Friedensbewegung mit 8 Jahre altem Splitter im Auge

„Friedensratschlag“ fordert nach Luftangriff in Afghanistan Rücktritt von Verteidigungsminister Jung / Aufruf für bundesweite Proteste am Mittwoch / Linksfraktion beantragt Aktuelle Stunde im Bundestag.

Nach den Attentaten vom 11.September 2001 änderte sich die Welt. Unter anderem änderten sich die Werte fast aller ehemals linken, pazifistischen, emanzipatorischen oder/und sozialistischen Gruppen und Organisationen. Krieg wurde notwendig, Invasion Notwehr, Lügen ein notwendiges Versehen aus Notwehr, Mord an Zivilisten „Kollateralschäden“, innere Kriegführung und Freiheitsberaubung durch den Staat „Gefahrenabwehr“. Da konnte man halt nix machen, so als Linker, gell. Ausser natürlich dummquatschen und dem Imperialismus durch Kollaboration („Friedenseinsätze, UN blabla, Bin Laden will uns alle töten“) den Rücken freihalten. Jetzt wacht das ganze feige Pack auf, was eine Million Tote allein im Irak geduldet und jede Dummquatscherei der Geheimdienste willig geschluckt hat, und fängt an rumzujammern. Toll.

Die Linksfraktion hat für Dienstag eine Aktuelle Stunde im Bundestag beantragt (1), wahrscheinlich um wieder einmal vor „dem Terror im eigenen Land“ zu warnen. Zur Erklärung: damit ist Deutschland gemeint und „den Terror“, das machen natürlich die Afghanen.

Man hört sie jetzt noch brüllen, anno 67 in Berlin: „Oma, bleib auf dem Balkon, sonst holt Dich noch der Vietkong“. Nun sind die „Taliban“ nicht die Vietkong, sondern ein durch die Psychotrupps der CIA geschaffener Kultbegriff ohne rationalen Hintergrund, um die eigenen bezahlten Söldner beim Erobern von Afghanistan in den 90ern mit ein bisschen Klimbim zu umgeben. Das System der „Koranschüler“ dauerte bis 2001, danach eroberten die Erschaffer die Schöpfung und machten dabei erhebliche geostrategische Geländegewinne.

Die „Taliban“ verschwanden, 2004 erklärte sie der „Präsident“ Afghanistans Hamid Karzai, im Beisein vom damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, bereits als „besiegt“ (2). Dann brauchte man sie irgendwie doch wieder, und holte sie – simsalabim – aus der Trickkiste. Das Gleiche mit „der Al Kaida“, welche unerklärlicherweise mit den US-Truppen irgendwie in den vorher säkularen Irak marschierte und ein Riesenmassaker anhob, angeblich zwischen schiitischen Irakern und sunnitischen Irakern. Derweil verursachte irgendwer in der Besatzungszone ständig Explosionen, aber selbstverständlich nie durch Granaten oder Raketen, sondern immer nur durch „Selbstmorde“ der Besetzten, die – oops – gleich viele andere Besetzte mit zu den ganzen Jungfrauen nahmen. Muslime sind eben so. Auch Todesschwadronen in der Besatzungszone, die jeden Morgen Dutzende verstümmelter Leichen auf den Strassen Bagdads zurückliessen, na das waren die Besetzten. Ist doch ganz klar. Es haben sich in der Geschichte der Menschheit schon immer die besetzten Völker alle selber umgebracht. Die Besatzer hatten damit noch nie etwas zu tun.

Erinnern Sie sich nicht? Im Fernsehen des Westblocks von 1965 trat doch damals dieser Südwestvietnamese „Glausamel Killel“ auf, der erklärte, er habe einfach etwas gegen Südostvietnamesen. Deswegen würde er die jetzt umbringen, weil die mit den Amerikanern zusammen arbeiten würden. Er würde dafür natürlich auch ein paar Südwestvietnamesen opfern. Aber das müsse man halt in Kauf nehmen, im Kampf gegen die Imperialisten. Auch die Bomben auf Nordvietnam, das seien gar keine Bomben auf Nordvietnam. Das seien er und seine Truppe, weil Nordvietnam sie im Stich gelassen habe. Auch die Morde der US-Soldaten im besetzten Südvietnam, das seien gar keine US-Soldaten gewesen. Das seien er und seine Truppe, weil die mit den US-Besatzern kollaboriert hätten.

So war das damals. Ausführliche Doku hier, „Bin Laden und Glausamel Killel„, vom 20.März des Jahres 2008. Jetzt wissen Sie auch, warum Rudi Dutschke im deutschen Fernsehen anno 67 immer vor den Vietnamesen warnte.

