Teil I – Die Elemente des Menschen
Teil II – Das Zweite Paradoxon Feudalismus
Teil III – Das Dritte Paradoxon Hierarchie und Stände
Fortsetzung der Schriftreihe aus 2010 über den gesellschaftlichen und historischen Zusammenhang von Wissen und Macht, sowie entsprechend den Einfluss der Informationswelt auf die Gesellschaftsstruktur
Um das historisch immer wiederkehrende Phänomen der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen (aus welchen Motiven heraus auch immer) zu überwinden, stehen die Ausgebeuteten zunächst vor einem scheinbar unauflösbaren Paradoxon: Die Schwächeren (Ausgebeuteten) müssten sich gegen die Stärkeren (Ausbeuter) durchsetzen.
Im ersten Teil der Schriftreihe definierte ich dies als das Erste Paradoxon.
Die prägenden (und ggf. durch andere Menschen ausgebeuteten) Elemente des Menschen definierte ich wie folgt: zu reflektieren, zu denken, zu erfinden, zu erschaffen und zu erarbeiten. Als Gesellschaft definierte ich alle Menschen eines bestimmten Raumes / Gebietes, gleich ob mit und ohne Bezug zueinander.
Des Weiteren setzte ich als einen Parameter das gesellschaftliche Urprinzip, dass (grob umschrieben) in jeder Gesellschaft zunächst einmal die Mehrheit die stärkere Partei bzw. der gesellschaftlich Stärkere ist. Oder simpel umschrieben: Mehrheit = Der Stärkere, Minderheit = Der Schwächere.
In Teil II beschrieb ich nun das Zweite Paradoxon Feudalismus: Die Herrschaft einer kleinen Minderheit über eine große Mehrheit. Die kleine Minderheit ist die gesellschaftlich stärkere Partei, die große Mehrheit die gesellschaftlich schwächere Partei.
In Teil III schloss ich beide Paradoxien miteinander kurz: Der Feudalismus, das Zweite Paradoxon, ist bereits selbst die Auflösung für Paradoxon Nr.1. Denn er beinhaltet den Sieg und die Herrschaft der Schwächeren über die Stärkeren, einer verschwindenden Minderheit über die große Mehrheit der Gesellschaft, und beweist somit, dass sich schon immer in der Geschichte Schwächere gegen Stärkere durchgesetzt haben.
Doch warum stützt nun eine Mehrheit der Gesellschaft eine Gesellschaftsstruktur, wenn diese nicht sie selbst begünstigt, sondern nur eine kleine feudale Schicht?
Diese Frage führte uns in Teil III weiter zum Dritten Paradoxon Hierarchie und Stände. Ich legte dar, wie eine in Form einer pyramidalen Hierarchie von z.B. 5 Ebenen gegliederte Gesellschaft, mit Ebene 1 als der höchsten und kleinsten (wobei der Begriff „Ebene“ z.B. durch “Stände”, “Kaste”, “Schicht” oder “Klasse” ersetzt werden kann), in ihrer Interaktion abermals eine effektive Sicherung des Feudalismus mit sich bringt: die große Mehrheit der Gesellschaft stützt weiter eine Gesellschaftsstruktur, die sie selbst benachteiligt und eine kleine feudale Schicht begünstigt.
Wie löst man nun das Dritte Paradoxon Hierarchie und Stände auf? Ganz einfach: Gar nicht. Weil man es nicht muss. Es löst sich von allein auf, wenn es bewusst wird.
Eben das ist der Grund, warum das Bewusstsein über das Dritte Paradoxon Hierarchie und Stände permanent unterdrückt werden muss, um es in Kraft zu halten. Und genau diese Unterdrückung ist nach meiner These der Beweis für die anzunehmende Selbstauflösung bzw Erosion des Dritten Paradoxon, wenn der Druck nachlässt.
Die Existenz dieses permanenten, stetigen Drucks gegen die Entwicklung von Bewusstsein über das Dritte Paradoxon Hierarchie und Stände, welcher logisch nur zu dessen Aufrechterhaltung dienen kann, ist unleugbar und äußert sich im Groben durch drei verschiedene Methoden, deren Anwendung im Laufe der Menschheit immer wieder zu beobachten waren.
Methode 1. Die plumpeste Methode: Schlicht die von Natur, Biologie, Genen, Zufall, Schicksal, der Umlaufbahn irgendwelcher Planeten, dem Kosmos oder einem oder beliebig vielen Göttern bestimmte Gegebenheit von Feudalismus und Hierarchie und Ständen zu behaupten, mithin die vermeintlich biologisch-wissenschaftlich oder religiös begründbare „Höherwertigkeit“ der Herrschenden, Privilegierten und Ausbeuter über die „minderwertigen“ Beherrschten, Unter- / Nichtprivilegierten und Ausgebeuteten, oder einfach „Ungläubigen“.
