Das Bundesverfassungsgericht „bittet“ den Bundespräsidenten Joachim Gauck, mit der Unterschrift unter die ESM-Gesetze zu warten, bis es diese geprüft hat.
„Wir gehen davon aus, dass der Bundespräsident wie in der Vergangenheit auch dieser Bitte nachkommen wird und das Gericht so genügend Zeit zur Prüfung hat“,
so eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts zu „Reuters“. Natürlich ist das keine Bitte. Das ist ein Befehl. Im Zweifel, also in Sachen Grundgesetz, steht das Bundesverfassungsgericht über dem Staatsoberhaupt. So geht das, in einer Republik.
Schon hat das Wettrennen um den nicht existierenden Pokal der Freunde des Grundgesetzes begonnen. Die Linke Gmbh schreit, „WIR WAREN´S! WIR WAREN´S!“. „Mehr Demokratie e.v.“ schreit, „NEIN, WIR! WIR!“. Welche Klage nun angenommen wird und wie entschieden wird, das entscheiden die Verfassungsrichter.
Fakt ist: zumindest wird das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die (voraussichtlich wie immer auf Verlangen von Banken und Geldmärkten durch Bundestag und Bundesrat abgenickten) Gesetze in Erwägung ziehen und zu diesem Zweck sich genauer anschauen, unter was der vor kurzem ersetzte Unterschriftenautomat in Bellevue da seinen Marktkaiser Wilhelm setzen will.
Bereits das ist ein Sieg der besten Verfassung der Welt und seiner Freunde. Niemand hätte das gedacht.
Niemand, das bin ich.
Ergänzung 17.30 Uhr
Welcher Machtkampf sich hier in der Republik hinter den Kulissen abspielt, verdeutlichen zwei Meldungen. In Luxemburg sitzt Wolfgang „Dr. Seltsam“ Schäuble bei den Freunden der paneuropäischen Oper und sagt zur öffentlichen „Bitte“ des Verfassungsgerichts der Republik an den Präsidenten:
„Ich glaube nicht, dass es klug ist, wenn die Verfassungsorgane öffentlich miteinander kommunizieren“
Und in der „Süddeutschen“ schreibt Euro-Saulus Heribert Prantl als flux wieder konvertierter Verfassungs-Paulus, von einer „in letzter Minute“ abgewendeten „Verfassungskrise“, von der die SZ „aus Gerichtskreisen“ erfahren habe.
Was war geschehen?
Mr. Demokratielehrer und DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck wollte bereits am 29. Juni, nach dem obligatorischen Schnelldurchlauf durch die Hans-Würste in Bundestag und Bundesrat, alle Gesetze zur Installation des ESM, von Fiskalpakt und der quasi beiläufig organisierten Änderung des EU-Vertrages sofort unterschreiben. Damit hätten Anträge zu einstweiligen Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr eingereicht werden können.
Was dann geschehen wäre, diese Spekulation lassen wir mal. Rein zufällig sind, nach Informationen von Radio Utopie, in Karlsruhe am 29. Juni in jedem Falle Personen vor Ort, die sofort nach Abnicken des Bundesrates (dem zweitgrößten Sauhaufen der Republik, der bisher sogar zu feige war seine Sondersitzung auf der Tagesordnung bekannt zu geben) Verfassungsbeschwerde und einen Antrag auf einstweilige Anordnung einreichen werden, noch bevor Joachim Gauck an sein Faxgerät sprinten kann. Reiche Industrie-Onkel, Die Linke GmbH, reaktionäre Professoren oder Volksabstimmungskünstler a la „Mehr Eurodemokratie e.V.“ (Name zum Schutze der Betroffenen geändert, die Red.) zählen übrigens nicht zu dem erwähnten Personenkreis. Letztere hätten vielleicht gerade mal nicht aufgepasst, schwer geheult und dann wieder mal gesagt, „wir wollten ja, nur konnten wir nichts“.
An alle Freunde des Grundgesetzes übrigens einen herzlichen Dank.
18.20 Uhr
Und hier die Erklärung aus dem Schloss des Präsidenten:
„Das Bundesverfassungsgericht hat heute den Bundespräsidenten vorsorglich gebeten, von einer Ausfertigung der Gesetze zum ESM und zum Fiskalvertrag zunächst abzusehen, um dem Gericht ausreichend Zeit zur Prüfung angekündigter bzw. bereits vorliegender Eilanträge zu geben. Der Bundespräsident beabsichtigt, dieser Bitte in Übereinstimmung mit der ständigen Staatspraxis zwischen den Verfassungsorganen und aus Respekt gegenüber dem Bundesverfassungsgericht stattzugeben, sobald Bundestag und Bundesrat die entsprechenden Vertragsgesetze beschlossen haben.“