Stuttgarter besetzen Gelände bei altem Musikclub „Röhre“

Weiter Protest gegen Programm "Stuttgart 21": Parkschützer platzierten heute u.a. ein Banner am Hauptbahnhof

Weiter Widerstand gegen das Industrie und Immobilien-Programm „Stuttgart 21“ (S21)

Heute demonstrierten in der baden-württembergischen Landeshauptstadt unter dem Motto „Fakten klären statt Fakten schaffen!“ erneut Tausende vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof gegen drohende Abrissarbeiten und Baumfällungen. Parkschützer platzierten auf dem denkmalgeschützten Bonatz-Bau ein Transparent mit der Inschrift „DB: Sinnlos Fakten schaffen! Grün-Rot: Sinnvolle Fakten ignorieren?“. Matthias von Herrmann, Sprecher der Parkschützer, wandte sich direkt an Ministerpräsident Winfried Kretschmann:

„Herr Ministerpräsident Kretschmann, Sie dürfen nicht tatenlos hinnehmen, dass die Bahn sinnlos Fakten schafft! Die Bahn baut ohne Baurecht, vertuscht ihr Unvermögen, das anstehende Technikgebäude und den Nesenbachdüker zu bauen, verheimlicht die Fehler in ihrem Grund- und Mineralwassermodell und hat beim Stresstest betrogen. Herr Kretschmann, bei Ihrem Neujahrsempfang vor einer Woche haben Sie gesagt, die Landesregierung sei an Recht und Gesetz gebunden. Genau deshalb fordern wir Sie als Ministerpräsidenten auf, Ihrem Amtseid Folge zu leisten und Schaden vom Land und seinen Bürgern abzuwenden: Lassen Sie das Ergebnis des Stresstests durch unabhängige Experten überprüfen und lassen Sie nicht zu, dass ein guter Bahnhof zerstört wird für ein Milliardengrab, das auch im besten Fall weit weniger leistet als die bestehende Infrastruktur. Kontrollieren Sie Ihren Projektpartner Bahn!“

Wie „Cams21“ weiter berichtete, zogen im Anschluss an die Kundgebung

„hunderte Demonstranten vor dem seit dem 15. Januar geschlossenen Live-Club “Die Röhre” (neben dem Wagenburgtunnel) um gegen die Schliessung und die für heute Abend angedrohten Baumfällungen auf dem Gelände zu protestieren. Bis zur Stunde ist das Gelände von Demonstranten besetzt.“

Nachtrag: noch in der Nacht beginnen die von der Bahn AG beauftragten Firmen unter dem Schutz der Polizei mit den Fällungen von 30 Bäumen beim Wagenburgtunnel.

00.16 Uhr

Unter den wütenden Protesten der Stuttgarter rücken die Firmen an, mit Bagger und Container.

00.53 Uhr

In strömendem Regen harren immer noch Hunderte Demonstranten vor den Polizei-Absperrungen aus. Dabei setzt die Polizei Schlagstöcke gegen Demonstranten ein, die eine Hand auf die Gitter gelegt haben.

01.16 Uhr

Ein Aktivist klettert auf den Bagger und stoppt so kurzzeitig den Fortgang der Baumfällungen.

Die Parkschützer dazu in einer Pressemitteilung:

„´Was die Bahn hier macht, ist unzulässig´, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. ´Für die Baustelle, die hier eingerichtet werden soll, fehlen der Bahn sämtliche Genehmigungen. Es ist ein Hohn, wenn Ministerpräsident Kretschmann immer wieder predigt, die Regierung müsse sich an Recht und Gesetz halten, nun aber erneut Polizisten eine Baustelle ohne Baurecht durchsetzen. Die Erörterung zu den von der Bahn beantragten Planänderungen finden erst am 30. Januar statt. Es ist eine Frechheit, dass die Bahn nun erneut Fakten schafft, bevor die Betroffenen gehört werden, noch dazu unter Missachtung geltender Sicherheitsvorschriften. Es ist ein Armutszeugnis, dass unsere Regierung sich das bieten lässt und obendrein Polizei in den Einsatz schickt, obwohl die Sachlage weder rechtlich noch technisch noch finanziell geklärt ist. Es gilt das Motto der gestrigen Demo: Fakten klären statt Fakten schaffen, Herr Kretschmann!´

Das jetzt abgeholzte Gelände soll der Baustelleneinrichtung für den Filderaufstiegstunnel, Planfeststellungsabschnitt 1.2, dienen. Für den Tunnelangriff, um den es hier geht, hat die Bahn weitreichende Planänderungen beantragt, die bislang nicht genehmigt sind. Es gibt über 1.000 Einsprüche, unter anderem von der Stadt Stuttgart und den Naturschutzverbänden. Die Erörterung zu diesen Änderungen ist für den 30. Januar 2012 angesetzt. Genau wie beim Grundwassermanagement hat die Bahn kein Recht, Fakten zu schaffen, bevor alle Betroffenen gehört wurden und über die Planänderungen entschieden ist.

Die Unfallverhütungsvorschrift ‚Forsten‘ (VSG 4.3) verbietet im §5 ausdrücklich Fällarbeiten bei Nacht sowie bei starkem Wind. Vor allem die Windverhältnisse dieser Nacht stellen für die Arbeiter ein Sicherheitsrisiko dar, das durch die Unfallverhütungsvorschrift der Berufsgenossenschaft unterbunden werden sollte. Zu Zeiten, in denen die Berufsgenossenschaft nicht erreichbar ist, ist es Aufgabe der Polizei, dies durchzusetzen. Die Einsatzleitung vor Ort wurde darüber informiert.“

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