„…Mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan.“

Mitte des neunzehnten Jahrhunderts konkurrierten das russische Zarenreich und das Britische Empire um die Vormachtstellung in Afghanistan.

Von 1839–1842 fand der „Erste Afghanische Krieg“ statt, in dem Grossbritannien Afghanistan als Kolonie erobern und zu Britisch-Indien hinzufügen wollte.

Viele indische Männer wurden für diesen Krieg in der Army of the Indus rekrutiert und es gelang ihnen gemeinsam mit den britischen Soldaten der British Army und Truppen der British Indian Army gegen den Widerstand der einheimischen Verteidiger das Land zu besetzen. Insgesamt hatten sich 16.500 britische und indische Truppen sowie ca. 35.000 Zivilisten auf den Weg gemacht.

Beherrschen jedoch liess sich das Land nie, es kam ständig zu Unruhen, Attentaten und Aufständen.

1842 wurde deshalb ein Waffenstillstand vereinbart.

Die Briten mussten sich unverrichteter Dinge aus dem Land zurückziehen. Dabei wurden sie am Khyber-Pass angegriffen und vernichtend geschlagen.

Generalmajor George Pollock wurde zu einer Vergeltungsaktion ausgesandt und nahm Kabul ein, dass die britischen Truppen noch im Herbst des gleichen Jahres wieder verliessen und keinen Fuss mehr in dem Land fassen konnten.

Auf diesen Krieg bezieht sich die Ballade von Theodor Fontane und soll hier als mahnende Warnung für die modernen Eroberungsarmeen Afghanistans stehen.

Auch die Russen sind in den achziger Jahren an ihrem langjährigem Krieg gegen Afghanistan zerbrochen, der einer unendlich hohen Anzahl von Soldaten das Leben gekostet hat, tausende Verwundete und traumatisierte Männer kehrten heim. Die Kosten für diesen Krieg explodierten für die Sowjetunion ins Unermessliche.

Der ISAF-Krieg in Afghanistan teilt das gleiche Schicksal wie die vorangegangenen Eroberungsversuche. Dieses Land scheint sich nicht beherrschen zu lassen.

Afghanistan wird sich nicht unter das Diktat andere Mächte unterwerfen.

Das hat man in Washington eingesehen im Gegensatz zu bestimmten grössenwahnsinnigen deutschen Möchtegern-Napoleönchen, die dabei sind, unser Land zu ruinieren.

Das Trauerspiel von Afghanistan

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,
Ein Reiter vor Dschellalabad hält,
„Wer da!“ – „Ein britischer Reitersmann,
Bringe Botschaft aus Afghanistan.“

Afghanistan! Er sprach es so matt;
Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,
Sir Robert Sale, der Kommandant,
Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,
Sie setzen ihn nieder an den Kamin,
Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,
Er atmet hoch auf und dankt und spricht:

„Wir waren dreizehntausend Mann,
Von Kabul unser Zug begann,
Soldaten, Führer, Weib und Kind,
Erstarrt, erschlagen, verraten sind.

Zersprengt ist unser ganzes Heer,
Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“

Sir Robert stieg auf den Festungswall,
Offiziere, Soldaten folgten ihm all?,
Sir Robert sprach: „Der Schnee fällt dicht,
Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

Sie irren wie Blinde und sind uns so nah,
So lasst sie?s hören, dass wir da,
Stimmt an ein Lied von Heimat und Haus,
Trompeter blast in die Nacht hinaus!“

Da huben sie an und sie wurden?s nicht müd?,
Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied,
Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang,
Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

Sie bliesen die Nacht und über den Tag,
Laut, wie nur die Liebe rufen mag,
Sie bliesen – es kam die zweite Nacht,
Umsonst, dass ihr ruft, umsonst, dass ihr wacht.

„Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.“

Theodor Fontane
(* 30.10.1819 , † 20.09.1898)

http://www.zgedichte.de/gedicht_302.html

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