Neues Anti-Terror-Gesetz gegen illegale SIMs in Pakistan nur Vorwand zum Ergänzen der biometrischen Datenbank mit Fingerabdrücken und drohender Kappung der Kommunikation durch den Staat durch eindeutige Identifizierung.
Pakistan liefert als Modellversuch einen Vorgeschmack dessen, was auch hierzulande und in anderen Staaten drohen könnte. Für den Aufbau der nationalen biometrischen Datenbank wurde mit der Erpresser-Keule weit ausgeholt. Um alle Bürger dazu zu zwingen, sofort ihre Fingerabdrücke zur Bestätigung ihrer telefonischen Identität abzugeben, wurde ein Ultimatum bis zum 15.April 2015 gestellt. Ansonsten werden alle ungeprüften Mobiltelefone blockiert.
Mit der Erfassung der konkreten Identität IMSI (International Mobile Subscriber Identity) über die SIM-Karte – die Aktion läuft seit dem 12.Januar 2015 – sollen angeblich zukünftige Anschläge verhindert werden. Für den Zwang zur Abgabe der Fingerabdrücke berief sich die pakistanische Regierung auf das Attentat in Peshawar im Dezember letzten Jahres, in dem mehr als 140 Schüler und Lehrer getötet wurden, das den „Taliban“ zugeschrieben wurde.
Nach Angaben der pakistanischen Telekommunikationsbehörden besitzen mehr als 136 Millionen Bürger Handys (Stand Anfang 2014). Bei einer Zahl von ungefähr 183 Millionen Einwohnern nutzt fast die gesamte Bevölkerung dieses Kommunikationsmittel. 96 Prozent der Einwohner besitzen in Pakistan keinen Festnetzanschluss.
72 Millionen Telefonbesitzer wurden laut der staatlichen Behörde Pakistan Telecommunication Authority (PTA) bis jetzt auf diese Weise erfasst. Telefongesellschaften fuhren mit Autos in die entlegenen Gebiete, in Ortschaften wurden bei Vorlage der Identifikationsnummer ihrer Ausweise in Strassenkiosken und Einzelhandelsgeschäften die Fingerabdrücke eingescannt – und das von privaten Firmen. Stimmen die Fingerabdrücke mit den Namen in einer bereits existierenden Identifikations-Datenbank der Regierung überein, können die Bürger ihre SIM-Karte weiter nutzen. Andernfalls wird ihnen der Service verweigert. 10 Millionen SIM-Karten wurden bereits von Telefonanbietern auf diese Weise „stillgelegt“. Wer noch keinen biometrischen Ausweis mit Fingerabdruck beantragt hatte ist gezwungen, das nachzuholen um telefonisch erreichbar zu sein und Gespräche führen zu können.
Von jetzt an ist kein Bürger mehr vor der Willkür des Staates geschützt. Mit der Zuordnung des Handys in der biometrischen Datenbank wird er gegebenfalls seinen Kommunikationsmöglichkeiten beraubt oder durch heimliches Abhören der Gespräche und Mitlesen der SMS gezielter ausspioniert. Anfragen an Telekommunikationsgesellschaften, die einen richterlichen Beschluss voraussetzen, können von den Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten einfacher umgangen werden. Zudem wird der ständige Aufenthaltsort durch Tracking über IMSI-Catcher kein Geheimnis bleiben.
Nationale biometrische Datenbanken werden mit denen anderer Staaten vernetzt. Das alles geschieht im Namen der Bekämpfung des „Internationalen Terrorismus“.
Es ist eine ständig sich wiederholende Farce. Anschläge lassen sich nicht durch Kenntnisse der Identität der Telefonbesitzer verhindern. Die „Attentäter“ im staatlichen, geheimdienstlichen oder anderen Auftrag in Pakistan werden „unregistrierte“ SIM-Karten benutzen oder die von gestohlenen Handys.
Diese Kontrolle zielt gegen Oppositionelle der Regierung unter Nawaz Sharif. Kritische Stimmen werden ausgeschaltet.
Was hier in Pakistan geschieht, die Erfassung der biometrischen Daten der Bürger mit Hilfe der Erpressung durch die Möglichkeit zu kommunizieren, läuft weltweit auch in anderen Programmen ab, beispielsweise in Indien mit der Einführung der Identifikationsnummer oder in Afrika über Impfprogramme (wir berichteten).
In Deutschland gibt es den Zwang zur Abgabe des Fingerabdrucks bei der Ausstellung eines Reisepasses. Für den Personalausweis gilt bisher noch die Freiwilligkeit. In der freien Wirtschaft werden vollmundig Erleichterungen angepriesen, zum Beispiel mit dem Öffnen von Türen. Auch hier gibt es schon teilweise den Zwang, indem Firmen, Behörden oder private Vermieter entsprechende Schliessanlagen einbauen.
Ziel ist es, Dossiers über jede einzelne Person in allen Staaten anzulegen zur Kontrolle der gesamten Weltbevölkerung. Die bereits vorhandenen Datenbänke der Einwohnermeldeämter, Krankenkassen, Finanzämter, Bankkunden, Polizei, Fluggastdaten, Versicherungen oder für Forschungszwecke werden jetzt schon ohne die Bevölkerung in Kenntnis zu setzen oder mit der Verabschiedung neuer Gesetze zur „Abgleichung“ zusammengeführt.
Es ist höchste Zeit, dass zu begreifen und sich zu wehren. Unterstützt die Arbeit der echten Datenschützer, Aktivisten und Bürgerrechtler. In zehn Jahren wird es zu spät sein.
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Quelle: http://mashable.com/2015/02/26/pakistan-fingerprints-cellphone/