Das ist nicht wirklich neu, aber diesmal haben wir es streng wissenschaftlich. Professor Hans Wolfgang Brachinger von der Universität Fribourg in der Schweiz hat die Auswirkungen der Inflation auf unterschiedliche Einkommensschichten umgerechnet.
Das die Süddeutsche mit dem Titel Inflation könnte Gesellschaft spalten aufmacht ist sicher keine Übertreibung:
Demnach liegt die Teuerungsrate für Geringverdiener mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis zu 1.700 Euro bei insgesamt 5,4 Prozent und damit 2,1 Prozentpunkte über der offiziellen Teuerungsrate von zuletzt 3,3 Prozent.
Davon betroffen sind dem Bericht zufolge rund ein Drittel der Haushalte in Deutschland. Auch Haushalte mit einem mittleren Einkommen von 3.600 bis 5.000 Euro litten mit einer Teuerungsrate von 4,5 Prozent deutlich stärker unter den hohen Preisen, als aus der amtlichen Statistik hervorgehe. Gut kommen demnach lediglich die Topverdiener mit einem Monatsnetto ab 10.000 Euro davon. Ihre Inflationsbelastung liege bei nur 2,4 Prozent und damit ganze drei Prozentpunkte niedriger als die Inflationslast, die die Ärmsten im
Land bewältigen müssten...
Dem Forscher zufolge lag die Teuerungslast für eine Familie mit zwei Kindern und einem Monatsnettoeinkommen von 2.000 bis 2.600 Euro bei 5,4 Prozent und damit in derselben Größenordnung wie die Inflationslast der absoluten Geringverdiener im Land.
Natürlich wird sich an seiner Berechnungsformel das eine oder andere Haar finden, das man spalten kann, aber er hat ja schon einmal einen Versuch gemacht eine Diskussion anzustoßen, als er von einer Wahrgenommenen Inflation sprach.
Grundsätzlich ist der Begriff Inflation keine besonders saubere Messmethode, da er auf einem Warenkorb beruht, der häufig nur sehr wenig mit der Realität zu tun hat.
Dieser Warenkorb versucht den typischen Verbrauch aller Deutschen, vom Säugling, über das Schulkind und den Schwerarbeiter bis zum Manager und Rentner abzubilden. Das ganze dann auch noch von Aachen bis Görlitz und von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen. Nein, das ist kein Witz, sondern einfach nur unmöglich.
Die Unterschiede von Stadt und Land, vom Lebenstil und Region, von altergerechten Bedürfnissen, von Kultur und natürlich auch einkommensbedingten Bedürfnissen, vom Gesundheitszustand, nichts wird berücksichtigt. Ein großer Kamm über den alles geschnitten wird.
Das ist natürlich nicht zufällig, sondern Absicht. Tatsächlich haben wir ja einen viel einfacheren und ehrlicheren Maßstab. Das ist das Verhältnis des Zuwachses der Geldmenge M3 zum Wachtstum des Bruttoinlandsproduktes.
Das Bruttoinlandsprodukt wird wohl um 1,7 bis 2 Prozent in diesem Jahr wachsen. Die Geldmenge wächst zur Zeit, mit 10,6 bis 12 Prozent. Das bedeutet eine Differenz von 8 Prozent oder ein negatives Wachstum. Wer die Geldmenge über das reale Wachstum hinaus erhöht verringert den Wert des Geldes. Aber das Wachsen der Geldmenge nach M3 spiegelt noch nicht das ganze Dilemma wieder. Es gibt auch ein Geldmengenwachstum durch Kreditvergabe, auflegen von bestimmten Anlageinstrumenten die in der Geldmenge M3 nicht mitgezählt werden.
Man schätzt, dass dies noch einmal rund die Hälfte des bekannten Geldmengenwachstums ausmacht. Wenn wir das in Relation zu den Erkenntnissen von Prof. Brachinger setzen der eine wahrgenommene Inflation von 12 Prozent bei den Deutschen ermittelt hat, dann ist das schon eine seltsame Übereinstimmung. Kann es sein das die Empfindungen der Deutschen deutlich genauer sind, als das was der Staat berechnet?
Natürlich ist der Warenkorb ein Teil des Problems. Tatsächlich bedeutet aber eine formal niedrige Inflationsrate einen Gewinn für den Staat, da der Realwert seiner Verschuldung wegen der Inflation deutlich abnimmt. Sorgt ein Staat also durch eine hohe Inflation dafür, das seine reale Verschuldung deutlich abnimmt, muss er dies nur vor seinen Bürgern verbergen um negative Reaktionen zu vermeiden.
Am besten dazu geeignet ist ein möglichst abstruser Warenkorb, der z.B. die sich verbilligenden Röhrenfernseher als Schwergewicht im Korb hat, aber die Lebensmittel in Form von Brot und anderen Getreideprodukten mit hohen Steigerungen nur schlecht abbildet. Durch die sogenannte Gewichtung ist der Manipulation Tor und Tür geöffnet.
Der zweite Punkt zur Manipulation ist die Gelddruckerpresse, die die Geldmenge verändert. Die USA geben schon seit langem ihr Geldmengenwachstum nicht mehr bekannt. Wie weit den Angaben in Europa zu trauen ist, vermag niemand zu sagen.
