Die Murdoch-Affäre

Medienmogul Rupert Murdoch ist Leiter des weltweiten Konglomerates  „News Corporation“, dem zweitgrößten Konzern der planetaren Informationsindustrie. Londoner Zweigstelle der News Corp. ist „News International“. Deren Ableger sind u.a. die Zeitungen „Times“, die „Sun“ und die „News of the World“.

Über die Ausmaße des nun bekannt gewordenen Spionage-Skandals um „News of the World“, der bereits zu einer Rupert Murdoch-Affäre heranwächst, hier nun ein paar Einzelheiten.

Kaum aus den Ferien wieder zurück, widmete sich Jon Stewart gestern in seiner „Daily Show“ einmal ausführlich dem Skandal um die „News of the World“ (NoW).

Dabei ging es durchaus unterhaltsam zu. Schauen Sie:

Der NoW-Skandal wird in Großbritannien derweil immer mehr zu Murdoch-Affäre. Es ist schlicht unmöglich, das gesamte Ausmaß der Spionage-Affäre umfassend zu beschreiben und mit Quellen zu belegen, da ständig neue Einzelheiten ans Licht kommen. Von den auch in Stewarts „Daily Show“ angeschnittenen Praktiken aus dem Murdoch-Konglomerat heraus – Abhören und/oder Manipulieren von Telefonen und Anrufbeantwortern von Familien in Irak und Afghanisten getöteter britischer Soldaten, von Opfern des 11.Septembers, von der 2002 entführten 13-jährigen Milly Dowler, die später ermordet aufgefunden wurde, sowie der Zahlung regelmäßiger Bestechungsgelder an Scotland Yard – einmal ganz abgesehen, hier ein paar Highlights der Affäre.

– der damalige Chefredakteur von „News of the World“, Andy Coulson, musste im Januar 2007 wegen einer bereits damals bekannt gewordenen Spionage-Affäre als NoW-Chefredakteur zurücktreten. Dafür wurde er im Mai 2010 „Kommunikations-Direktor“ (Medien-Stratege) vom neuen Premierminister David Cameron („Konservative“), bis Coulson am 27.Januar schließlich auch von diesem Amt zurücktreten musste und am 8.Juli verhaftet wurde.

Andrew „Andy“ Hayman, der höchstrangige staatliche Counterterror-Spezialist Großbritanniens, Leiter der Sonderoperationen der Londoner Polizei ( (Metropolitan Police), Leiter der Untersuchungen zu den nicht verhinderten Attentaten am 7.Juli 2005 in London, sowie offensichtlich hochtalentierter Autor von „Der Terroristen-Jäger“, wurde nach seinem Abgang aus der Londoner Metropolitan Police, wegen „unangebrachten Verhaltens“ gegenüber zwei Polizistinnen, Redakteur von „News of the World“. Bereits vorher hatte er, hi und da, für die Murdoch-Zeitung gearbeitet.

Auch dies warf die Frage auf, wie über 4000 Telefonanschlüsse und Sprachboxen überwacht und ausspioniert werden konnten. Bisher wird alles einem einzigen Privatdetektiv namens Glenn Mulcaire angelastet, der bisher lediglich angeben musste, er habe sämtliche Zugangsdaten und Passwörter irgendwie „bekommen“ (1).

– angeblich nur durch „Privatdetektive“ konnte sich der „News International“-Konzern von den folgenden Personen Daten beschaffen: vom ehemaligen Premierminister Gordon Brown, dessen Vorgänger Tony Blair, dessen früherem Strategen und Medienberater Alastair John Campbell, dem frühere Vize-Premierminister John Prescott und dessen politischem Berater Joan Hammell, von ex-Handelsminister Peter Mandelson, dem Außenminister zu Zeiten der Irak-Invasion und vorherigen Innenminister Jack Straw, dessen Nachfolger als Innenminister David Blunkett, Europa-Minister Chris Bryant, sowie Medienministerin Tessa Jowell und ihrem Sonderberater Bill Bush.

Wie leider gerade heutzutage immer wieder vergessen wird: Wissen ist  Macht. Jedes Wissen kann auch der Erpressung dienen, oder sagen wir mal – dem Ausüben von Einfluss.

Vorgestern schrieb der „Guardian“ (2) zum Einfluss Rupert Murdochs in der britischen Regierung:

„Während seiner Jahre an der Macht, hatte Blair regelmäßige geheime Treffen mit Murdoch, viele in Übersee („abroad“) und war in regelmäßigem Telefonkontakt. Price (Anm.: Lance Price, ex-BBC-Journalist und ab 1998 Blairs Vize-„Kommunikations-Direktor“ unter Campbell) ging sogar soweit zu behaupten, daß Murdoch `wie das 24. Mitglied des Regierungskabinetts erschien`.

