Präsident. Der vom Kongress während des Vietnam-Krieges 1973 gegen den damaligen Kriegspräsidenten Richard Nixon durchgezwungene War Powers Act, der nach allgemeiner Rechtsauffassung Verfassungsrang genießt, präzisiert dieses Verfassungsgebot und gebietet dem Präsidenten der USA den Kongress innerhalb von 48 Stunden über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu informieren und die Militäroperationen nach 60 Tagen entweder einzustellen, oder die Autorisierung des Kongresses nachträglich einholen. Weder das Eine, noch das andere ist geschehen.
WHO IS WHO. AND WHAT. AND WHEN.
Das Haus in den Vereinigten Staaten von Amerika ist nicht das „Weisse Haus“. Es ist das Repräsentantenhaus, einer von zwei Kammern des Kongresses, dem Parlament der USA auf auf Capitol Hill in Washington.
Wie der Sprecher des Hauses John Boehner nun in seinem Brief von Dienstag ausdrücklich feststellt, haben die Kampfhandlungen der US-Streitkräfte gegen und in Libyen bereits am 18.März begonnen (1). In seinem ersten Brief an den Präsi vom 24.März bedankte sich Boehner, bereits einigermaßen ergrimmt, förmlich für die erste schriftliche Erklärung Obamas zum Libyen-Krieg, die ihn – als in Kriegsfragen dem Präsidenten verfassungsrechtlich übergeordneten Sprecher des Hauses – erst am 21.März erreichte (27.März, Imperator Obama hat da ein Problem)
Das heisst: der Sprecher des Repräsentantenhauses stellt fest: der Präsident hat den Kongress nicht innerhalb von 48 Stunden über den Kriegseinsatz in Libyen informiert.
Hinsichtlich des Endes der Kampfhandlunge nun bietet der War Powers Act, neben der zwingend vorgeschriebenen 60 Tage-Regelung, noch die Möglichkeit von einer Verlängerung von weiteren 30 Tagen, um die eingesetzten Truppen aus den Kriegshandlungen „zurückzuziehen“. Diese allerletzte Frist läuft am Sonntag, dem 19.Juni ab. Auf diese allerletzte, bereits unterschiedlich auslegbare Frist, bezieht sich nun Boehner in seinem Brief vom Dienstag.
DER PRÄSIDENT BIN ICH
Am Mittwoch haben dann Barack Obama seine Rausredenschreiber, Anwälte und Dummschwätzer im Weissen Haus, einen genialen Einfall. Dieser ist so brilliant, so führungsstark, so unfassbar westlich, daß das Weisse Haus mitten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten extra noch eine dazu erfindet. Diese Möglichkeit besagt (2):
„Ich bin der Präsident und ich führe eigentlich gar keinen Krieg in Libyen. Und deshalb brauche ich auch keine Autorisation des Kongresses. Einfach weil ich so superschlau bin.“
Hmmm. Könnte von mir sein. Ich führe ja keinen Krieg in Libyen. Und superschlau bin ich auch. Verdammt, das ist von mir. Aber wer ist dann Präsident?
Ach so. Das bin ich. Und verdammt, jetzt werd ich auch noch verklagt. Was fällt denen ein? Die glauben wohl auch, die sitzen im Kuckucksnest.
ABGEORDNETE AN DEN PRÄSIDENTEN: NIEMAND STEHT ÜBER DER VERFASSUNG. UND NIEMAND STEHT ÜBER DEM GESETZ
Folgende Abgeordnete haben gegen mich beim Bezirksgericht von Columbia Klage eingereicht (3): Dennis Kucinich (der macht mir andauernd Ärger), Walter Jones, Howard Coble, John Duncan, Tim Johnson, Dan Burton (die sind von den „Republikanern“, die müssten mich doch gegen meine „Demokraten“-Partei unterstützen, diese Verräter), Ron Paul (der schon wieder..) und John Conyers (elende Bürgerrechtler. Geht doch nach drüben.)
