Bundesverfassungsgericht ändert Stabilisierungsmechanismus-Gesetz – mit sofortiger Wirkung

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil 2 BvR 987/10 vom heutigen Tage das am 21.Mai 2010 vom Bundestag beschlossene „Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ de facto für verfassungswidrig erklärt, geändert und wieder in Kraft gesetzt. Ab sofort steht damit die luxemburgische Aktiengesellschaft EFSF („European Financial Stability Facility“), der sogenannte „Euro-Rettungsschirm“ bzw „Euro-Rettungsfonds“, unter Kontrolle vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages.

Der diesbezügliche Passus im Urteil:

„§ 1 Abs. 4 des Gesetzes verpflichtet allerdings die Bundesregierung lediglich dazu, sich vor Übernahme von Gewährleistungen zu bemühen, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages herzustellen, der ein Recht zur Stellungnahme hat (Satz 1 und 2). Sofern aus zwingenden Gründen eine Gewährleistung vor Herstellung des Einvernehmens übernommen werden muss, ist der Haushaltsausschuss unverzüglich nachträglich zu unterrichten, wobei die Unabweisbarkeit der Übernahme der Gewährleistung vor Herstellung des Einvernehmens eingehend zu begründen ist (Satz 3). Zudem ist der Haushaltsausschuss vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung zu unterrichten (Satz 4). Mit diesen Regelungen allein wäre der fortdauernde Einfluss des Bundestages auf die Gewährleistungsentscheidungen durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen – über die allgemeine politische Kontrolle der Bundesregierung hinaus – nicht sichergestellt. Denn diese Vorkehrungen würden – auch zusammen mit der Zwecksetzung, der Höhe des Gewährleistungsrahmens und der Befristung des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes – nicht verhindern, dass die parlamentarische Haushaltsautonomie in einer das Wahlrecht beeinträchtigenden Weise berührt wird. Daher bedarf es zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit einer Auslegung des § 1 Abs. 4 Satz 1 des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes dahingehend, dass die Bundesregierung vorbehaltlich der in Satz 3 genannten Fälle verpflichtet ist, die vorherige Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.

Da weder eine zeitliche Übergangsfrist genannt wird, sondern die Auslegung geltenden Rechts angeordnet wird, tritt diese vefügte Änderung des Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes sofort in Kraft.

Soll heissen: vor einer Übernahme von Übernahme von Gewährleistungen nach § 1 Absatz 1 Stabilisierungsmechanismus-Gesetz muss das Bundesministerium der Finanzen ab sofort die Zustimmung vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages einholen.

Quelle: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110907_2bvr098710.html