Methode 2. Die gängigste Methode: Den Ausgebeuteten ein mit ihren Ausbeutern Gemeinsames bzw gemeinsames Interesse und / oder „großes Ganzes“ zu behaupteten oder zu erfinden, welches die völlig unterschiedlichen Interessen der oberen, mittleren und unteren Ebenen der Hierarchien und Stände (und damit das Zweite Paradoxon Feudalismus) scheinbar aufhebt, überwiegt oder irgendwie völlig sekundär erscheinen lässt.
Als da diene:
– das „Vaterland“
– „Europa“
– „Mutter Erde“
– der „Volkskörper“
– die „Arisierung“
– die „Europäisierung“
– die Weltgesundheit
– die Finanzmarktstabilität
– einfach irgendeine total „vernünftige“ Ideologie, große Idee, Vision, etc
oder ein (fiktiver) Feind bzw der Kampf oder Krieg gegen diesen:
– der Klimawandel
– Vogelgrippe
– Schweinegrippe
– die „Überbevölkerung“ von sieben Milliarden fahrlässigen CO2-Emittenten
– Asteroiden
– Kometen
– das Internet
– Aliens, oder solche die so aussehen
– Rinderwahnsinn
– Menschenwahnsinn / benachbarte Zombies oder solche die so aussehen
– unauffindbare aber allgegenwärtige Terroristen oder solche die so aussehen (bei für Geheimdienste allgegenwärtigen und auffindbaren Bürgerinnen und Bürgern)
und so weiter, und so weiter.
Methode 3. Die geschickteste, unauffälligste, und auf den ersten Blick oft schwer zu identifizierende Methode: Den Ausgebeuteten gegenüber nachhaltig und permanent sie (fiktiv oder tatsächlich) Trennendes hervorzuheben und objektiv Gemeinsames bzw gemeinsames Interesse zu verschweigen, zu vernebeln oder zu vertuschen.
Ein Beispiel: die öffentliche und begriffliche Selektion primär der Ebenen IV und V, also der (am Meisten) ausgebeuteten Mehrheit der Bevölkerung, in verschiedene Gruppen und damit verbundene fíktive oder tatsächliche Partikularinteressen zu betreiben oder /und diese Selektion zu befördern, in z.B.:
– Geschlecht
– Religion
– Herkunft
– Abstammung / Ethnie, etc
– Sexualität
– echte oder vorgeschobene politische, persönliche, kulturelle Orientierungen
– echte oder fiktive / geführte politische und kulturelle Strömungen
– fiktive „Fremdkörper“ im Inneren der eigenen vermeintlichen “Einheit” aller Ebenen der feudalistischen Gesellschaftsstruktur, usw.
Dabei kann eine bestimmte Minderheit wahlweise als Sündenbock dienen oder z.B. durch Einbindung von Einzelpersonen in Partikularinteressen zur Ausgrenzung oder Ausschaltung für den eigenen Machterhalt gefährlich gewordener anderer Personen oder Gruppen benutzt werden.
Diese seit dem Römischen Imperium bis heute immer wieder effektiv verwendeten Methoden (die natürlich kombiniert werden können) sind auch bei Machtkämpfen auf oder mit Ebene III und II anwendbar, z.B. bei temporären vorgetäuschten oder tatsächlichen Bündnissen der obersten feudalen Ebene I mit Teilen der unteren Ebenen.
Im gegenteiligen Fall kann z.B. für Ebene II und III ein Austausch der obersten Ebene I akzeptabel sein, solange und wenn die pyramidale Gesellschaftsstruktur (und damit ihre eigenen Profite und Privilegien) im Kern erhalten bleibt, ganz gleich unter welchen Vorzeichen, Flaggen und fiktiven oder tatsächlichen Ideologien.
Jedweder diese imperialen Taktiken stützender Mystizismus wurde von oben, durch die gesamte Geschichte hindurch, stets eifrig befördert.
