Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom 9. Oktober 2014 mit dem Titel „Äusserungsbefugnisse des Bundespräsidenten im Bereich der Außenpolitik“ setzt Joachim Gaucks aussenpolitischen Äusserungen Grenzen. Doch auch in „harmlosen“ Reden steckt der Wurm der Voreingenommenheit.
Am 10. November 2014 hatte der Schlossherr von Bellevue zur Ehrung für den errungenen Weltmeistertitel die deutsche Fussball-Nationalmannschaft eingeladen. Wie es sich gehört, wurde vor der Überreichung des Silbernen Lorbeerblatts eine grossartige Rede gehalten, die die Herzen der Versammelten erfreute.
Obwohl der Tenor auf dem besonders auffällig wiederholten „Wir-Gefühl“ liegt, das während der Fussball-WM in Deutschland erzeugt wurde, wertet der Bundespräsident andere Sportarten mit „Kein Mannschaftstitel zählt mehr als dieser, so populär andere Sportarten auch sein mögen“ ab.
Das mag für Fussball-Fans zutreffen aber nicht für diejenigen Sportler, die in anderen Disziplinen Hervorragendes leisten und Bürger, die diese Sportarten und Wettkämpfe sehr gern mit grossem Interesse verfolgen.
So hat Joachim Gauck mit der Ablehnung, aus politischen Gründen nicht an der Winter-Olympiade 2014 in Sotschi teilzunehmen, doch wohl erheblich dazu beizutragen, die angereisten Sportler zu verunsichern, wohlmöglich etwas politisch Inkorrektes dort auszuüben und hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, keine allzu fröhliche Stimmung im deutschen Lager aufkommen zu lassen.
Aus welchem anderen Grund als diesem hat daraufhin Robert Harting, Olympiasieger im Diskuswerfen, Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert nach der Absage des Bundespräsidenten nach Sotschi zu reisen. Kein anderer als „einer Wertschätzung den Athleten gegenüber“. Willi Lemke, Sonderberater des U.N.-Generalsekretärs für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung, missbilligte ebenfalls diese Entscheidung zum Boykott.
Der hinkende Vergleich des Zusammenspiels der erfolgreichen National-Elf als „Spiegelung der (deutschen) Einwanderungsgesellschaft“ wurde von Gauck geschickt eingeflochten. Doch jeder weiss – und gerade die Anwesenden der Ehrung in Bellevue, dass Fussball ein knallhartes millionenschweres Geschäft ist, in dem die besten Spieler wie auf dem Basar meistbietend von Fussball-Clubs und ihren finanzstarken Gönnern gekauft und wieder bei nachlassender Leistung fallen gelassen werden. Das hat nichts mit gesellschaftlicher Integration und Chancengleichheit auch für Schwächere zu tun, ganz im Gegenteil.
Zum Schluss der Rede spielte sich Gauck wohlgefällig und völlig unnötig noch einmal in den Vordergrund mit
„… Es war und ist schon immer etwas ganz Besonderes, als Bundespräsident Weltmeister zu werden.
Jetzt haben wir genug davon gesprochen, dass wir alle und das Land und somit auch die Bundeskanzlerin, der Bundesinnenminister und der Bundespräsident Weltmeister geworden sind.„
Wenn man in einem lockeren Gespräch, in einem spontanen Interview diesen „Freud‘schen Versprecher“ äussert, okay, das kann aus persönlicher Einschätzung der eigenen Bedeutung vorkommen. Doch nicht in einem vorbereiteten Transkript anlässlich der höchsten sportlichen Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland.
Damit hat Joachim Gauck öffentlich aber sicher unbewusst selektiert in das machtpolitische „wir“ (hier oben an der Spitze) und „ihr“ (alle dort draussen im Land). Kein integrer Staatsmann mit innerer Herzensgüte käme auf derartige Gedanken.
So kann man natürlich das „Wir-Gefühl“ auch interpretieren.
Dem „patriotischen-befangenen“ Bundespräsidenten sollten tatsächlich professionellere Assistenten zur Seite gestellt werden, damit ihm diese erneute verdiente Blamage des Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zukünftig erspart bleibt – in dem eine „Gegenzeichnungspflicht von Reden“ empfohlen wird.
Welcher Bundespräsident in der deutschen Geschichte der Bundesrepublik kann auf eine derartige parlamentarische Abmahnung der Juristen verweisen? Der Weltmeister ist auf dem Weg zu neuen hochnotpeinlichen Rekorden.
Die vollständige Rede ist auf der Website des Bundespräsidenten hier zu lesen.
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