„Der Landespolitik und den Zerstörspezialisten der Bahn AG tüchtig einzuheizen“
Dokumentation: Die Rede von „Team Aussteiga“ vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof bei der heutigen 113. Montagsdemo gegen das Industrie- und Immobilien-Programm „Stuttgart 21“ (S21).
So, so. Die Menschen im Park mussten weg, der Park an sich muss weg, der Südflügel muss weg und das Grundwasser muss auch weg. Das Volk habe das entschieden, so hört und liest man. Nicht zuletzt auch vom neuen Ministerpräsidenten. Der alte MP, der Mappus, der ist ja schon weg. Das hat auch das Volk entschieden.
Die Kanzlerin hatte schon recht damals, als sie den Entscheid über Mappus mit dem Entscheid über Park, Flügel und Wasser in einem Frühjahrsputz erledigen wollte. Das wäre es ja dann gewesen. Aber nein. Das schwäbische Wahlvolk hat sich auf einen farblich zur Jahreszeit passenden grün-roten Herbstputz einlassen müssen. Anstatt auf die weise schwarze Dame und ihre jungen gelben und missratenen Zöglinge zu hören, hofften viele auf das vom neuen Ministerpräsidenten beschworene Wunder von Stuttgart. Es fand natürlich nicht statt. Denn Wunder, die mit Millionenaufwand und einer Milliardenlüge verhindert werden, haben nicht wirklich eine Chance.
Dennoch waren es nur 5,8% mehr in Stuttgart, die diesem verlogenen Appell der Werbeagenturen an die schwäbische Sparsamkeit erlegen sind. Betrachtet man nur die Innenstadtbezirke, haben wir sogar eine quorumsfähige Mehrheit zu unseren Gunsten erreicht. Insgesamt ist das ein verdammt gutes Ergebnis für unseren Widerstand.
Jetzt haben wir den Dreck im Schächtele und das Wasser steht uns bis zum Hals. Tendenz steigend. Also mittlerweile fast wöchentlich. Irgend jemand pumpt hier ganz offensichtlich monatlich Milliarden von zusätzlichen Litern in den Bahnhofsuntergrund. Wie gut, dass unsere Bahn darauf so schnell und „zügig“ reagiert. Ein zweites Pumpwerk soll sein, im ICE-Tempo wird der Plan eingereicht. Hoppla, da ist noch mehr Wasser. Schwupps wird der Plan nochmal geändert. Wo kommen diese immensen Wassermengen so plötzlich her? Es sieht ja fast so aus als pinkelten all die undemokratischen Projektgegner direkt ins Grundwasser am Bahnhof.
Das wären dann 47,1 % aller Stuttgarter also rund 274 000 Menschen. Das wären dann bei etwa 1,5 Litern täglich…. Aber lassen wir das. Es reicht nicht. Vielleicht hat unsere Bahn ja in Gallonen statt in Litern gerechnet.
Wir sind jetzt nicht mehr bei den Dingen die weg müssen. Jetzt geht’s um das, was her muss. Ein neues Pumpwerk muss her, längst ausstehende Genehmigungen müssen her, neue Genehmigungen müssen her, und, logisch, mehr Geld muss auch her. Und, fast vergessen, neue Firmen müssen her. Die Luft wird dünn bei den Unternehmen die die geologischen Risiken, die hydrologischen Risiken und auch die wohl erheblichen Planungsrisiken aus lauter staatsbürgerlicher Unterordnung übernehmen wollen. Immer mehr Firmen wollen oben bleiben statt absaufen. Die verstehen etwas von Grundwassermanagement und Risikobewertung. Die können auch rechnen. Also nicht nur drei. Oder bis 4,5. Die lassen sich nicht beschummeln, belügen und hinhalten. Risiko zu hoch? Nein danke!
Der Stuttgarter Oberbürgermeister – wie war noch sein Name – ist Chef eines Unternehmens, das in Sachen Mineralwasser, Grundwasser, Parkerhaltung und Pflege, bestmögliche Sicherung des Untergrunds etc. für unzählige Häuslesbesitzer zuständig und verantwortlich ist. Er leitet ein Unternehmen das den Stuttgarter Bürgern gehört. Sie bezahlen ihn höchstpersönlich. Also auch jene 47,1% seiner Bürger, die – gestützt auf viele Gutachten unabhängiger Experten – dringend vor diesem Gepansche mit dem Wasser, den Gefahren des Gipskeupers und den möglichen Hohlräumen warnen.
