C.I.A.-Affäre: Der Offenbarungseid von Dianne Feinstein – Video, Zusammenfassung, Einschätzung

Das unfassbare Statement der Geheimdienste-Ausschuss-Vorsitzenden im U.S.-Senat über die Aktivitäten der Central Intelligence Agency.

Die Rede von Senatorin Dianne Feinstein vor dem Senat der Vereinigten Staaten von Amerika über die Sabotage der verfassungsmäßigen Kontrolle des Parlaments über die Central Intelligence Agency durch die Central Intelligence Agency ist vielleicht das Erbärmlichste, was ich in meinem Leben je gesehen und gehört habe. Es ist nicht nur der Offenbarungseid eines Ausnahmezustands, eines über sich selbst und die Welt verhängten Kriegsrechts des mächtigsten Imperiums auf dem Planeten, in seinem Krieg „on terror“, weltweit geführt mit seinen „Einflussgebieten“, „Alliierten“, Ablegern, schlechten Kopien und Kolonien. Es ist der Offenbarungseid seiner bis auf die Knochen korrupten, feigen, abgetakelten, unfähigen Zuträger, Mitwisser, Kollaborateure und Funktionäre.

Was Senatorin Feinstein hier zeigt, was sie da zeigt, ist so unbeschreiblich, das sogar mir die Worte fehlen um es zu beschreiben. Ich will hier den Inhalt ihres Statements nur deshalb zusammenfassen, weil ich davon ausgehe dass die ganzen Feinsteins der deutschsprachigen Presse dies alles weder hören, lesen, geschweige denn darüber berichten wollen, genauso wie deren KundInnen.

Zunächst das Video und (englische) Transkript der Rede Feinsteins, 11. März 2014, Senat der Vereinigten Staaten von Amerika:

Zusammenfassung und Einschätzung

Seit (mindestens) 2002 hat die C.I.A. weltweit mit den entsprechenden Kollaborateuren in Ländern auf allen Kontinenten ihre Folterkeller und Kerker installliert und eine unbekannte Anzahl von Menschen ermordet, verstümmelt, gefoltert, zerstört.  Der Geheimdienst-Ausschuss des Senats erfuhr, so Feinstein, davon im September 2006  – durch die C.I.A. selbst, natürlich, namentlich den damaligen leitenden C.I.A.-Direktor Michael Hayden, vorher Leiter der National Security Agency (N.S.A.) von 1999 bis 2005, also während des Kriegsausbruchs am 11. September 2001.

Als Dianne Feinstein – in etwa vergleichbar mit dem Lorbeerkranz, der reihum wechselnden Cäsaren aufgesetzt wird – dann also im September 2006 von denjenigen die sie „kontrolliert“ erfährt was sie seit (mindestens) 4 Jahren hätte wissen müssen, passiert wieder über ein Jahr lang nichts.

Dann liest Senatorin Feinstein Ende 2007 die Zeitung. Dort steht, dass Aufzeichnungen über das „Gefangennahme und Verhör“-Programm („Detention and Interrogation Program“) der C.I.A. vernichtet wurden. Da fragt Senatorin Feinstein dann C.I.A.-Direktor Hayden. ob das denn alles in Ordnung sei. Der sagt, jaja.

Wieder vergeht über ein Jahr.

Anfang 2009 sitzt Barack Obama im Weißen Haus. Zwei Mitarbeiter vom Geheimdienste-Ausschusses im Senat, dem Feinstein mittlerweile vorsitzt, liefern nun einen Bericht ab über die Programme der C.I.A., die seit mindestens sieben Jahren laufen.

Sieben Jahre.

Stellen Sie sich eine Minute lang vor, sie würden bloß drei Tage hintereinander in einem Raum eingeschlossen sein, alle paar Sekunden ohrenbetäubendem Lärm ausgesetzt sein, hungrig und durstig, in der permanenten Angst Ertrinken zu üben, unerträgliche Schmerzen leiden, ihren Folterknecht um Gnade anbetteln müssen, zu kreischen „NEHMEN SIE JULIA! NEHMEN SIE JULIA! NICHT MICH!“, um dabei in dem Gestank ihrer eigenen Körpersäfte an ehrenwerte parlamentarisch-demokratischen Fernsehtestbilder des „Westens“ zu denken, wie sie „Sicherheit, Sicherheit über alles“ in die Kameras sagen und dazu so blöde lächeln wie die Leute auch mal sein wollen.