Aber kommen wir jetzt mal zu den Verschwörungstheoretikern, die meinen, wir hätten irgendwas mit irgendwelchen Kriegsverbrechen in Afghanistan zu tun. Was soll denn das? Wir sind doch da rein zivi-militärisch und reden logisch-unlogisch und das seit 7 1/2 Jahren, ohne dass sich irgendein Schwachkopf darüber aufregt, weil wir sie alle ins Hirn gepimpert haben. Verdammt, aber so in ein, zwei Hirne, da kamen wir nicht rein. Und jetzt vergiften die uns unser zivil-militärisches Zeug, was wir mittlerweile schon selbst glauben, so gut sind wir. Guckt doch ma.. (3)

„Aktionstag der Friedensbewegung am Mittwoch, 9. September 2009

Schluss mit dem Krieg!
Verteidigungsminister Jung muss zurücktreten
Bundeswehr raus aus Afghanistan

Bei einem Luftangriff der NATO-Truppe ISAF auf von Taliban entführte Tanklastwagen sind am 4. Sept. in Nordafghanistan dutzende Menschen getötet worden. Der deutsche Kommandeur, der den Angriffsbefehl gab, bedauert das Massaker; Verteidigungsminister Franz Josef Jung leugnet hartnäckig, dass Zivilpersonen zu Schaden gekommen seien und behauptet, es seien „ausschließlich Taliban getötet worden“. Doch das glaubt außer ihm keiner. Selbst der oberste NATO-Kommandeur in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, der sich vor Ort erkundigte, sprach davon, dass es zivile Opfer gegeben habe. Der afghanische Präsident Hamid Karsai sprach von rund 90 Toten und Verletzten.

Dieser neuerliche „Zwischenfall“ belegt aus Neue, dass es sich in Afghanistan nicht etwa um einen „Stabilisierungseinsatz“ handelt (so noch am 4. September der Sprecher des Verteidigungsministers), sondern um einen veritablen Krieg. Einen Krieg, der immer härter und grausamer geführt wird und in dem zivile Opfer an der Tagesordnung sind. Jahrelang haben uns die Politiker der Regierungskoalition einzureden versucht, im Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr „Aufbauarbeit“ leiste, sei die Lage ruhig; gekämpft werden nur im Süden und Osten des Landes. Auch diese Lüge ist längst an der rauen Wirklichkeit zerplatzt. Es wird Zeit, dass der zuständige Minister wegen andauernden Lügens seinen Hut nimmt.

Der Zweite Weltkrieg, an dessen Beginn vor 70 Jahren am 1. September erinnert wurde, dauerte weniger als sechs Jahre. Der Krieg des Westens in Afghanistan geht im Oktober ins neunte Jahr. An diesem ungleichen Krieg sind insgesamt 40 Staaten mit Soldaten und modernstem militärische Gerät beteiligt. Weder konnten sie den Gegner in die Knie zwingen, noch konnten sie sichtbare Erfolge im Kampf gegen die Kriegsökonomie (Drogenanbau) erzielen, von wirtschaftlichem Aufbau in scheinbar „ruhigeren“ Zonen ganz zu schweigen. Bedenkt man, dass dem jetzigen Krieg ein 20-jähriger Krieg und Bürgerkrieg vorausging, dann kann man ermessen, wie sehr die Bevölkerung des Landes darunter zu leiden hatte und hat.

Verteidigungsminister Jung und die ganze Bundesregierung sollen sich nicht weiter in die Tasche lügen: Es wird keinen zivilen Aufbau geben, solange das ausländische Militär in Afghanistan bleibt. Humanitäre Hilfsorganisationen wie caritas, Welthungerhilfe, medico, Kinderhilfe Afghanistan u.a. klagen seit Jahren darüber, dass die Verquickung von ziviler Hilfe und militärischem „Schutz“ die zivile Hilfe verunmöglicht. Der Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V. (VENRO) kritisiert schon länger, dass sich die humanitäre Hilfe „im Windschatten militärischer Interventionen“ einzuordnen hat. Der Verband fordert eine strikte Trennung von militärischen Aktionen und humanitärer Hilfe. Auch der Vorsitzende der Welthungerhilfe nannte vor wenigen Tagen die „zivil-militärische Zusammenarbeit“ einen „Sündenfall“ und forderte deren strikte Trennung.

Wenn es aber richtig ist, dass zivile Hilfe nur dort ankommt und wirklich hilft, wo kein Militär ist, dann ist es nur konsequent, wenn sich das Militär ganz aus Afghanistan verabschiedet. Dies entspricht im Übrigen dem eindeutigen Mehrheitswillen der Bevölkerung in Deutschland, wie zahlreiche Umfragen immer wieder bestätigten. Der Bundestag sollte – in Abkehr seiner bisherigen Politik – die Initiative ergreifen und sich endlich für ein Ende des Bundeswehreinsatzes einsetzen. Dies entspräche dem Willen der Bevölkerung.

Die Friedensbewegung ruft in diesen Tagen im ganzen Land zu Aktionen zur Beendigung des Afghanistankrieges auf.

Wir fordern

– den Rücktritt von Verteidigungsminister Franz Josef Jung,
– den sofortigen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan,
– die Verstärkung der ausschließlich zivilen Hilfe, und zwar dort, wo dies von der afghanischen Bevölkerung gewünscht wird.“

Aber auch nur, weil unsere Truppen „den Gegner nicht in die Knie zwingen“ konnten. Ist doch kein Wunder: Geister kann man nicht in die Knie zwingen.

Ausser ganz, ganz kleinen, natürlich.

(…)

Quellen:
(1) http://linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1259587754
(2) http://findarticles.com/p/articles/mi_kmafp/is_200402/ai_kepm383839/
(3) http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/bewegung/afgh/09-09-baf.html

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