150. Geburtstag des BAYER-Generaldirektors am 29. Sept. / Coordination fordert Umbenennung von Straßen und Entzug der Ehrenbürgerschaft / verantwortlich für Giftgas-Einsatz und Zwangsarbeit
Am Donnerstag jährt sich zum 150. Mal der Geburtstag von Carl Duisberg, dem langjährigen Generaldirektor der BAYER AG und geistigen Vater der IG FARBEN. Der Chemiker war maßgeblich für den Aufstieg der einstigen Farbenfabrik BAYER verantwortlich. Im 1. Weltkrieg setzte er den Einsatz von Giftgas durch, betrieb die Deportation belgischer Zwangsarbeiter und forderte die Annexion großer Gebiete in Osteuropa. Höhepunkt von Duisbergs Lebenswerk war der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG FARBEN.
Jan Pehrke, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG):
„Carl Duisberg ging für Profite buchstäblich über Leichen. Wegen seiner Verantwortung für den Einsatz von Giftgas, die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und die enge Zusammenarbeit mit dem Nazi-Regime taugt der ehemalige BAYER-Generaldirektor nicht als Vorbild für künftige Generationen!“
Die CBG fordert eine Umbenennung der nach Duisberg benannten Schulen (z.B. das Carl Duisberg Gymnasium in Wuppertal), Straßen (so in Bonn, Krefeld, Dormagen, Marl, Dortmund und Leverkusen) sowie der gemeinnützigen Carl Duisberg-Centren. In einem Brief an den Leverkusener Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn fordert das Netzwerk zudem die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von Leverkusen.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatte Carl Duisberg rücksichtslos die Vermarktung von Heroin als angeblich harmlosem Hustenmittel betrieben. BAYER warb damals weltweit für seine „Wundermittel“ Aspirin und Heroin. Als ein Wissenschaftler das Suchtpotential von Heroin anprangerte, äußerte Duisberg – zu diesem Zeitpunkt Prokurist bei BAYER – man müsse die „Gegner mundtot schlagen“. Obwohl sich rasch die Gefahr der Abhängigkeit herausstellte, führte der Konzern den gewinnbringenden Verkauf über Jahrzehnte hinweg fort.
Historisch wichtig ist Carl Duisbergs Rolle bei der Ausbeutung von Zwangsarbeitern im 1. Weltkrieg. Im Herbst 1916 beklagte Duisberg den Mangel an Arbeitskräften und forderte mit dem Ausspruch „Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien“ den Einsatz von Zwangsarbeitern. Das Reichsamt des Inneren griff den Vorschlag der Industrie auf und ließ rund 60.000 Belgier deportieren, was international zu Protesten führte. Die Deportation gilt als Vorläufer des ungleich größeren Zwangsarbeiter-Programms im 2. Weltkrieg.
Zur selben Zeit entwickelte Carl Duisberg gemeinsam mit Fritz Haber Giftgase wie „Grünkreuz“ und „Senfgas“, testete diese erstmals an der Front und betrieb vehement ihren Einsatz – wissentlich gegen die Haager Landkriegsordnung verstoßend. Begeistert pries Duisberg den Chemie-Tod: „Die Gegner merken und wissen gar nicht, wenn Gelände damit bespritzt ist, in welcher Gefahr sie sich befinden und bleiben ruhig liegen, bis die Folgen eintreten.“ In Leverkusen wurde eigens eine Schule für den Gaskrieg eingerichtet. Zu Kriegsende befanden sich Duisberg und Haber auf den Auslieferungslisten der Alliierten und fürchteten eine Anklage als Kriegsverbrecher.
Der größte Erfolg für Carl Duisberg war die 1925 erfolgte Gründung der IG FARBEN, deren Aufsichtsratsvorsitzender er wurde. Den Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zum damals größten europäischen Konzern hatte Duisberg über Jahrzehnte hinweg betrieben.
Der Weimarer Republik stand Duisburg ablehnend gegenüber. Er organisierte Spenden der Industrie an konservative und nationale Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. 1931 forderte Duisberg: „Fortwährend ruft das deutsche Volk nach einem Führer, der es aus seiner unerträglichen Lage befreit. Kommt nun ein Mann, der bewiesen hat, dass er keine Hemmungen hat, so muss diesem Mann unbedingt Folge geleistet werden.“ Im selben Jahr verlangte Duisberg in einer Rede vor der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf die Schaffung eines europäischen Wirtschaftsblocks unter deutscher Dominanz.
Im Gegenzug für ihre Millionen-Spenden erhielt die IG FARBEN von den Nationalsozialisten Absatzgarantien für synthetischen Treibstoff und Kautschuk. Kein anderes Unternehmen kollaborierte in der Folge so eng mit dem Dritten Reich. Anlässlich seiner Pensionierung frohlockte Carl Duisberg denn auch: „Ich freue mich auf einen Lebensabend unter unserem Führer Adolf Hitler.“ Hitler wiederum kondolierte zum Tod Duisbergs 1935: „Die deutsche Chemie verliert in ihm einen ihrer ersten Pioniere und einen erfolgreichen Führer, die deutsche Wirtschaft einen ihrer großen Organisatoren. Sein Name wird in Deutschland in Ehren weiterleben.“
Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren abschließend:
„Carl Duisberg war ein überzeugter Nationalist, eine Persönlichkeit von patriarchaler Herrschsucht und ein erbitterter Feind der Gewerkschaften. Man kann Duisberg nur als „verbrecherisches Genie“ bezeichnen, das die Moral Zeit seines Lebens dem Geschäftssinn unterordnete.“
Die CBG beschäftigt sich seit den 80er Jahren mit der Geschichte des BAYER-Konzerns und war u.a. Herausgeber des Buchs „Von Anilin bis Zwangsarbeit – Die Geschichte der IG Farben“.