Ein Beispiel für Methode 1: Bis heute hält sich z.B. der mörderische, antirationale und aus herrschenden Kreisen immer wieder gefütterte und propagierte Glaube an den biologischen Glauben, an die vererbbare Religion. Kombiniert man diesen Glauben an den biologischen Glauben nun mit der Behauptung der „Höherwertigkeit“ und „Minderwertigkeit“ eines Glaubens in Relation zu einem anderen, so ergibt das eine perfide und zutiefst unlogische propagandistische Konstruktion, mittels der man Menschen nicht nur wegen deren Glauben, sondern auch noch wegen dem ihrer Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Vorfahren, usw, als“höherwertig“ oder „minderwertig“ einstufen kann. Ebenso erfindet dieser Glaube an den biologischen Glauben – effektiv eine konstruierte, antigeistige, unlogische Variante von Propaganda – den Glauben an die biologische Veränderung bzw „Verbesserung“ oder „Verschlechterung“ des Menschen durch Annahme oder Aufgabe einer Religion bzw eines Glaubens.
Auch im 21. Jahrhundert werden immer noch eine ganze Reihe von Kriegen geführt, in denen selbst Kinder getötet werden, weil sie einem bestimmten Glauben „biologisch“ zugeordnet werden den sie nie gewählt haben, sondern der ihnen nach ihrer Geburt von ihren Familien mitgegeben wurde, bis sie für sich selbst entscheiden (können).
Dabei muss, leider immer noch und selbst im 21. Jahrhundert, erklärt werden: einem neuen, in diese Welt geborenen Menschen einerseits eine Schuld oder Verantwortung, oder andererseits eine Belohnung, einen Rang bzw einen negativen oder positiven Status für irgendwelche Taten zuzuweisen, die er / sie nicht begangen haben kann, ist irrational. Mehr noch – es ist Schwachsinn.
Ein daran anschließendes weiteres Beispiel für Methode 1 zur Stabilisierung von Feudalismus und Hierarchien und Ständen ist eine neue, im Schatten des weltweiten Krieges im 21. Jahrhundert schleichend in einflussreiche Kreise gesickerte Ideologie: „Transhumanismus“ und eskalierend „Posthumanismus„.
Allen Ernstes wird die „Erhöhung des Menschen“ („human enhancement„) bzw dessen „Verbesserung“ durch neue Technologien wie Biomechanik bzw Biotechnologie, die seit langem mit gewaltigem Aufwand auf Kosten der Gesellschaft betriebene Forschung nach „Künstlicher Intelligenz“ (mithin der Suche nach Persönlichkeit und Seele von Maschinen), sowie durch eine Verschmelzung von Informationstechnischen Systemen und Mensch durch Implantate oder gar Ersatz von Körperteilen und -Funktionen zu „kybernethischen Lebensformen“, zu Cyborgs propagiert. Und nicht nur das – sogar von der „Überwindung“ des Menschen selbst ist schon die Rede, von dessen Verschwinden als „unvollkommener“ Lebensform, wenn sie nicht „erhöht“ („enhanced“) wurde.
Wo sich aber ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen als „erhöht“ oder „verbessert“ betrachtet – wie definiert er / sie alle anderen?
Welche reale Gefahr, welche Bedrohung diese neue Ideologie der Eugenik, des Genoismus (wenn man diesen Begriff benutzen will), für unsere Zivilisation und Gesellschaften auf dem Planeten tatsächlich bedeutet, ist noch den Wenigsten bewusst. Es muss sich mit der Bedrohung eines Eugenischen Zeitalters und der damit einhergehenden Aufteilung der Menschheit in genetisch jeweils unterschiedlich manipulierte Klassen auseinandergesetzt werden. Bereits jetzt wird diese in und durch moralisch und zivilisatorisch degenerierte privilegierte (akademische, militärische, politische, finanzielle) Stände und Hierarchien schleichend und mit enthemmter Dreistigkeit vorbereitet. Um nur ein Beispiel zu nennen: derzeit wird in einem die künstliche Kreation von Menschen aus drei Menschen propagiert (ich empfehle dazu dringend sich die ARTE-Dokumentation „Welt ohne Menschen?“ anzusehen, sich Daten, Namen und Inhalte zu merken und dazu selbst zu recherchieren).
Die Auflösung des Dritten Paradoxon Hierarchie und Stände ist also: es löst sich selbst auf, wenn es bewusst wird. Und mit dem Dritten Paradoxon verschwindet bzw erodiert auch das Zweite Paradoxon Feudalismus (die Herrschaft einer verschwindend kleinen, ausbeutenden Minderheit über die vielfach größere Mehrheit der Ausgebeuteten), welches wiederum das Erste Paradoxon auflöst, die (vermeintliche) Unmöglichkeit einer Durchsetzung von Schwächeren (einer winzigen Minderheit) gegenüber Stärkeren (einer überwältigenden Mehrheit).
(…)
Links aktualisiert am 07.06.2015