Die Völker senden die Signale

Neuwahlen in der Republik Griechenland. In Athen trifft sich SYRIZA-Vorsitzender Alexis Tsipras mit dem deutschem Botschafter Wolfgang Dold. Was versucht die Merkel-Regierung? Und was bedeutet die faktische Auflösung der SYRIZA-Koalition und die Schaffung einer Einheitspartei?

Eine der wenigen relevanten Informationen, in dem ganzen Bach von Krokodilstränen über die neue Wahl des griechischen Volkes, lieferte heute Wassilis Aswetsopoulos auf dem sonst mehrheitlich stramm paneuropäischen Portal „Telepolis“: Morgen trifft sich der Vorsitzende der Koalition der Radikalen Linken, Alexis Tsipras, mit dem deutschen Botschafter in Athen, Wolfgang Dold. Was nun der Dold, dessen zumindest humoristischen Qualitäten bereits erwiesen sind („Es gibt von deutscher Seite keinen Versuch, sich in die griechische Politik einzumischen“), im Auftrag der Merkel-Regierung Tsipras anzudrohen hat, ist bislang unklar. Oder hat Dotschafter Dold vielleicht etwas zu bieten? Und wenn ja, wem? Wovon? Wofür?

Das bizarre, von den beiden etablierten Parteien Pasok und Nea Dimokratia für den eigenen Machterhalt seit der Militärdiktatur geschaffene Wahlrecht liefert den Hintergrund für einen weiteren interessanten Vorgang. Die Griechen wählen bei ihren Parlamentswahlen nur 250 von 300 Abgeordneten. Die restlichen 50 Abgeordneten bekommt automatisch die stärkste Partei obendrauf, quasi als kleines Bonmot für echte Leistungsträger.

Bei der letzten Parlamentswahl Griechenlands am 5. Mai bekam nun die „konservative“ ND ganze 2,1 Prozent mehr als die SYRIZA-Koalition und ergo 50 Sitze geschenkt. Der Clou dabei: weil SYRIZA eine Koalition aus mehreren verschiedenen Parteien der Radikalen Linken darstellt, hätte sie selbst dann die 50 Sitze nicht bekommen, wenn sie vor der ND gelegen hätte.

Hoch interessant ist nun die, ebenfalls nicht sonderlich üppig gestreute, aber bei den „Deutschen Mittelstands-Nachrichten“ zu findende Information, daß Alexis Tsipras an der Schaffung einer neuen Partei arbeitet. Absolut nachzuvollziehen ist es, nicht zuzulassen, daß durch diesen Wahlrechtswahnsinn der „konservativen“ Statthalterpartei der deutschen Regierung, des Internationalen Währungsfonds, der EU-Kommission und des Währungsdiktators EZB bei den Neuwahlen auch noch 50 Sitze als Zweitplatzierte hinterher geschmissen werden.

Andererseits fragt man sich natürlich, wie das laufen soll: eine Einheitspartei? Aus so verschiedenen Gruppen und Parteien? Ein Anschluss, ähnlich wie bei dem Müllhaufen PDS und dem Trottelhaufen WASG in Deutschland, die vor 7 Jahren diese grandiose Leichenfraktion in den Deutschen Bundestag schickten, welche fortan nichts anderes tat als für den heutigen Zustand in Deutschland, in Griechenland, in den europäischen Demokratien zu sorgen? Und nichts zu tun, auch das ist eine Tat.

Hmm. Ich kann es keinem ersparen. Doch, ich kann schon. Aber das tue ich nicht. Hier also nochmal Oskar Lafontaine bei seiner Abschiedsrede als Parteivorsitzender von „Die Linke“ am 15.Mai 2010 in Rostock:

Die europäische Wirtschaftsregierung – wir haben sie lange Jahre gefordert, auch im Bundestag, immer wieder. Wir haben darauf hingewiesen, dass es nicht anders geht. Da braucht man gar nicht einen tiefen Einblick in die Zusammenhänge haben. Es war doch so, dass die Griechen immer ihre Löhne zu stark erhöht haben.“

Wenn dieser Heuchler samt seinem Saftladen, denen ich vor fünf Jahren angekündigt habe was ich gerade tue, im Sommer seine Antrittsrede als Wiedervorsitzender von „Die Linke“ halten sollte, wird sich daran zu erinnern sein.

Hinzuzufügen bleibt, daß Tsipras nicht nur Vorsitzender der SYRIZA-Koalition insgesamt,  sondern auch Vorsitzender der größten Koalitionspartei Synaspismos ist. Die wiederum ist Teil der EU-Einheitspartei „Europäische Linke“, die wiederum im Sommer 2004 von der damaligem PDS mitgegründet wurde, kurz bevor Gefolgsleute von Oskar Lafontaine wie Klaus Ernst im Herbst 2004 die vermeintlich neue Partei WASG gründeten, nur um sie kaum ein Dreivierteljahr später zum Steigbügelhalter der Rückkehr der PDS in den Bundestag zu machen. Kader, ick hör Dir trapsen.

Was die politische Strategie und Analyse von Tsipras angeht, die ist bisher hervorragend. Tsipras geht, meiner Meinung nach, zurecht davon aus, daß Merkel (also die „Europäische Union“) blufft. Merkel und Schäuble werden alles tun, um Griechenland unter dem Euro-System zu halten. Und nicht nur das: Merkel und Schäuble werden auch alles tun, um einen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Diktatur zu verhindern, koste es, was es wolle.

Was werden nun Tsipras und Dold morgen in Athen zu besprechen haben? Nun, das wird man sehen.

Fest steht nur eins: die „Entscheider“ dieser Welt, angefangen mit Europa und zuerst Deutschland, werden bei ihren „Entscheidungen“ nie wieder alleine sein. Denn die Völker dieser Welt, im 21. Jahrhundert, sie hören nicht mehr die Signale – sie senden sie. Und hören müssen jetzt die Anderen.

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