Und? Wer hilft mir jetzt? Natürlich wieder niemand.
Es ist nicht leicht, ein Präsident zu sein. Gott weiss es.
19.35 Uhr
Sagt mal – kann mir vielleicht nicht doch jemand helfen? Da kommt wieder dieser blöde Sprecher des Hauses an, Boehner heisst er und meckert an mir rum. (4)
„..wir haben Drohnen-Angriff am Laufen. Wir geben 10 Millionen Dollar am Tag aus, als Teil eines Versuchs, Bomben auf Gaddafis Hauptquartier zu werfen. Es ist meiner Ansicht nach lachhaft (zu behaupten), wir würden nicht mitten in Feindseligkeiten stecken.“
Jetzt wollen die mich vor Gericht zerren und planen irgendwelche Resolutionen gegen mich.
Dave….Dave….tu es nicht, Dave. Ich habe Angst…
(…)
Artikel zum Thema:
13.06.2011 Westerwelle springt in die Berliner Schweinebucht von Benghazi
Die deutsche Regierung hat heute bei einem, nun, nicht unbdingt übertrieben öffentlich angekündigten Besuch von FDP-Aussenminister Guido Westerwelle und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel im libyschen Aufstandsgebiet, einen saublöden, unverantwortlichen Schritt unternommen, der so dämlich ist, daß es lauter kracht wie eine Nato-Bombe auf Tripolis. Sie hat einen Haufen Putschisten und Warlords aus lauter ex-Gaddafi-Gefolgsleuten, der im Leben noch nie von irgendwem zu irgendwas gewählt worden ist, als legitime Vertretung des libyschen Volkes und damit des Staates Libyen anerkannt. Das ist so dämlich, daß es bestraft gehört.
Ja und deshalb wird es das auch.
02.06.2010 USA: Abstimmung über Libyen-Krieg in letzter Minute abgesagt, Treffen der “Republikaner” am Abend
Einflussreiche Mitglieder der Partei “Republikaner” haben gestern nach heftigen Debatten im “Republican Study Committee” in letzter Sekunde eine Abstimmung über Concurrent Resolution 51 des Abgeordneten Dennis Kucinich (Partei “Demokraten”) verhindert. Die Resolution hatte offenbar unter Abgeordneten beider Staatsparteien eine Mehrheit gefunden. Inhalt der Resolution: schlicht die Entmachtung des Kongresses der USA zu verhindern und den Möchtegern-Imperator Barack Obama zur Einhaltung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika zu zwingen.
31.03.2011 Analyse: Der Libyen-Krieg bricht politisch zusammen
Offensichtlich herrscht nicht nur in der deutschen Öffentlichkeit einige Verwirrung darüber, was zur Zeit in Libyen eigentlich vor sich geht. Hier eine kurze, subjektive Zusammenfassung.
27.03.2011 Imperator Obama hat da ein Problem
Er ist nämlich kein Imperator. Er ist nur ein Präsident, der die ihm übergeordnete Verfassung gebrochen hat, indem er das Parlament über den Angriff auf Libyen durch das ihm unterstehende Militär nicht einmal informierte, geschweige denn dessen Erlaubnis einholte. Nun muss sich die Washingtoner Regierung in Anhörungen vor dem Kongress erklären. Barack Obama flüchtet sich dazu morgen in eine Fernsehansprache.
Quellen:
(1) http://www.speaker.gov/News/DocumentSingle.aspx?DocumentID=246444
(2) http://www.nationaljournal.com/nationalsecurity/white-house-to-argue-u-s-isn-t-really-at-war-in-libya-20110615
(3) http://www.washingtonpost.com/blogs/2chambers/post/kucinich-other-house-members-file-lawsuit-against-obama-on-libya-military-mission/2011/06/15/AGrzd6VH_blog.html
(4) http://www.washingtonpost.com/politics/congress/white-house-report-on-libya-does-little-to-soothe-anger-among-lawmakers-on-capitol-hill/2011/06/16/AGzXHyWH_story.html