Wie geht der Mann nun mit dem Risiko und der Verantwortung um? Nun, eine eventuell verfassungswidrige Beeinflussung des Volksentscheids hat er noch rasch auf den Weg gebracht. RespeCt, Herr Schuster. Mit C oder K, wie sie wollen. Ansonsten zieht er sich zurück, der erste Mann der Stadt. Der Noch-OB erinnert mich manchmal an den frühzeitig flüchtenden Kapitän jenes sinkenden Kreuzfahrtschiffes, von dem neulich viel zu hören war. Das Risiko überlässt der Schuster uns Bürgern. Nach ihm die Sintflut.
Am 7. Oktober wird in Stuttgart turnusgemäß gewählt. Wir werden sehen.
Zurück zu dem was weg soll und dem was her muss. Wasser kann den Berg hinauf fließen wenn genug Druck da ist. Das Mineralwasser steht unter hohem Druck und das ist gut so. Es strömt deshalb durch all die natürlichen Undichtigkeiten schon jetzt ins darüber liegende Grundwasser und nicht umgekehrt. Umgekehrt wäre ganz schlecht. Unsere Bahn AG steht auch unter Druck. Wesentliche Genehmigungen für das Gesamtprojekt fehlen. Die realistische Finanzierung ist vollkommen ungeklärt. Und dann sind da gewisse Undichtigkeiten. Hauptsächlich politische. Man muss endlich vorwärts kommen. Man will endlich aktiv werden. Was zeigen. Oder wie heutzutage gern gesagt wird: liefern. Irgendwas, irgendwie. Aber bitte ohne jedes Risiko.
Das einzige was geht, auch aus politischen Gründen, ist Zerstörung. Bäume weg für ein Technikgebäude, das auch nach vielen Monaten niemand wirklich bauen will, weil zu riskant. Bäume weg für einen Fildertunnel, der überhaupt noch nicht geplant ist. Bäume weg für ein Wassermanagement, das bereits zweimal in kurzer Zeit geändert werden musste und – Überraschung – nicht genehmigt ist. Der Nordflügel fiel vollkommen sinnlos. Jetzt dann wohl der Südflügel. Auch der muss weg. Weg, weg, weg. Es scheint so, als ob unsere Bahn AG nichts anderes kann als sinnlose Zerstörung zu liefern. Dies ist in der Stuttgarter Bürgerschaft nicht konsensfähig. 5,8 % Mehrheit ist kein Konsens.
Wann endlich wird geliefert? Her damit! Oder verlegt sich unsere Bahn AG jetzt auf das Abbruch und Holzgeschäft? Vergesst auch nicht: Wir, die Bürger, sind der Hauptaktionär unserer staatlichen Bahn AG. Und die Politik schweigt oder verweist auf eine sehr merkwürdige Demokratie, die glaubt, auf die Einbindung von fast der Hälfte der Bürger mit einem Schulterzucken verzichten zu können. Viele werden da zornig und gehen auf die Straße. Einige werden sich der Zerstörung der Innenstadt in den Weg setzen. Immer und immer wieder. Friedlich und gewaltfrei.
Wir werden auch das Wahlrecht in Anspruch nehmen und uns die Haare raufen wen oder was wir wählen sollen. Und immer mehr von uns fangen wieder oder auch neu an zu begreifen: das hier ist nicht nur der schlechtestgeplante Bahnknotenpunkt aller Zeiten, der mit dem höchsten Risiko für alle Bürger. Das ist auch ein krankes Gemeinwesen, das viel zerstört aber für den Bürger nicht wirklich etwas bringt. Wir Bürger sind deshalb selbst diejenigen, die für den nötigen Druck sorgen werden, damit die Durchmischung des Mineralwassers mit dem ungefilterten Grundwasser nicht passiert. Wir sind oben und da bleiben wir auch!
Wir machen also weiter. Wir gemeinsam, wir alle, machen weiter: mit verstärkter
Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen, mit wirkungsvoller Vernetzung mit neuen kreativen Ideen und mit dem festem Glauben an unseren Erfolg. Ganz konkret und kurzfristig machen wir mit unserem Widerstand so weiter, dass die heutige die 113.-te Montagsdemo und die darauffolgende 114.-te in der kommenden Woche, vorläufig die beiden letzten hier auf der Schillerstraße sein werden.