Im März  2009 ist man im Geheimdienst-Ausschuss des Senats der Vereinigten Staaten von mindestens Amerika also wirklich erstaunt. Man stimmt sogar ab. 14 zu 1. Man wolle sich das jetzt mal genauer ansehen.

Der damalige C.I.A.-Direktor Leon Panetta, gerade eben vom neuen Cäsar im Weißen Haus eingesetzt, macht einen Vorschlag zur Güte: die ehrenwerten Mitarbeiter vom ehrenwerten Kongressausschuss werden mit 6,2 Millionen von Dokumenten zugemüllt, damit die Herren und Damen unter Vorsitz der ehrenwerten Feinstein ordentlich was zu tun haben.

Aber nicht nur das. Die C.I.A. ist so freundlich den lieben Mitarbeitern des Senatsausschusses auch noch ein C.I.A.-Computersystem zur Verfügung zu stellen, aber natürlich total getrennt von jedem anderen Computersystem der C.I.A., und das alles in einem abgelegenen, echt sicheren Ort im Norden Virginias, in einem von der C.I.A. „gepachteten“ („leased“) Gebäude, mit Technikern der C.I.A., die aber „fast alle“ irgendwelche „contractors“ („Vertragsnehmer“) sind, also von irgendwelchen Konzernen aus dem informationstechnologischen Spionage-Komplex, oder einfach versaute Hippies, Freaks, Techniker und Mathematik-Streber, die selbst ihre Mutter nackt filmen und dann gewinnbringend an den nächstbesten verscheuern würden.

Die ehrenwerte Feinstein sagt natürlich Ja und Amen. Es lebe das Homeland.

Dann lässt die C.I.A. auch noch irgendwelche „contractors“ diese Millionen von C.I.A.-Dokumente einsehen, zu denen diese „contractors“ sonst keinen Zugang haben dürften.

Warum geht das? Weil die ehrenwerten Senatoren, allen voran Feinstein, sich auch noch damit einverstanden erklären, dass alle Dokumente, die ihnen von der C.I.A. bei der C.I.A. durch ein C.I.A.-Computersystem zur Verfügung gestellt werden, anschließend auch noch durch diese „contractors“ „überprüft“ werden, dahingehend, ob denn die C.I.A. alles richtig gemacht und den ehrenwerten Senatoren nicht zuviel an Informationen gegeben hat.

Mitte 2009 kann es dann auch schon losgehen.

Anfang 2010: die Mitarbeiter des Senatsausschusses erlangen langsam „Kenntnis“ („familiarity“) von den 6,2 Millionen Dokumenten.

Mai 2010: die Mitarbeiter des Senatausschusses in der C.I.A.-Einrichtung mit dem C.I.A.Computersystem mit den C.I.A.-Technikern, fast alles „contractors“, merken – huch, da sind ja Dokumente wieder verschwunden.

Die C.I.A. sagt, da sind keine Dokumente verschwunden.

Die Mitarbeiter des Senats finden irgendwann raus: doch, die sind verschwunden.

Die C.I.A. sagt: das waren die Techniker, fast alle „contractors“.

Die Mitarbeiter des Senats sagen irgendwann: kann gar nicht sein, waren doch eure Leute. Ihr müsst doch irgendwas wissen.

Nun sagt die C.I.A.: das war das Weiße Haus, die haben das befohlen.

Das Weiße Haus sagt: gar nicht wahr, das haben wir nicht befohlen.

Nach einer „Reihe von Meetings“ (mutmaßlich mit Beatmungsgerät für die lieben Parlamentarier bei den Onkel Doktoren im Weißen Haus) findet dann Senatorin Feinstein und ihr Ausschuss heraus, dass im Februar 2010 „870 Dokumente oder Seiten von Dokumenten“ und Mitte Mai 2010 nochmal 50 „Dokumente oder Seiten“ aus dem C.I.A.-Computersystem mit den C.I.A.-Technikern, fast alle „contractors“, in der C.I.A.-Einrichtung „entfernt“ wurden.

Senatorin Feinstein: Das war aber nicht abgemacht. Das wäre alles nicht passiert, „wenn die C.I.A. dem Ausschuss erlaubt hätte die Einsicht in die Dokumente hier im Senat durchzuführen“.

(unaussprechliche Flüche)

Mitte Mai 2010. Das Weiße Haus und die C.I.A. einigen sich mit dem Senatsausschuss: das werde nicht wieder vorkommen. Feinstein:

„Am 17. Mai 2010 entschuldigte sich der damalige C.I.A.-Direktor für Angelegenheiten des Kongresses für die Entfernung der Dokumente. Und das legte, was mich angeht, die Angelegenheit zu den Akten.“

(noch mehr unaussprechliche Flüche)

Womit wir zum „internen Panetta Gutachten“ (“Internal Panetta Review”) gelangen.