Blair bestand darauf, daß keine Aufzeichnungen von den Treffen oder Telefonaten behalten wurden, so daß sie komplett geleugnet werden konnten. Cherie Blair sagte, daß die Entscheidung ihres Ehemanns in den Irak-Krieg zu ziehen eine „knappe Entscheidung“ gewesen sei. So war es – und es gibt Hinweise, daß die endgültige Entscheidung erst getroffen wurde, nachdem die Unterstützung Murdochs in Empfang genommen und sein Segen gegeben worden war.

In den zehn Tagen vor der US-geführten Invasion sprach Blair mit dem Medien-Tycoon dreimal via Telefon. Unter dem Freedom of Information Act erhaltene Angaben zeigen, daß Blair am 11.März, am 13.März und am 19.März 2003 Murdoch anrief. Am 20.März begannen britische und US-Truppen die Invasion, mit der öffentlichen Unterstützung der ´Times´ und der ´Sun´.“

– Gestern meldete nun der „Guardian“ (3), daß ein Detektiv mit Hilfe eines Polizisten die staatlichen Datenbanken nach Informationen über Gordon Brown durchsuchen konnte – während dieser als britischer Premierminister im Amt war. Außerdem wurde während Browns Amtszeit (2007-2010) in sein Buchhaltungs-Büro eingebrochen (angeblich online), seine Bankdaten, Steuerunterlagen, sowie medizinische Unterlagen über den Gesundheitszustand seines Sohnes gestohlen. Die medizinischen Unterlagen über Browns Sohn tauchten später in der Presse auf. Bown sprach diesbezüglich in einem heute veröffentlichten BBC-Interview (4) von Verbindungen vom „News Corp“-Ableger „News International“ zur „kriminellen Unterwelt“ und beschuldigte die „News International“-Zeitung „Sunday Times“ einen Artikel veröffentlicht zu haben, der explizit dazu gedient hatte ihn zu stürzen.

Die Tentakel der Murdoch-Affäre erstrecken sich über Presse und Erpressung, Medien und Manipulation, Mogule und Macht, Krieg und Manipulation der Öffentlichkeit, mutmasslich auch in die Grauzone zwischen Nachrichten, Nachrichtenagenturen und Nachrichtendiensten.

Die Namen der verstrickten Spione ihrer Majestät, vom Auslandsgeheimdienst MI6 und dem Inlandsgeheimdienst MI5, sind zur Zeit noch nicht alle öffentlich bekannt. Und die bekannt sind, sind der Öffentlichkeit unbekannt.

17.30 Uhr

Rupert Murdoch und seine Vertraute Rebekah Brooks, Leiterin seines Londoner Ablegers „News International“, sind vom Dörnröschen des britischen Unterhauses, dem Ausschuss für Kultur, Medien und Sport „gefragt“ worden, ob sie denn bitte-bitte dort erscheinen mögen. Zeugen in laufenden Untersuchungen vorladen kann der königlich-britische Parlamentsausschuss keine. Murdoch liess immerhin erklären, er warte noch auf eine formelle „Einladung“. Diese hatte er allerdings bereits 2009 im Zuge einer Spionage- und Korruptionsaffäre um „News International“ höflich ausgeschlagen. (5)

Die Polizei hat bisher lediglich 170 der in Privatdetektiv Glenn Mulcaires Unterlagen gefundenen 4000 Namen von Spionage-Opfern überhaupt kontaktiert. (6)

Zwei davon waren der Kronprinz Charles und die Herzogin von Cornwall, Camilla Parker Bowles. Ihre Namen finden sich, zusammen mit mindestens acht weiteren Mitgliedern des Königshauses, in den mehr als 11.000 handschriftlichen Notizen von Detektiv Mulcaire, welche die Polizei bereits 2006 beschlagnahmte. Nach Angaben aus dem Buckingham Palace wurden Prinz Charles und Lady Camilla durch die Polizei erst kürzlich darüber informiert. (7)

(…)

Quellen:
(1) http://www.heise.de/newsticker/meldung/Was-war-Was-wird-1276518.html
(2) http://www.guardian.co.uk/media/2011/jul/09/phone-hacking-scandal-rupert-murdoch
(3) http://www.guardian.co.uk/media/2011/jul/11/phone-hacking-news-international-gordon-brown
(4) http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-14119225
(5) http://www.guardian.co.uk/media/2011/jul/12/rupert-murdoch-invited-mps
(6) http://www.guardian.co.uk/media/2011/jul/12/thousands-phone-hacking-victims-contacted-met-sue-akers
(7) http://www.guardian.co.uk/media/2011/jul/11/phone-hacking-charles-camilla

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