Onkel Martin als Moralapostel: General Dempsey‘s sittlicher Anfall

Ein von Nachwuchssorgen geplagtes Ministerium gibt sich betont grosszügig väterlich gegenüber der seiner Ansicht nach disqualifizierten Jugend

Ausgerechnet der Chef des Vereinigten Generalstabs der U.S.-Armee, dem auch die Zuständigkeit für die N.S.A. untersteht, äusserte sich am Mittwoch, den 4. Dezember 2013, auf einer Konferenz in Washington über die berufliche Zukunft der heranwachsenden Generation in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Dabei trieb General Martin Dempsey die grosse Sorge um, dass die Teenager mit ihrem unbedarften Umgang in den sozialen Medien durch Einträge ihrer „schlechten“ oder „illegalen“ Aktivitäten auf Facebook oder Twitter sich ihre Einstellung und Karriere verbauen würden – die in der U.S.-Armee, versteht sich.

Aber, so der Tenor grossherzig, „wenn sie ihr Verhalten zu einer Persönlichkeit nach unseren Vorstellungen und Werten ändern, die wir vorschreiben, geben wir ihnen eine zweite Chance für ihre Rekrutierung in den Militärapparat. Diese Idee haben wir in Betracht gezogen.“

Dempsey vergass dabei zu vergessen, dass das Auffinden derartiger Postings mit der verdachtsunabhängigen Massenspionage in sozialen Netzwerken ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl gerade auch in seiner Zuständigkeitsbehörde für die Sicherheitsüberprüfung immer noch verfassungswidrig ist.

Verschiedene Abteilungen des U.S.-Verteidigungsministeriums haben eine ganze Armee von Beobachtern der sozialen Netzwerke und „Trolle“ eingestellt, um die Diskussionen in die gewünschten Bahnen zu lenken. Pazifistische Ansichten werden auf diese Weise lächerlich gemacht und die „staatsfeindlichen“ Nutzer mit Namen und Adresse ermittelt. „Cyper War gegen Terroristen“ nennt man das, und es werden dafür Gelder und Personal in Grössenordnungen investiert. Die Perfektionierung des „Profiling“ über jeden Einwohner, auch Minderjähriger, wird dabei immer weiter mit der Vernetzung aller zur Verfügung stehenden Informationen (gerade auch der Kommunikationsmedien, die zur Herausgabe der Daten verpflichtet werden) vorangetrieben.

Die Auslegung, was „schlecht“ oder „illegal“ ist, wird zur wirklichen Gefahr für den einzelnen Menschen, wenn die Definition von einem Staatsapparat ausgeht, der dem Wahn der absoluten Kontrolle seiner Bürger verfallen ist.

Ob sich die erhofften potentiellen, minderjährigen Befehlsempfänger, nach denen schon aggressiv und mit Schönfärberei von Werbern in der Schule gefischt wird, an diese Worte halten, mag in Zweifel gezogen werden, auch wenn der Autor seinen Beitrag mit dem Wunschgedanken beginnt: „Wenn sie nicht ihren Eltern glauben, so werden Amerikas Teenager vielleicht auf den Top-General des Pentagons hören.“

Diese Heuchelei ist so gross, dass sie schon in unbeabsichtigte Parodie umschlägt.

Quellen:
http://www.cleveland.com/nation/index.ssf/2013/12/top_us_general_warns_teens_abo.html
http://washington.cbslocal.com/2013/12/04/gen-dempsey-worries-teens-social-media-use-could-disqualify-them-from-military-service/