Ein von europäischen Gefangenen der Paramilizien belauschtes, in englischer Sprache geführtes Skype-Gespräch in Syrien
Am 9.September 2013 landeten der belgische Historiker, Politologe und Schriftsteller Pierre Piccinin und der italienische Lehrer und Journalist Domenico Quirico auf dem Militärflughafen Ciampino in Rom. Im Rahmen eines Gefangenenaustauschs wurden die beiden Europäer freigelassen und mit einem italienischen Regierungsjet aus Syrien geflogen.
Im April 2013 kamen die beiden Männer über die libanesische Grenze um das Kriegsgeschehen in Syrien zu dokumentieren. Unmittelbar darauf kamen Piccinin und Quirico in die Gefangenschaft von Gegnern der syrischen Regierung und wurden für mehrere Monate festgehalten. Eine Gruppe bewaffneter Männer in Pickup-Trucks, von der sie glaubten, dass es sich um Mitglieder der ‚Freien Syrischen Armee‘ handelte, führten die Entführung durch. Unmittelbar darauf wurden sie der Abu Ammar-Brigade übergeben, die mehr „Banditen als Islamisten“ glichen. Nach Aussagen der Entführten wechselten ständig die Orte und Gruppen ihrer Wächter – darunter gab es gab „sehr gewalttätige Gruppen, sehr antiwestlich und einige antichristlich“.
Seit ihrer Ankunft in Rom fanden mehrere Gespräche mit europäischen Nahrichtenagenturen statt.
So sagte Piccinin in einem Interview mit RTL Radio Belgien, dass es seine moralische Pflicht ist, darauf hinzuweisen, dass nicht die Regierung von Bashar al-Assad Sarin oder andere Arten von Gas in den Aussenbezirken von Damaskus eingesetzt hat. Piccinin betonte, dass sie während ihrer Gefangenschaft von der Aussenwelt abgeschnitten waren und keine Ahnung davon hatten, dass chemische Waffen eingesetzt wurden.
Während diesem Zeitraum hörten sie ein englischsprachiges Skype-Gespräch zwischen ihren Entführern und andere Männern – Rebellen, nicht von der Regierung – über den Einsatz von chemischen Waffen am 21.August in der Nähe von Damaskus als einen strategischen Schritt der Opposition.
In der italienischen Zeitung La Stampa sagte Quirico, dass in diesem Gespräch über einen Gasangriff auf zwei Wohnviertel von Damaskus als Provokation gesprochen wurde um den Westen zu einer militärischen Intervention zu veranlassen. Quirico sagte, dass sie kaum etwas von der Situation im Land und somit nichts von dem Gasangriff in Damaskus erfuhren.
Piccinin erklärte im Interview mit RTL Radio Belgien, es sei verrückt und selbstmörderisch für den Westen, diese Menschen zu unterstützen und meinte:
„Es schmerzt mich es zu sagen, weil ich schon seit 2012 ein heftiger Verfechter der ‚Freien Syrischen Armee‘ in ihrem rechtmässigen Kampf für Demokratie bin.“
Die italienische Zeitung Quotidiano Nazionale zitierte Quirico, dass dieser sehr erstaunt über die Vereinigten Staaten von Amerika sei, die sehr genau wüssten, dass aus der anfänglichen Revolution ein Kampf der internationalen Jihadisten geworden ist, mit anderen Worten Al-Qaida. Der 62-jährige Journalist ist davon überzeugt, dass die radikal-islamistischen Gruppen ein Kalifat im gesamten Nahen Osten und Nordafrika errichten wollen. Die gleiche warnende Einschätzung hört man seit Monaten auch von den Geheimdiensten westlicher Länder.
Die Monate in der Gefangenschaft waren eine harte Zeit, berichteten die beiden Europäer. Täglich kam es zu Misshandlungen, Demütigungen, Mobbing. Sie wurden geschlagen, einige Scheinhinrichtungen mit an ihrem Kopf gehaltenen Pistolen durchgeführt.
Piccinin sagte zur Zeitung Libre Belgique, dass die ‚Freie Syrische Armee‘ zerfallen wäre, viel Kämpfer dem Land entmutigt den Rücken gekehrt hätten – übriggeblieben seien „richtige Banditen“.
Besonders auffällig an dem direkt vor Ort mitgehörten Gespräch ist, dass es in englischer Sprache geführt wurde und auf westliche Beteiligte schliessen lässt. Männer mit Herkunft aus arabischen Ländern bedienen sich wohl kaum einer ausländischen Sprache.
Der Belgier war schon siebenmal während des vom Ausland finanzierten „Bürgerkriegs“ in Syrien und wurde ausser seiner letzten Geiselhaft schon zuvor zweimal von paramilitärischen Banden gekidnappt. Piccinin schrieb in diesem Zeitraum zwei Bücher über die Situation im Land. Zunächst stand er auf der Seite der syrischen Regierung und wechselte dann die Fronten zu den „Aufständigen“.
Sicher ist es kein Zufall, dass die beiden Männer zum jetzigen Zeitpunkt freigelassen wurden. Ebenso wenig zufällig dürfte die Geiselnahme im April kurz nach Grenzübertritt von libanesischem Territorium aus erfolgt sein. Hier handelt es sich nicht um unerfahrene Anfänger.
Pierre Piccinin und Domenico Quirico, so wie viele andere auch, sind Spielbälle der unterschiedlichen Geheimdienst- und Kriegsparteien.
Dennoch dürften ihre Aussagen weltweit auf ein breites Echo stossen, stehen sie doch in hohem Widerspruch zu Angaben der Regierung von Barack Obama. Auch in Washington werden Stimmen aus dem nationalen Sicherheitsapparat laut, dass U.S.-Aussenminister John Kerry und Präsident Barack Obama ungeprüfte Angaben von Geheimdienstquellen dem U.S.-Kongress und der Öffentlichkeit als sichere Beweise für die Schuld Assads verkaufen – so eben auch ein abgehörtes Internet-Gespräch.
Im Gegensatz dazu allerdings sind die Aussagen von Pierre Piccinin und Domenico Quirico zumindest keine gern zitierten „anomymen“ Quellen.
Quellen:
http://rt.com/news/chemical-weapons-rebels-captives-632/
http://de.ria.ru/politics/20130910/266846946.html