Leon Panetta war wie gesagt 2009 vom neuen U.S.-Präsidenten Barack Obama zum Chef der C.I.A. ernannt und alsbald von den „Körperfressern“ („body snatchers“) geholt worden.

Und wie beschrieben hatten sich im Frühjahr 2009 Feinstein und der Geheimdienste-Ausschuss mit C.I.A.-Direktor Panetta dahingehend geeinigt, sich mit 6,2 Millionen Dokumenten zumüllen zu lassen.

Irgendwie – Frau Feinstein hat keinen blassen Schimmer wie – tauchte dann unter diesem Berg von Dokumenten, in der C.I.A.-Einrichtung in Nord-Virginia im C.I.A.-Computersystem mit den C.I.A.-Technikern, fast alle „contractors“, ein in 2009 und 2010 erstelltes „internes Panetta Gutachten“ über die Folter-Praxis der C.I.A. und ihrer Programme im weltweiten antiterroristischen Feldzug auf.

„Wir haben keinen Weg festzustellen, wer das interne Panetta Gutachten dem Ausschuss zugänglich machte. Überdies wissen wir nicht, ob die Dokumente absichtlich durch die C.I.A., unabsichtlich durch die C.I.A.., oder absichtlich durch einen Whistleblower zur Verfügung gestellt wurden.“

Dezember 2012. Der Geheimdienste-Ausschuss stellt schließlich einen 6300 Seiten langen Bericht über das „Gefangennahme und Verhör Programm („Detention and Interrogation Program“) der C.I.A. fertig. In diesen hat der Stab des Senatsausschusses Informationen aus dem internen Panetta Gutachten mit eingearbeitet, wohl nichtsahnend wie brisant diese Informationen sind.

Doch hat der Stab des Geheimdienste-Ausschuss sämtliche Unterlagen und Informationen, die es für seinen 6300 Seiten langen Bericht verwendet und von der C.I.A. selbst zur Verfügung gestellt bekommen hat – auch das Panetta Gutachten – in der von der C.I.A. angemieteten „sicheren Location“ gelassen.

Juni 2013. Die C.I.A. antwortet auf den Bericht des Senatsausschusses und bestreitet die Informationen aus dem Panetta Gutachten.

Darauf hin merkt der Senatsausschuss, dass die C.I.A. ihm irgendwann – Senatorin Feinstein hat wie immer keine Ahnung – den Zugang zur „überwältigenden Mehrheit“ („vast majority“) des Panetta Gutachtens wieder entzogen hat.

Nochmal: die Central Intelligence Agency entzieht in ihrer eigenen Einrichtung dem Geheimdienste-Ausschuss des Senats den Zugang zu Informationen, die die C.I.A. diesem selbst zur Verfügung gestellt hat. Und die Vorsitzende des Senatsausschusses kann noch nicht mal sagen wann die C.I.A. ihnen den Zugang wieder entzogen hat.

Daraufhin fahren also Mitarbeiter des Ausschuss-Stabs, irgendwann im oder nach Juni 2013, wieder zurück in die von der C.I.A. gepachtete Location und bringen von dort Unterlagen in ein Büro im Hart Gebäude des U.S.-Senats in der Nähe von Capitol Hill. Wie Senatorin Feinstein nun sagt, besitzt ihr Ausschuss nur noch einen „Teil“ des Panetta Gutachtens, obwohl es dem Stab des Senatsausschusses ja bereits zur Verfügung gestanden, aber von dessen Mitarbeitern nicht begriffen und / oder vollständig kopiert und in Sicherheit gebracht worden war.

Ende 2013: Feinstein fordert bei der C.I.A. das „finale und vollständige“ Panetta Gutachten an.

Anfang Januar 2014: die C.I.A. weigert sich, das Panetta Gutachten an den Geheimdienste-Ausschuss (wieder) heraus zu rücken.

Am 15. Januar 2014 geschieht dann folgendes:

Senatorin Dianne Feinstein, Vorsitzende des Geheimdienste-Ausschusses, und dessen Vizevorsitzender Senator Saxby Chambliss werden von C.I.A.-Direktor John Brennan zu einem dringenden Gespräch gebeten. In diesem eröffnet C.I.A.-Direktor Brennan seinen „Kontrolleuren“ Feinstein und Chambliss, dass „Personal der C.I.A.“ Computer und IT-Systeme der Senats-Mitarbeiter „durchsucht“ hätten; und zwar nicht nur das von der C.I.A. selbst zur Verfügung gestellte Computersystem, sondern auch die „abgeschirmten“ und nicht am C.I.A.-Netzwerk hängenden IT-Systeme der Kongressmitarbeiter.

