13-jähriger Terrorkrieg: Obama will Ende 2014 über Kriegsvollmacht aus 2001 „reden“

Stehen Terrorkrieg und Orwellsche Totalüberwachung vor dem Aus?

Am 22. Mai lehnte das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten von Amerika die Aufhebung der drei Tage nach dem 11. September 2001 beschlossenen “Authorization for Use of Military Force” mit 233 zu 191 Stimmen ab. Am 28. Mai hielt dann Präsident Barack seine Rede in West Point. Er vermied, auch zur Enttäuschung von Barbara Lee – die am 14. September 2001 als Einzige im Kongress den Mut aufgebracht hatte gegen den „Blankoscheck“ für „endlosen Krieg“ zu stimmen – jedes Eingehen auf die A.U.M.F., obwohl mittlerweile selbst in der etablierten Presse der U.S.A. deren Aufhebung gefordert wird und der Präsident selbst bereits ein Jahr zuvor am 23. Mai 2013 bei seiner Rede in der National Defense University in Fort McNair genau dies versprochen hatte, zusammen mit einem Ende des Krieges. (“Dieser Krieg, wie alle Kriege, muss enden”)

Warum auch immer: Nach der Rede Obamas in West Point druckste am 28. Mai im Weißen Haus ein namentlich ungenannter „hoher Beamter“ doch noch etwas herum über die Kriegsvollmacht A.U.M.F. Auf ausdrückliches Nachfragen eines Reporters sagte der Vertreter der Obama-Administration schließlich, man werde mal mit dem Kongress darüber „reden“ – Ende 2014.

Welche Bedeutung die am 14. September 2001 durch den Kongress gejagte „Authorization for Use of Military Force“, die heute als die gefährlichste Rechtsverfügung in der U.S.-Geschichte gilt, tatsächlich hat, ist in Deutschland immer noch weitgehend unbekannt.

Die A.U.M.F. ermächtigt den Präsidenten – jeden Präsidenten  – zeitlich unbegrenzt auf dem gesamten Planeten Krieg gegen „die Al Kaida“ und „assozierte Kräfte“ zu führen. Welche das genau sind, darauf verweigerte das Pentagon sogar Senatoren die Auskunft. Regierung, Militär und Geheimdienste der U.S.A. führen also seit fast 13 Jahren einen Krieg ohne zu sagen gegen wen.

Dieser dreizehnjährige Krieg verschaffte nicht nur Imperialisten „von Vancouver bis Wladiwostok“, sondern Militär, Polizei und Spionen vielerorts unbegrenzten Spielraum.

Nach den Attentaten des 11. Septembers in New York und Washington begann die damalige U.S.-Regierung unter Präsident George Bush, dessen eigentlichen Gehirn Dick Cheney und Pentagon-Leiter Donald Rumsfeld, das Programm „Total Information Awareness“ („Totales Informationsbewusstsein“). Dies bedeutete nichts anderes als die Aufzeichnung jedweder digitalen Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger des eigenen Landes, von denen anderer Staaten ganz zu schweigen.

Entscheidende Rechtsgrundlage dieser Totalüberwachung der eigenen Bevölkerung nach Kriegsausbruch war der „Blankoscheck für endlosen Krieg“ A.U.M.F., der von den Anwälten der U.S.-Regierung schlicht entsprechend „interpretiert“ wurde (wir berichteten). Wie die „New York Times“ schließlich am 16. Dezember 2005 enthüllte, nachdem die Story auf Druck der Regierung ein Jahr zurückgehalten worden war, erließ U.S.-Präsident Bush nach dem 11. September schlicht einen entsprechenden Exekutivbefehl („executive order“), mit der „Rechtsmeinung“ („legal opinion“), er habe diese Vollmachten

„von der Kongress Resolution aus September 2001, die ihn autorisiert Krieg gegen Al Kaida und andere terroristische Gruppen zu führen, laut mit der N.S.A. Operation vertrauten Beamten.“

