Pentagon bleibt seit zwei Jahrzehnten Nachweis über 8,5 Billionen U.S.-Dollar schuldig

Geduldetes hausgemachtes Chaos: im Schatten des grauen Nebels herrschen paradiesische Zustände für geheime Operationen und illegalem Waffentransfer – ein Militärapparat ausser Kontrolle und Gefahr für die Demokratie

Rein theoretisch aus Sicht des Finanzamts betrachtet müsste ein Unternehmen die Lizenz verlieren, wenn es mindestens seit 1996 seinem jährlichen finanziellen Abschluss nicht nachkommt oder permanent nachweislich Zahlen frisiert und Bilanzen fälscht um dieser Verpflichtung nachzukommen.

Während die Generalität aus vollem Halse lauthals „Zeter und Mordio“ mit düsteren Zukunftsprognosen für die mangelnde Kampfbereitschaft schreit wenn es um Sparmassnahmen geht (US Army Chief on Sequester Rhetoric: I‘m a ‚Realist‘ Not an ‚Alarmist‘), ist ihr militärischer Kampfverein nicht in der Lage nachzuweisen, wofür es die Gelder verwendet, die ihm Jahr für Jahr zugebilligt werden. Laut Gesetz sind diese Jahresabschlüsse für jede Bundesbehörde zwingend vorgeschrieben.

Verteidigungsminister Chuck Hagel, der als Boss seit März 2013 den unersättlichen, sich verselbstständigten Moloch managt, veröffentlichte im August ein Video zu der Situation, worin Hagel sagt: „Das Department of Defense ist die einzige Bundesbehörde, die nicht in der Lage ist, Jahresabschlüsse zu erstellen, die durch das Gesetz erforderlich sind. Das ist inakzeptabel.“

Mindestens seit 1996 kämpft die hauseigenen Finanzabteilung Defense Finance and Accounting Services (D.F.A.S.) bei der Jahresabrechnung mit diesem Fass ohne Boden um eine korrekte Bearbeitung. Ein aussichtsloses Sisyphos-Unterfangen. 8,5 Billionen U.S.-Dollar an vom U.S.-Kongress bewilligten Steuergeldern für das Verteidigungsministerium konnten nicht korrekt zugeordnet und ordnungsgemäss verbucht werden.

Allein im vergangenen Jahr konnten die Verwendung des 565 Milliarden grossen Jahresbudget für 2012 nicht zugeordnet werden. Für die D.F.A.S.-Mitarbeiter war es „unmöglich, festzustellen, wieviel von diesem Geld ausgegeben wurde und wofür, so wie es sein sollte.“

Die militärischen Dienststellen lieferten keine oder unvollständige Zahlen. Symptomatisch kamen sämtliche Kommandos der U.S.-Armee ihren Verpflichtungen nicht ordnungsgemäss nach – die Landstreitkräfte, die Luftwaffe, die Flotte und andere Hunderte von Verteidigungsbehörden. Falsche Zahlenangaben gehörten zum „standard operating procedure“. Die Mitarbeiter der Finanzabteilung wurden von ihren Vorgesetzten angewiesen, Zahlen zu erfinden um das Manko auszugleichen und so den Fiskus zufriedenzustellen. Selbst Ausgaben, die die D.F.A.S. von den militärischen Kommandos erhielt waren schon gefälscht, weil keine Aufzeichnungen auf der operativen Ebene angefertigt, verloren oder erfunden waren.

Verträge über Lieferungen von Waren wie Waffen, Munition und Dienstleistungen aus dem Privatsektor, die eigenen Lagerbestände – all dies kann nicht korrekt überprüft werden. In dem Zeitraum zwischen 2003 und 2011 verlor sich allein nur die Spur von IT-Geräten im Wert von 5,8 Milliarden Dollar zwischen den regulären Einheiten und der Reserve, hiess es im Bericht des Generalinspekteurs des Pentagons vom September 2012.

