Nein, auch keine deutschen OSZE-Kampftruppen in den Kaukasus
Das Nein Deutschlands und Frankreichs in Brüssel zu NATO-Truppen in Georgien hat einen klitzekleinen Haken..
Brüssel: Gut, es ist schon eine historische Zäsur. Während die Gartenzwergpresse in der Republik wie immer keine Ahnung hat was hier passiert, verschiebt sich soeben das Gewicht der Weltpolitik nach Europa. Ein kleiner Nebeneffekt des von der israelischen Regierung und der abdankenden, bereits machtlosen Bush-Präsidentschaft getriggerten Angriffskrieges von Georgien gegen Südossetien.
Nur – in Zeiten des Basta-Pazifismus braucht auch niemand nach deutschen Soldaten im Rahmen einer OSZE-Streitmacht zu schielen. Echt nicht.
Nee, wirklich nicht.
REGIERUNGEN VON DEUTSCHLAND UND FRANKREICH STELLEN SICH AUF NATO-GIPFEL GEGEN ANGLOAMERIKANISCHE KONFRONTATION MIT RUSSLAND
Heute lehnten der deutsche Aussenminister Frank Steinmeier, sowie Vertreter des Elysee-Palastes, die von der Labour-Regierung in London und dem Weissen Haus geforderte Entsendung von NATO-Militärbeobachtern nach Georgien ab.
Der ganze Vorgang ist einigermassen unüblich, man könnte sogar sagen bemerkenswert. Im Hintergrund steht der Versuch frankodeutscher Kreise in der Politik sich von der Dominanz des us-amerikanisch kommandierten Atlantikpaktes zu lösen.
Gleichwohl könnte diese Entwicklung für die Republik letzten Endes das Gleiche bedeuten: die Entsendung deutscher Soldaten in Kriegseinsätze.
Denn für alles andere schickt man keine Soldaten.
DIE OSZE-SITUATION
Die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) entstand am 1. August 1975 mit der Schlussakte von Helsinki als damalige „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) als ein Kommunikationsinstrument zwischen Ost- und Westblock im Kalten Krieg.
Nach dem einigermassen friedlichen Zusammenbruch des Ostblock, der allerdings mit allerlei Umbrüchen, Umstürzen und regionalen Kriegen gerade im Kaukasus einherging, entwickelte sich sogar offiziell eine kleine Konkurrenzsituation zur NATO.
Da sowohl die USA, als auch Russland und bis auf den pazifischen Teil Asiens praktisch die gesamte Nordhalbkugel des Planeten in der Organisation versammelt ist, gab es in der OSZE kein angloamerikanisches Übergewicht wie in der NATO.
Nun, nachdem also in der Nacht zum Freitag den 8.August georgische Truppen mit Unterstützung israelischer und us-amerikanischer „Militärberater“ den Angriff auf Südossetien und die dort stationierten russischen Truppen begonnen hatten, flog darauf am Samstag eine Delegation der USA, der EU sowie der OSZE in die georgische Hauptstadt Tbilisi. Sie hatte verschiedene, ganz verschiedene Interessen im Gepäck.
Mit dabei: der deutsche Sonderbeauftragte Hans-Dieter Lucas. Man sehe sich als Koordinator der UN-Freundesgruppe für den Abchasien-Konflikt ganz besonders in der Verantwortung für dieses Desaster, hiess es aus dem Hause Steinmeier, und dieses eine Mal hatte man sogar Recht damit.
Hatte doch Onkel Steinmeier im Vorfeld wochenlang versucht in der Region zu deeskalieren und dabei nie begriffen, dass es bei einigen Dingen eben keinen Kompromis und kein Bisschen gibt, wie zum Beispiel Krieg und Souveränität. Sein 3-Stufen-Plan ging immer genau an diesem Punkt vorbei, deshalb blitzte er auch in Abchasien und Südossetien immer wieder damit ab.
Was nun aber der deutsche Sonderbeauftragte Lucas am Samstag Abend in Tiflis im Auftrage Steinmeiers nun sicher ausserdem noch machte, war den am Sonntag folgenden Besuch vom amtierenden OSZE-Vorsitzenden, dem finnischen Außenminister Alexander Stubb vorbereiten. Dieser wiederum reiste mit dem französischen Aussenminister Bernard Kouchner an.
Im Beisein von Kouchner setzte dann am Sonntag der leichenblasse georgische Machthaber in Georgien, Michail Saakaschwili, die Unterschrift unter das Dokument was ihm Kouchner unter die Nase hielt. Es sah u.a. zusätzliche russische „Sicherheitsmassnahmen“ vor, was man sich in Moskau nicht zweimal sagen liess.
Saakaschwili (den drohenden russischen Einmarsch und das Exil im sonnigen, aber einsamen Florida vor Augen) willigte auch ein in die „Überwachung des Waffenstillstandes“ durch die OSZE auf georgischem Boden.
Wer zuerst kommt, der holt sich den Kuchen. Das merkte man an diesem Tag vor allem wutschnaubend in Washington.
Schon zu diesem Zeitpunkt war die NATO aus dem Rennen. Saakaschwili hatte unterschrieben. Den Russen dürfte dies Recht gewesen sein.
Am Montag dem 11. waren Kouchner und der OSZE-Vorsitzende Stubb schon weiter in die russische Grenzstadt Wladikawkas geflogen. Sie trafen dort sehr wahrscheinlich den Kommandeur der russischen Streitkräfte und russischen Ministerpräsidenten, Wladimir Putin, während der Der US-Sondergesandte Matt Bryza erst jetzt in Tbilisi eintraf und sich ein bisschen sinnloser Verbalrethorik Richtung Moskau übte.