114 Demos, Montag für Montag für Montag und wir sind noch immer da. Mensch Leute, Ihr seid einfach großartig!
Ab dem 12.3. als der 115. Montagsdemo, findet diese auf dem Marktplatz statt. Vor jenem Rathaus, in dem noch immer der unsägliche Schuster residiert. Dort werden wir uns dann alle wiedertreffen, um dem unguten Mann und mit ihm der ach so hohen Landespolitik und den Zerstörspezialisten der Bahn AG tüchtig einzuheizen. Auch wenn die Temperaturen jetzt wieder gestiegen sind.
Am Wochenende danach, konkret am Sonntag, den 18. März, gibt es ihn dann: den großen Ratschlag Nummer zwei, über den schon soviel geredet wurde. Dort wird jede und jeder die Möglichkeit haben, sich aktiv einzubringen, die Meinungen und Ideen der anderen mitzubekommen und aktiv die Zukunft des Widerstands mit zu gestalten.
Wie geht es mit uns weiter? Welche Strukturen müssen wie verändert werden? Wie können wir die Vernetzung stärken, Synergieeffekte nutzen? Was kann und sollte im Parkschützerrat verändert werden, was zur noch besseren Anbindung von Verbänden, Fach-, Bezugs- und Ortsgruppen geschehen? Wie kann die Arbeit die aktiven Gruppen besser ineinandergreifen? Kann es vielleicht ein „Vernetzungsdach“ für all diese Gruppen geben, eine Stelle, wo man sich regelmäßig gegenseitig informiert, wo regelmäßiger Austausch stattfinden kann, wo Dinge zusammengeführt werden können und wo ggf. verschiedene Strategien aufeinander abgestimmt werden können.
Kann dieses eventuell in monatlichen Treffen einer Gruppe von Leuten, die vor- und nachbereitet, organisiert werden oder sind andere Varianten besser? Wo können einzelne leichter an die Bewegung andocken? Wie verhindern wir, dass gute Ideen verloren gehen? Können ergänzend, regelmäßige, große, für alle Menschen offene Foren (ähnlich den Aktionskonferenzen oder großen Ratschlägen) stattfinden, die der Information, der Meinungsrückkopplung und Entscheidungsfindung dienen? Wie vermeiden wir Reibungsverluste und halten unsere Profilneurosen in Grenzen?
Nicht: „Deutschland sucht den Superwiderständler“, sondern „Wir sind der best-vorstellbare und effektivste Widerstand ever“ kann und wird die zugehörige Leitvorstellung sein. Wie kann ein möglicher Name für all diese Vernetzungen lauten, damit er sich dynamisch, nach vorne gerichtet, erfolgsversprechend anhört? Ein überzeugender Name würde auch Gruppen, die sich schon jetzt oder auch später nicht nur auf reinen Widerstand konzentrieren wollen, leichter ermöglichen dabei zu sein, bzw. dabei zu bleiben und so eine Verzahnung von Widerstand und Aufbauarbeit ermöglichen.
Bringt Ideen, Anregungen dazu und zu all den anderen Dingen mit, die uns auf den Nägeln brennen. Wir freuen uns auf Euch!
Soviel hier zum großen Ratschlag am 18. März, von dem schon jetzt eine gewaltige Energie ausgeht, wie ich finde. Spürt Ihr das auch? Frisch gestärkt und mit neuen Impulsen aus dem großen Ratschlag geht es, gehen wir, danach wieder hinaus auf die Straßen und ins Leben dieser Stadt, dieser Region, dieses Landes, um kraftvoll das umzusetzen, was wir uns „beim Ratschlagen“ und in unseren Vorüberlegungen erarbeitet haben.
Wie ihr seht – ihr seid nicht alleine – wir sind da um zu bleiben und ohne euch wären wir es nicht und wären wir nichts. Der Widerstand hat 2012 bereits kraftvoll begonnen, wie man heute mal wieder an Eurer zahlreichen Anwesenheit sieht und an der super Stimmung merkt. Richtig, richtig gut, richtig geil.
Nach dem Ratschlag wird es ein noch schönerer, noch bunter und noch effizienterer Widerstandsfrühling werden. Ein Aufbruch Stuttgarts und des Landes in und für eine bessere Zukunft, die eben nicht „weg mit Menschen, Park, Wasser und Lebensqualität“ voraussetzt, dieses unsägliche „Wegwegwegweg“ sondern das genaue Gegenteil auf ihre Fahnen geschrieben hat: ein lebens- und liebenswertes Zusammenleben.
Weg muss nur eines: Stuttgart 21 und wir alle arbeiten daran beständig weiter, das steht fest.
Oben bleiben!