EU-Kommission soll im kalabrischen Giftmüllskandal intervenieren – Italiens Schweigen
Anklage zur illegalen Entsorgung von radioaktiven Abfall könnte zusätzlich auf mehrfachen Mord hinauslaufen
Beamte in Kalabrien drohten unter Umgehung der Regierung in Rom sich direkt mit einer Petition an die Europäische Kommission zu wenden um Hilfe zu erbitten, wenn ein Schreiben an die italienische Umweltministerin Stefania Prestigiacomo zu keinem Ergebnis führt.
Es geht um den 18 km vor ihrer Küste entdeckten Frachter, wir berichteten. Man befürchtet eine potentielle ökologische Katastrophe.
Die italienische Regierung scheint keinen schnellen Handlungsbedarf zu sehen, obwohl es eine neue zusätzliche Entwicklung gibt. Es scheinen sich in dem gesunkenen Schiff menschliche Überreste zu befinden, die eventuell auf einen gewaltsamen Vorgang schliessen lassen und Opfer eines Verbrechens wurden. Kameraaufnahmen deuten darauf hin.
Herr Bruno Giordano, Staatsanwalt für den kalabrischen Küstenort Paola, sagte
„Die Aufnahmen scheinen zu zeigen, dass es sich um zwei menschliche Schädel handelt. Das muss untersucht werden. Da wird behauptet, dass dreissig oder mehr andere Schiffe draussen im Mittelmeer liegen.“
Wenn sich herausstellt, dass auf dem untergegangenen Frachter tatsächlich noch Besatzungsmitglieder waren, wurden sie einfach mit vernichtet. Eine ungeheuerliche Vorstellung.
Der Leiter der regionalen Umweltbehörde, Herr Greco verurteilte die Antwort der Minister, die nichts unternehmen, um aufzuklären, ob es sich bei diesem Schiff um die Cunsky handeln könnte, ein mit Giftmüll beladenes Schiff, dass als vermisst gilt. Angeblich wurde die Cunsky 1992 verschrottet.
„Es ist 11 Tage her, seit das Schiff gefunden wurde, und es gab nicht ein einziges Zeichen von der Regierung. Wir glauben nicht, dass dieses Schweigen normal ist.“
Herr Greco fügte hinzu, dass „das gesamte Mittelmeer, von der Adria bis zum Tyrrhenischen Meer und der Straße von Sizilien bis zum Ägäischen Meer“ von Abfällen versunkener Schiffen bedroht werden könnte.
„Das Bergen und die Entsorgung der Fracht wird in Bezug auf die Kosten sehr aufwändig werden“
sagte er.
Sebastiano Venneri, Vizepräsident der Umweltschutzorganisation Legambiente, sagte, es gibt Befürchtungen, dass durch die undichten Behälter Radioaktivität bereits vom Plankton aufgenommen sein könnte. Wenn das der Fall ist, besteht die Gefahr, dass sie ihren Weg in die Nahrungskette gefunden hat.
Aurelio Garritano, der stellvertretende Bürgermeister von Longobardi, einer Stadt in der Nähe des Wracks der Cunsky, stellte fest, dass noch keine Tests des Nachweises von Giftmüll in der Umwelt durchgeführt worden sind.
„Wir können nicht so weitermachen, die Regierung muss eingreifen“
sagte er.
Der Informant, Francesco Fonti, ein ehemaliges Mitglied der Ndrangheta-Mafia sagte den Staatsanwälten, er war an dem Untergang des Schiffes Cunsky im Jahr 1992 beteiligt, um die 120 Fässer mit radioaktivem Schlamm zu entsorgen. Weiterhin sagte er, dass er ausserdem noch an dem Untergang der beiden anderen Schiffe, die Yvonne A und die Voriais, beteiligt war.
Herr Fonti wurde inzwischen unter Hausarrest gestellt. Er behauptet, dass er von mindestens 30 weiteren Schiffen Kenntnis hat, die von der kalabrischen Mafia in italienischen Gewässern versenkt wurden. Es handelte sich um die Abfälle aus europäischen Pharma-Unternehmen, die Mafia zahlte für das Verschwindenlassen Millionen.
Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete gestern, dass bis zu 39 Schiffe mit toxischen oder radioaktiven Abfällen, produziert von europäischen chemischen oder pharmazeutischen Firmen, auf diese Weise entsorgt wurden.
Artikel zum Thema
13.09.2009 Atommüll: strahlende, späte Wahrheitssuche