Am Dienstag dem 12. forderte dann der russische Präsident Medwedjew „alle beteiligten Parteien“ zur Annahme des von der Europäischen Union (EU) und der OSZE vorgelegten Friedensplans auf.
Er dürfte damit auch seinen eigenen, immer noch mächtigen Vorgänger Putin gemeint haben.
Die russischen und georgischen Truppen müssten sich auf die Stellungen zurückziehen, die sie vor Beginn des Krieges Ende voriger Woche gehalten hätten. sagte Medwejew. Wiederwillig, die breiten Möglichkeiten des Waffenstillstands nutzend, folgt nun Putin dieser Anweisung aus Moskau.
Allerdings auch ein nützliches Spiel von „wilder Bär, ganz wilder Bär“ seitens Putins und Medwedews.
Ebenfalls am Dienstag gab der Vorsitzende der deutschen Partei „Die Linke“, Oskar Lafontaine, dann öffentlich bekannt, man werde der Entsendung von „Blauhelmen“, also von Kampftruppen, in den Kaukausus zustimmen, wenn es ein UNO-Mandat gäbe.
Offensichtlich hatte man sich in Berlin schon über die für´s einfache (Partei-)Volk scheinbar unüberwindbaren Parteigrenzen hin abgesprochen.
Am Mittwoch dem 13, stellte sich dann Frankreich auf einem EU-Sondergipfel gegen die angloamerikanische Position aus London und Washington und gab Saakaschwili eindeutig die Schuld an der Eskalation am Kaukasus. Frank Steinmeier plädierte für ein „Engagement“ der EU, im Rahmen der OSZE.
Derweil schalteten die Regierungen von Polen und der britischen Monarchie blitzschnell um und sprachen sich für ein militärisches Eingreifen der EU aus. Stubb, als OSZE-Vorsitzender und finnischer Aussenminister, sprach vieldeutig davon dass sich die EU entweder am „zivilen Krisenmanagement“ oder am „militärischen Krisenmanagement“ und der Friedenssicherung beteiligen könne.
Die EU verkündete jedenfalls auf diesem Aussenministertreffen die Situation im Kaukausus überwachen zu wollen. Der deutsche Aussenminister Steinmeier gab, wie nebenbei, die Aufstockung des OSZE-Kontingents von 100 auf 300 Kontrolleure auf. Die georgische Außenministerin Ekaterine Tkeschelaschwili äusserte Unterstützung für die EU-Pläne.
Viele EU-Länder seien bereit, „Beobachter“ nach Georgien zu entsenden, sagte so Kouchner, auch amtierender EU-Ratsvorsitzender. Die Gemeinschaft strebe dafür aber ein Mandat der Vereinten Nationen an.
Das klang verdächtig ähnlich wie das Statement von Lafontaine vom Vortag.
Mit fortschreitender Dauer der Krise merkte man dann auch in der deutschen Konzern und Staatspresse, dass Russland als Kriegsgegner nicht sonderlich populär zu verkaufen war. Ein guter Kommentar auf „tagesschau.de“, wo u.a. der durch OSZE-Beobachter festgestellte Wahlbetrug Saakaschwilis im letzten Jahr erwähnt wurde, blieb allerdings dennoch die Ausnahme.
Die seit Jahren voll auf bellizistischem Kriegskurs liegende „taz“ zischte sich eins und unterstellte Wladimir Putin „biblischen Hass auf Georgien“, Russland sei eben an allem Schuld, auch wenn es alle paar Jahrzehnte einmal angegriffen würde, von wem auch immer.
Immerhin erwähnte man auch den Gazprom-Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Schröder, der es bis dahin nicht für nötig gehalten hatte ein öffentliches Wort zu diesem Krieg zu verlieren.
Immerhin erklärte der deutsche ex-Kanzler nun, deutsche Soldaten im Kaukasus im Rahmen einer „OSZE-Friedenstruppe“ gäbe es nur mit Einverständnis aus Moskau. Toll.
Heute nun kündigte die OSZE nun die Aufstockung ihrer „Beobachter“ um 20 Personen an. Von „acht unbewaffneten Militärbeobachter“ ist die Rede.
Derweil macht der aussenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Gehrcke, einige Schlenker um die einzig interessante Frage ob deutsche Soldaten, d.h. Bewaffnete die bumm machen können, nun in den Kaukasus müssen oder nicht, um dort im ganzen Salat den andere angerichtet haben wieder einmal in einer heimtückischen Mission Creep absaufen.
„Georgien ist keine Nato-Zuständigkeit, sondern Aufgabe der OSZE“, so Gehrcke. Und wieder ist klar, die „Linke“ ist keine Friedenspartei, sondern hat sich für die Macht- und Militärpolitik entschieden.
„FRIEDENSTRUPPEN“ GIBT ES NICHT
Entweder Soldaten oder keine Soldaten. Die einen sind bewaffnet, für den Rest kann man andere schicken. Dieses dumme Gequatsche von „Beobachtern“, „Militärbeobachtern“, „Personal“ und „Friedenstruppen“ interessiert uns nicht.
Wir wollen keine deutschen Soldaten die irgendwo in der Weltgeschichte rumgurken und in irgendwas verwickelt werden, und euch Politlumpis trauen wir schon mal gar nicht. Seit Jahren hat sich diese Krise aufgebaut, einerseits durch die Unfähigkeit in Berlin und Paris, andererseits durch imperialen Grössenwahn und Blockdenken des Kalten Krieges.
Also sucht euch für eure OSZE-Truppe-Personen-Beobachter-sonstwas irgendwelche Spanier und Portugiesen zusammen. Deutsche Soldaten gibt´s nicht, nicht für die NATO, nicht für die EU und auch nicht für die OSZE oder für irgendeinen anderen Militärpakt der auf unserer Erde Schach spielt.
(…)
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