Gehen wir aber davon aus, das die wahrgenommene Inflation von 12 Prozent näher an der Wahrheit ist, als die offizielle, vom Statistischen Bundesamt zur Zeit zugegebene Inflation von 3,3 Prozent von denen auch Prof. Brachinger ausgeht. Nehmen wir seine Umrechnungsfaktoren dann ergibt sich folgendes Bild
Setzt man die Inflation bei den Unterschieden von Geldmenge M3 und Bruttoinlansprodukt also bei 8 Prozent an, dann liegt die Teuerungsrate für Geringverdiener mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis zu 1.700 Euro bei insgesamt bei 13.12 Prozent. Für Haushalte mit einem mittleren Einkommen von 3.600 bis 5.000 Euro beträgt die Teuerungsrate 10,88 Prozent und für Topverdiener ab 10.000 Euro im Monat läge sie bei 5,84 Prozent. Die Differenz zwischen Arm und Reich liegt dann bei 7,28 Prozent.
Nimmt man die wahrgenommene Inflation von 12 Prozent wird das Bild noch schrecklicher. Dann liegt die Teuerungsrate für Geringverdiener mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis zu 1.700 Euro bei insgesamt bei 19,68 Prozent. Für Haushalte mit einem mittleren Einkommen von 3.600 bis 5.000 Euro beträgt die Teuerungsrate 16,32 Prozent und für Topverdiener ab 10.000 Euro im Monat läge sie bei 8,76 Prozent Die Differenz zwischen Arm und Reich liegt dann bei 10,92 Prozent.
Die offiziellen Inflationswerte von 3,3 Prozent kann man wohl getrost für Propaganda halten, die sich aus der Berechnung von M3 und BIP ergebende von 8 Prozent dürfte näher an der Wahrheit sein, während die gefühlten vielleicht ein wenig zu hoch sind. Allerdings ist es schon fast egal ob Deutschlands arme Haushalte nun 13 oder fast 20 Prozent Inflation zu buckeln haben. Sie können das keinesfalls lange durchstehen.
Sie können sich noch ein wenig verschulden, aber meist ist auch das nicht möglich. Es muss aus der Substanz auf ärmlichestem Niveau und sicher auch oft mit Hunger gelebt werden. Für die Kinder sieht es ganz hoffnungslos auf. Sie wachsen schon ohne Teilhabe am Leben auf. Ob man es sich als Staat wirklich dauerhaft leisten kann 33 Prozent seiner Bevölkerung mit dieser Geschwindigkeit verarmen zu lassen ist fraglich.
Aber auch die mittleren Einkommen haben ja gar nicht so viel Substanz. Sie haben häufig hohe Kosten durch Kredite, Versicherungen und Vorsorgemaßnahmen. Vieles davon wie die Riester-Rente wird ja vom Staat gefördert, aber ist bei derartigen Inflationsraten natürlich ein Verlustgeschäft am Ende der Laufzeit, wenn die Auszahlungen beginnen sollten. Dazu kommen die Kosten für Auto und Benzin, häufig sind in solchen Familien ja auch noch zwei Autos am Start.
Sicherlich können diese Leute noch ein Weilchen länger durchhalten als die ganz Armen. Aber ständig mit dem Blick dorthin, wo sie unweigerlich landen werden. Wie wird sich diese Angst auf ihr Wahlverhalten und ihr Arbeit auswirken? Es gibt niemanden der diese Fragen beantworten könnte.
Eines steht auf jeden Fall fest. Dieses Deutschland ist nicht mehr das Deutschland in dem man sich eine Bahnsteigkarte zieht, bevor man Revolution macht. Es ist auch nicht das Deutschland der Lampenputzer mehr. Es gibt dieses Beispiel mit der DDR, wo ein bis an die Zähne bewaffneter Staat, zwar unter besonderen Umständen, aber trotzdem dem Volk unterlag.
Waren es in der DDR wirklich mehr als 33 Prozent der Menschen die auf die Straße gegangen sind, oder lag es nur daran, dass sich die Wut langsam aufgestaut hat und dass es Führer gab. Keine glänzenden mit denen man einen neuen, besseren Staat hätte machen können und viele haben sich hinterher kaufen lassen. Andere werden wieder als Staatsfeinde betrachtet werden in diesem neuen Staat, der sich so sehr gar nicht vom Stasistaat unterscheidert.
Lug und Betrug. Überwachung und Bespitzelung. Das verbindet eher als dass es unterscheidet. Ist dieser Staat wirklich mächtiger als jener hinter seiner Mauer. Es käme auf einen Versuch an. Noch hat er die Visiere nicht alle unten. Er wird stärker von Monat zu Monat. Aber ist das reale Stärke oder nur ein letztes Aufblühen eines Todkranken.
Man weiß es erst hinterher. Aber nur der Versuch macht klug. Wer nichts versucht kann sich gleich zum Sterben hinlegen. Entweder die Bürger kämpfen jetzt für ihren Staat oder sie können ihren eigenen Untergang live und in Farbe miterleben. Es gilt Entscheidungen zu treffen.