Dokumentation: Die Rede von Steffen Siegel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder, auf der heutigen 117. Stuttgarter Montagsdemonstration gegen das Industrie-Programm „Stuttgart 21“ (S21). Motto der Rede: „Filderdialog und Trassenvarianten“.
Ich war zwei Monate außer Landes und wollte mich eigentlich etwas zurücknehmen. Nun finde ich hier eine geschändete Stadt vor und mache also weiter.
Ein Herzstück von S 21, ohne das S21 nicht funktioniert, ist der Filderabschnitt 1.3. Dort versucht die Bahn seit über 10 Jahren das PFV einzuleiten, stets ohne Erfolg ( aus einem Brief vom EBA aus dem Jahr 2005: „die Planung ist nicht genehmigungsfähig“). Und seither hat sich an den Plänen nichts geändert. Letztes Jahr sagte Bahnsprecher Fricke, die Bahn habe „diesen Schlenker“ der Schnellbahn über den Flughafen nicht gewollt, er sei nur auf Wunsch der damaligen Regierung geplant worden. Und was sagt die neue dazu?
Nach dem Schlichtungsverfahren mit Dr. Geissler waren sich alle – Politik, Medien, selbst die Bahn – einig, dass in Zukunft kein Großprojekt mehr so durchgeführt werden könnte wie zuvor.
Der Filderabschnitt 1.3 bietet sich für einen neuen offenen Stil, wie er vom Land proklamiert wird, geradezu an. Wir auf den Fildern fordern seit über einem Jahr, dass vor dem PFV ein Faktencheck durchzuführen ist. Was nun von Bahn und Politik den Bürgern auf den Fildern vorgesetzt werden soll, erfüllt die Anforderungen eines echten Bürgerdialogs bei weitem nicht, es ist ein Rückschritt gegenüber der Schlichtung.
Die Bürgerschaft ist außen vor und erfährt zum Filderdialog allenfalls etwas aus den Medien. So sagt die Bahn zB. und offensichtlich trägt dies auch Frau Erler mit:
– Wenn sich eine andere Trasse als die „Antragstrasse“ als konsensfähige Alternative aufdränge, werde deren Machbarkeit geprüft.
– die Teilnehmer entscheiden nichts, sie können allenfalls empfehlen.
– es darf keine „Grundsatzdiskussion“ stattfinden, usw.
Unglaublich!
Ja, man erhofft sich, dass dadurch, „die Akzeptanz für das Vorhaben steigt“. Wenn die sich mal nicht täuschen. Dialog heißt eigentlich Zweiergespräch.
Warum liefen dennoch alle Vorarbeiten nicht öffentlich? Der Moderator wurde bestimmt. Die Zeitschiene wurde vorgegeben usw. Was, wenn sich eine Alternative aufdrängt? Dann braucht man neue Planungszeit! Die Bahn favorisiert seit 16 Jahren diese (Murks-) Pläne und jetzt soll es um Wochen gehen? Deshalb fordern wir den sofortigen Einstieg in einen ergebnisoffenen Bürgerdialog.
Alle, aber vorrangig die Bürgerschaft müssen gefragt werden, was besprochen werden soll, welche Fragen von Interesse sind, wo vertiefende Gutachten nötig sind, wo welche Fachleute von außen herangezogen werden sollen, wie viel Zeit dafür angesetzt werden sollte, usw. Alle Sitzungen sind öffentlich, alle Protokolle, Studien, Gutachten, stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Auch den Bürgergruppen müssen Gelder für Fachleute und Gutachten zur Verfügung gestellt werden. Es macht ja nur Sinn, wenn „Waffengleichheit“ angestrebt wird. Die Projektbetreiber haben genügend (Steuer-) Gelder. Die Geißlersche Schlichtung hat eindrucksvoll gezeigt, dass Laien den professionellen Planern Paroli bieten können.
Wenn die bürgerschaftlichen Gruppen, wie die Schutzgemeinschaft Filder, die Landwirte, BUND, NaBu, VCD, Pro Bahn , die BIs von Vaihingen bis Plieningen usw auf Augenhöhe diskutieren sollen, dann muss man ihnen rechtzeitig alle vorhandenen Daten und Zahlen zur Verfügung stellen. Und: mindestens bis zum Ende des PFV zu 1.3 darf mit dem Bau des Filderaufstiegstunnels nicht begonnen werden.
Welche Alternativtrassen werden gehandelt? Viele, aber dabei drängt sich wirklich keine auf.
Was ist unser Alternativkonzept?
1. Erhalt der Gäubahn auf der bestehenden Trasse. Dies ist eine Forderung im Schlichterspruch, der ja von allen akzeptiert wurde. Minister Hermann hat letzte Woche diese Option auch öffentlich gefordert.
2. Zum Flughafen fahren zusätzlich Express S-Bahnen ohne (oder mit einem) Halt vom HBHF aus.
3. Eine Ertüchtigung des Vaihinger Bahnhofs um einen Bahnsteig, vor allem, damit die wenigen Fahrgäste der Gäubahn, die zum Flughafen wollen, dort auf die S-Bahn umsteigen können. Damit erübrigt sich auch die Rohrer Kurve.
4. Ein S-Bahn-Ringschluss über die Filder, von Vaihingen über den Flughafen ins Neckartal nach Wendlingen und Esslingen
Schlussbemerkungen: Wir werden weiter um jeden Quadratmeter besten Filderboden kämpfen. (10 Hektar Park gewinnen? 30 Hektar Filderboden versiegeln?)
Wir können die Antragstrasse schon allein deshalb nicht gutheißen, weil sie laut Flughafenchef Fundel zu 1,5 Mio mehr Fluggästen im Jahr führt, d.h. etwa 50 Flugzeuge mehr am Tag. Und schließlich noch ein Wort zu den Kosten:
Alle sagen, wenigstens für den Filderbereich gibt es kein tragfähiges Betriebskonzept (Stresstest), höchst problematischer Mischverkehr, kein funktionierendes Notfallkonzept, der Tiefbahnhof unter der Messe birgt nur Probleme, die Wendlinger Kurve ist zu klein bemessen, usw. Die Bahn hat es in 16 Jahren Planung nicht geschafft, auch nur annähernd ein fahrbares Konzept zu liefern, und hat jetzt die Stirn zu sagen: Wer was ändern will, muss es auch bezahlen.
Nein, die Bahn selbst hat gefälligst für die Behebung ihres Versagens die Verantwortung zu übernehmen, sie muss für ihren Murks aufkommen, nicht der Steuerzahler.
Unsere bürgerfreundliche Alternative ist rasch umsetzbar, billiger, ökologischer und leistungsfähiger. Auch wenn der Kampf aussichtslos erscheint, in einem sind sich alle Beteiligten (Politik, Gemeinden, Bürger, inzwischen sogar Fricke und Drexler) einig: Die bisherige Filderplanung ist furchtbarer Murks
Deshalb: Weiterkämpfen und Oben bleiben.