Das Verteidigungsministerium ist die einzige Bundesbehörde der Vereinigten Staaten von Amerika, in der Aufzeichnungen über verwendete Gelder in diesem Ausmass nicht zur Verfügung stehen. Im Jahr 2009 erliess der U.S.-Kongress Rechtvorschriften mit einer achtjährigen Frist, dass das Militär bis zum Jahr 2017 seine Bücher in Ordnung zu bringen hat und die Verwendung der Gelder nachweist.

Im Jahr 2011 sagte der damalige U.S.-Verteidigungsminister Robert Gates: „Meine Mitarbeiter und ich erfuhren, dass es fast unmöglich war, genaue Informationen und Antworten auf Fragen wie ‚Wie viel Geld haben Sie ausgeben‘ und ‚Wie viele Menschen haben Sie?‘ zu erhalten.“

Schuld sollen angeblich ein antiquiertes Rechnungswesen und Business-Management-Systeme mit veralteten Programmiersprachen sein, die zum Teil seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eingesetzt waren. Laut einem Bericht vom Januar 2012 einer eingesetzten Task Force des Defense Business Board wurde die Zahl auf rund 5000 geschätzt. Gordon England, ehemaliger stellvertretende Verteidigungsminister unter George W. Bush, meinte dazu: „Es gibt Tausende und Abertausende von Systemen. Ich bin nicht sicher ob jemand weiss, wie viele Systeme es gibt. Es ist, als ob jede Steckdose im Pentagon eine andere Form und Spannung hat.“

Allein um die jahrelang ausstehenden finanziellen fehlenden zuzuordnenden Buchungen mit moderenen Programmen in Ordnung zu bringen wurden ab dem Jahr 2009 Dutzende Milliarden Dollar für Soft- und Hardware sowie Programmierer ausgegeben. Im Jahr 2012 wurde diese Mission der Tracking-Methode als gescheitert erklärt (to find it inoperable) und die „Tests“ eingestellt. Die Luftwaffe verlangte nun zusätzliche 1,1, Milliarden Dollar um dieses System zur Suche nach den ausstehenden Daten bis zum Jahr 2020 zum Laufen zu bringen.

Die Senatoren Tom Coburn und Joe Manchin haben mit Unterstützung von Barbara Lee sowie sechzehn weiteren Mitunterzeichnern am 2. Juni 2013 den Gesetzentwurf H.R.559 – Audit the Pentagon Act of 2013 eingebracht, die die Finanzierung für neue Programme einschränken würden und den Kauf von neuen Informationstechnologien verbieten, wenn das Pentagon die eigene Prüfung bis zum Ultimatum im Jahr 2017 nicht durchgeführt hat.

„Das Pentagon kann nicht das managen, was es nicht erfassen kann; und der Kongress kann nicht effektiv seiner verfassungsrechtlichen Aufsichtspflicht nachkommen wenn er nicht weiss, wie das Pentagon die Dollars der Steuerzahler ausgibt. Bis das Pentagon eine tragfähige finanzielle Prüfung erstellt hat, wird es nicht in der Lage sein, effektiv seine Ausgaben zu priorisieren. Es wird auch weiterhin die Verfassung verletzt und unsere nationale Sicherheit ist in Gefahr“, so Coburn.

Der Entwurf wurde bisher weder im Kongress noch Senat diskutiert geschweige denn abgestimmt (siehe Anzeige des Standes im angegebenen Link).

Die U.S.-Kongressabgeordnete Barbara Lee hat im Februar 2013 auch den Gesetzentwurf zum Widerruf des Gesetzes des “War on Terror” eingereicht, den Authorization for Use of Military Force (Public Law 107-40; 50 U.S.C. 1541 note).

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Quellen:
http://rt.com/usa/pentagon-numbers-doctored-treasury-922/
http://www.cnbc.com/id/101206230
http://www.reuters.com/investigates/pentagon/#article/part2