Der britische Autor, der nur vierundvierzig Jahre alt wurde, erfährt eine späte Rehabilitierung mit der Herausgabe seiner Kriegsgedichte
Wenn es um die Beschreibung der Gräuel des Krieges durch Reporter und Schriftsteller geht, greift die staatliche Zensur über die tatsächlichen Vorgänge über die Leiden der Opfer und wird durch Propaganda ersetzt. Die Pressefreiheit ist eine hohle Phrase, heute wie gestern.
Am 28.März 2013 werden von der Cambridge University Press die vollständigen Gedichte als letzter Teil der 40-bändigen Ausgabe „Briefe und Werke“ des britischen Autors David Herbert Lawrence in ungekürzter Fassung veröffentlicht.
Die einunddreissig Kriegsgedichte wurden nie vollständig veröffentlicht und durch die Zensur so entstellt, dass sie verstümmelt und vom Sinn her zum grössten Teil unverständlich waren. Nicht ohne Grund, denn die Regierenden fürchteten die offengelegten Fakten ihres Handelns, denn die Gedichte zielten auf Politiker, den britischen Imperialismus, die Brutalität des Ersten Weltkriegs und die englische Repression. Die gestrichenen Passagen wurden inzwischen wieder hergestellt und Hunderte von Zeichensetzung korrigiert, um den unleserlichen Text in die Orginalfassung zu bringen.
Die Gedichte befassten sich mit dem Krieg in Deutsch-Ostafrika, der Eröffnung der Ostfront in der Türkei oder in dem Irak. Durch die vollständige Fassung werden Orte wie Saloniki und Mesopotamien wieder nachvollziehbar. Saloniki war die griechische Stadt, in die alliierte Truppen geschickt wurden, nachdem der Versuch, die Dardanellen zu stürmen gescheitert war.
„Während der Krieg fortgesetzt wurde, erlitten die Briten die schlimmste Niederlage in Mesopotamien … General Townshend Vormarsch bis zum Tigris in Richtung Bagdad war eines der teuersten und verschwenderischsten Unternehmen an Leben und Geld im Ersten Weltkrieg.“ sagte der Herausgeber des neuen Bandes, Christopher Pöllnitz und dass es „unser Verständnis für Lawrence in der Bedeutung als Dichter radikal ändert“.
Den meisten Lesern dürfte der bis 1960 verbotene erotische und später verfilmte Roman „Lady Chatterley‘s Liebhaber“ bekannt sein.
Da die meisten seiner Texte durch die Zensur gekürzt oder verboten waren, schrieb Lawrence die politischen Gedichte sehr subtil, oft aus Sicht unmittelbar Beteiligter sich Liebender oder Angehöriger der in den Krieg gesandten Soldaten.
„Dust
My brother died in the heat
And a jackal found his grave;
Nibbled his fingers, the knave;
No more would I let him eat.“
Zeilen, die durch unsere Passivität und Gewährleistungen der Beschlüsse unserer Regierungen nichts an Aktualität verloren haben.
Irak, Afghanistan, Mali, Zentralafrika, Somalia, Sudan, Kongo, Syrien, Libyen – Ländernamen, die heute ausschlisslich durch Krieg und Interventionen der „Alliierten“ die Schlagzeilen der Medien beherrschen.
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Quelle: http://www.guardian.co.uk/books/2013/mar/24/dh-lawrence-war-poetry-censorship