Feinstein:

„Laut Brennan wurde die Computer-Durchsuchung durchgeführt als Antwort auf Anzeichen, dass manche Mitglieder des Ausschuss-Stabes möglicherweise bereits Zugang zum internen Panetta Gutachten gehabt hatten.

Die C.I.A. fragte weder den Ausschuss noch dessen Stab, ob der Ausschuss Zugang zum internen Gutachten hatten, oder wie wir ihn erlangt hatten.“

Wie Feinstein berichtet, tauchten nun sich auf anonyme Quellen stützende Berichte in der Presse auf, die behaupteten, der Mitarbeiter-Stab des Senatsausschusses hätte das C.I.A.-Computersystem gehackt, um an das interne Panetta Gutachten zu kommen.

Gehackt. Das C.I.A.-Computersystem. Mit den C.I.A.-Technikern, fast alle „contractors“, in der C.I.A.-Einrichtung. Durch irgendwelche Honks des Senats, der sich vom Auslandsgeheimdienst nicht nur jahrelang hinhalten und zumüllen lässt, sondern auch noch IT-Systeme und Informationen (die er nicht begreift) bei der C.I.A. lässt.

Nachdem sie jahrzehntelang Garderobenständer des Spionage-Komplexes gespielt hat, bringt es Senatorin Feinstein nun gestern tatsächlich fertig das zu kritisieren, was sich schlussendlich sogar gegen sie gewendet hat und sich auf das zu berufen, was zu verteidigen sie weder willens noch im Stande war: die U.S. Constitution. Weil sie weiß, dass die in Washington die Wenigstens und in Langley keine Sau mehr schert, fügt sie auch noch hinzu, dass die von der C.I.A. gegen ihre Mitarbeiter durchgeführte Spionage gegen den Präsidentenbefehl („Executive Order“) Ronald Reagans 12333 vom 4. Dezember 1981 verstoße, genau den Präsidentenbefehl, auf dem sämtliche nachfolgenden und über die Jahrzehnte eskalierenden Überwachungs- und Kontrollprogramme nicht nur der Central Intelligence Agency C.I.A., sondern auch der National Security Agency N.S.A. und der Geheimpolizei Federal Bureau of Investigation F.B.I. gegen die U.S.-Bürger und schließlich die Weltbevölkerung beruhen.

Feinstein erwähnt hier dieses „Dekret“ 12333, wie Befehle („Order“) des „mächtigsten Mannes der Welt“ hierzulande immer genannt werden, meines Wissens nach zum ersten Mal – zumindest zum ersten Mal in einem negativen Zusammenhang. Tja, so ist es, wenn einen der Bummerang des Polizei- und Kriegerstaates letzten Endes selbst erwischt, wo man doch dachte ihn schön weit weg geworfen zu haben, nach Asien oder Europa, z.B.

Wir bei Radio Utopie wollen übrigens immer noch wissen, ob ein Befehl des U.S.-Präsidenten in der Berliner Republik mehr zählt als deren Verfassung Grundgesetz. Ob er mehr zählt als selbst die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, ist übrigens immer noch nicht geklärt, über 222 Jahre nach deren Inkrafttreten 1791.

Wer jetzt total durcheinander und wieder einmal wegen Radio Utopie überinformiert ist und auf Bundestagsleiche macht:

Was sich hier abgespielt hat, ist der Versuch, ein totes Parlament von Nichtsnutzen (es zählt das Ergebnis der Summe aller Teile) durch zugeführte Blindenhunde zu beatmen. Ohne jetzt irgendetwas zu whistleblowen (wer sind wir denn hier): sämtliche relevanten Informationen, die Senatorin Feinstein und diesem ganzen Sauhaufen von Kongress zur Verfügung gestellt wurden, stammen entweder von der C.I.A. bzw deren amtierenden oder ehemaligen Direktoren Panetta und Brennan, oder direkt von deren amtierenden Vorgesetzten Barack Obama im Weißen Haus.

Das sollte den wenigen noch Lese- und Denkfähigen in der Republik genug zu denken und zu lesen geben.

Was mich, und uns hier bei Radio Utopie angeht:

For twice: Thanks, Mr. President.

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