Der Vorsitzende eines zentralen Geheimdienst-Ausschusses im U.S.-Senat (“Senate Select Committee on Intelligence”), Senator Ron Wyden, 2012 im Interview mit Jeremy Scahill: (Filmausschnitt aus „Dirty Wars“, siehe auch „Als ob es zwei Arten von Gesetzen gäbe“):

“Es ist schon fast so, als ob es zwei Arten von Gesetzen gäbe in Amerika. Und das amerikanische Volk wäre außerordentlich überrascht, wenn sie den Unterschied sehen könnten zwischen dem was sie glauben dass ein Gesetz besagt und wie es tatsächlich im Geheimen uminterpretiert wurde.”

Obwohl mehrfach umbenannt und umstrukturiert, wird die (spätestens) ab Kriegsausbruch in 2001 organisierte Totalüberwachung der gesamten digitalen Kommunikation im sich entfaltenden Weltkommunikationsnetz faktisch bis heute aus den Schaltzentralen der U.S.-Dienste und Konsortien weitergeführt, was natürlich an die entsprechenden Ableger im U.S.-Einflussbereich auf den verschiedenen Kontinenten abstrahlte. Nicht zuletzt lief der weltweit von keinem parlamentarischen Gremium und keiner Gerichtsbarkeit effektiv kontrollierte internationale geheimpolizeilich-geheimdienstliche Spionage-Komplex mit für die Allgemeinheit gefährlichen Kranken und Voyeuren voll, was u.a. in Deutschland die Edathy-B.K.A.-Affäre und in Großbritannien die Affäre um Cameron-Berater Patrick Rock bewies.

Die Art und Weise von Kontrollfreaks, Zynikern und Berufslügnern, von sich selbst auf alle anderen zu schließen, ist Ausdruck ihrer kranken, wahnhaften Herrsch- und Unterwerfungssucht. Dabei sind sich diese Protagonisten ihres gespenstischen spieltheoretischen Menschenbildes sehr wohl darüber im Klaren, dass der überwältigende Anteil der Menschheit ihrer Verkommenheit nicht folgt.

Man muss sich nun fragen, wie die Entwicklung des World Wide Web und Internet wohl ohne dreizehnjährigen Krieg vonstatten gegangen wäre. So jedoch wurden und werden Arbeit, Leben, Privatsphäre, Würde und Geschäftsgeheimnisse von Milliarden Menschen durch die perfiden und zynischen Terrorkriegsprofiteure ausgebeutet und dienen als Sprungbrett für Karrieren und Lebensplanungen im „jeder Kontrolle entwachsenen“ geheimpolizeilichen und spionage-technologischen Komplex; allein in den U.S.A. haben über 800.000 Menschen Zugang zu Informationen mit der Geheimhaltungsstufe „Top Secret“ (Stand: 2010).

Bezeichnenderweise kam es selbst nach der unverbindlichen Ankündigung aus dem Weißen Haus vom 28. Mai, Ende 2014 mit dem Kongress über die Kriegsvollmacht A.U.M.F. „reden“ zu wollen, in den nachfolgenden Tagen weltweit zu rational scheinbar unerklärlichen Vorfällen, Attentaten und Statements aus der Terrorkriegslobby;

es sei denn, man interpretiert diese nicht nur als Spannungsfälle, sondern als Nervositätsanfälle gescheiterter Terrorkriegslobbyisten und ihrem Konzept hegelianischer Dialektik von  Terror und Krieg als „heilige“ Mittel zum Zweck der Transformation und Verschmelzung ziviler Demokratien zu imperialistischen totalitären Blöcken.

Auch die eine oder andere erfreuliche Entwicklung dieser Tage, wie das lang überfällige Friedensgebet im Vatikan und die sich andeutende Waffenruhe in der Ukraine, mag darauf hindeuten.

Der Ball liegt nun im Weißen Haus.