The Right Honourable Stephen Harper traut seinen eigenen konservativen Parteigenossen nicht über den Weg – Ex-Verteidigungsminister spottet über das „Babysitten a lá Big Brother“ des Premierministers
Nach der Enthüllung über ausgebene Steuergelder für die heimliche Überwachung von Ministern und Parlamentsabgeordneten der eigenen Konservativen Partei bemüht sich die kanadische Regierung unter Stephen Harper um Schadensbegrenzung.
Ausgerechnet der ehemalige Verteidigungsminister John McCallum, nun als Abgeordneter der Liberalen Partei ein Oppositioneller der Regierung, hatte beantragt, die Medien-Monitoring-Verträge und die verwendeten Suchbegriffe durch die Regierung offenzulegen. Nach offizieller Lesart wird mit dem Durchforsten der Medienlandschaft versucht auf diese Weise Verbrechern und bevorstehenden kriminellen Handlungen auf die Spur zu kommen – und, nicht zu vergessen, das alte ewige Lied vom Aufdecken „terroristischer Wiedervereinigungen“ gesungen.
Das Ergebnis der Anfrage liegt im Trend der korrupten polizeistaatlichen Harper-Regierung: im Zeitraum vom April 2011 bis Anfang 2013 wurden 23 Millionen Dollar für Medienbeobachtung an einen externen Dienstleister gezahlt.
2,4 Millionen Dollar von diesem stolzen Budget fielen – wie sich nun heraustellte – auf eine besonders gefährliche Sparte: die Politiker der eigenen Partei.
Der Auftrag aus dem Büro des Kronrats, dem Privy Council Office (PCO), lautete, sämtliche Äusserungen (auch jede unbedeutende Kleinigkeit) aufzuspüren und in einer Datenbank einzupflegen.
Der privaten Firma wurde eine Liste mit fünfundsechzig Namen der Konservativen – darunter Minister und parlamentarische Staatssekretäre – übergeben sowie auch Schlüsselwörter, auf die der besondere Augenmerk liegen sollte. Gesucht wurde im Internet in den sozialen Netzwerken, auf Websites, in Fernseh- und Radiosendungen bis hin zu den Printmedien und lokalen Zeitungen.
Auf die Empörung nach diesem Skandal streuen sich die Auftraggeber nicht etwa Asche aufs Haupt sondern erklären dreist, dass man noch nicht die Zeit hatte, alle Namen von Persönlichkeiten der eigenen Partei hinzuzufügen: „Alle konservativen Abgeordneten waren dazu vorgesehen, aufgenommen zu werden. Diese Sache wurde übersehen. Es war unsere Absicht, alle einzubeziehen“.
Das Ganze wäre auch kein Ausspionieren sondern eine Meinungsforschung. Schliesslich müsse die Regierung wissen was die Parteigenossen auch ausserhalb des Parlaments treiben um sich auf Gegenreaktionen der Kritiker aus den eigenen Reihen vorbereiten zu können.
Der Sprecher des Kronrats Raymond Rivet versucht zu relativieren:
„Wir überwachen keine Abgeordnete per se, wir versuchen nur sicherzustellen, dass sie (die Medien-Monitoring-Dienste) alles erbeuten wenn es etwas gibt, das für uns von Interesse ist.“
Ein dienstbefliessener Parteigenosse springt dem PCO-Beamten bei:
„Sie müssen daran interessiert sein, was ihre Kollegen tun, nicht wahr? Ich meine, die Regierung muss das tun. Von der Position der Partei her macht es Sinn, dass sie daran interessiert wäre, was ihre Mitglieder sagen. Es scheint reichlich vernünftig und ist offensichtlich legal; so würde ich also sagen, es ist keine grosse Sache“,
verteidigt der konservative Abgeordnete Brian Jean seinen Chef, und meinte, dass ihn nicht stören würde, dass er auch auf der Liste steht. Vielleicht bringt es sogar Brian Jean, dem ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretär beim Minister für Verkehr, Infrastruktur und Gemeinden und derzeitiges Mitglied des Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Recht und Menschenrechte ein noch lukrativeres Pöstchen beim Pappi für dieses brave Verhalten mit der höchst bedenklichen verfassungswidrigen Rechtsauffassung ein.
Mitleid mit den Geprellten zu empfinden wäre nun plumpe Heuchelei. Es trifft nicht die Falschen. Unter der Regierung Harpers entschieden sich diese Personen in der Gesetzgebung für Geschenke an die Corporates und die Peitsche für ihre Untertanen.
Kaum sitzt Mann mit Dreck am Strecken in der Opposition, riskiert Mann die grosse Klappe:
„Herauszufinden, was die Abgeordneten in ihren lokalen Zeitungen sagen und ob die Abgeordneten etwas sagen, was sie nicht sagen sollten – das heisst für mich Überwachung, ob Sie das Wort mögen oder nicht.
Die Steuerzahler sollten nicht für das Babysitten der eigenen Abgeordneten der Konservativen zahlen. Ist das Big Brother, der sie beobachtet?“ so der ex-Minister für Veteranangelegenheiten und Verteidigungsminister Kanadas (2000 bis Ende 2003) McCallum.
Am 9.Januar 2003 versprach McCallum als amtierender Verteidigungsminister Kanadas nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Donald Rumsfeld die Unterstützung im Irak-Krieg:
“If … the Security Council authorizes the use of force … then Canada will definitely be part of that military group.”
Demokraten und Republikaner, Liberale und Konservative in Kanada, Grossbritannien, Australien, SPD, FDP und CDU in Deutschland: keine einzige dieser Parteien hat es jemals fertig gebracht einen Krieg zu verhindern, weder als Regierungs- noch als Oppositionspartei. Unter ihrer Regie starben und sterben heute noch unzählige Menschen durch ihre „Friedensmissionen“.
Artikel zum Thema:
30.04.2013 Kanadas Regierung: 3,1 Milliarden Dollar für “Anti-Terror” verschwunden
Nachdem die Debatte in Parlament und Öffentlichkeit in der letzten Woche bezüglich neuer “Antiterror”-Massnahmen angeheizt wurde, da laut den (auch in Kanada) ständig von Verarmung bedrohten antiterroristischen Behörden ein Mann aus Toronto und ein anderer Mann aus Montreal ein Attentat auf einen Personenzug geplant haben sollen, wird genau zu diesem Thema der Bericht des kanadischen Bundesrechnungshofs vorgelegt. Dessen Ergebnisse dürfte nun bei einigen in der Regierung echten Terror (lat.: Schrecken) hervorrufen – um es im Präsens zu formulieren.
Quellen:
http://www.huffingtonpost.ca/2013/05/08/harper-government-monitors-backbench-mps_n_3240080.html
https://www.wsws.org/en/articles/2003/01/can-j15.html