Angriff gegen die Präsidentin der Menschenrechtskommission und Versuch zum Rücktritt durch Regierung und Chef der Staatsanwaltschaft nach Veröffentlichung des Berichtes zu Kindergefängnissen in Australien missglückt.
Am heutigen Montag, den 2.März 2015, ereignete sich in Australien ein weiteres politisches Erdbeben, ausgelöst durch die neokolonialistische Einstellung und faschistische Regierungspolitik unter dem strauchelnden Premierminister Anthony John Abbot und des Generalstaatsanwalts George Brandis zu der Einhaltung der Verfassung, dem Recht auf ein Asylverfahren und der Menschenrechte.
Mit 35 zu 32 Stimmen wurde im Senat der Misstrauensantrag gegen Senator Brandis in Ermangelung seiner Verteidigung vor Angriffen auf Professor Gillian Triggs angenommen. Der Grund für diesen Schritt war seine aussergewöhnlich heftige Attacke gegen die Präsidentin der australischen Menschenrechtskommission, Gillian Triggs. Premierminister Abbott sprach nach der Abstimmung „sein vollstes Vertrauen“ für den Generalstaatsanwalt aus.
Unter der Leitung von Prof. Triggs wurden ab Februar 2014 Untersuchungen durchgeführt zu den Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen, die in geschlossenen Kindergefängnissen bis zur Abschiebung inhaftiert sind (detaillierte Informationen dazu auf der Website der Australian Human Right Commission unter National Inquiry into Children in Immigration Detention 2014).
Die Bedingungen in den Lagern sind verheerend und sollten vor den Augen der australischen Bevölkerung verborgen werden. Die meisten Lager befinden sich ausserhalb des Kontinents auf den Inseln Nauru und Manu Island in Papua-Neuguinea unter Aufsicht der berüchtigten Sicherheitsfirma G4S. Im September berichteten wir in „Australien verkauft Flüchtlinge an Kambodscha wie Sondermüll für 35 Millionen U.S.-Dollar“ über den tragischen Umgang Australiens mit Asylsuchenden und Immigranten.
Die Kinder, einige ohne Begleitung der Eltern auf die ungewisse Reise geschickt um eine sichere Umgebung zu haben, sind schutzlos der Willkür der Gefängniswärter ausgesetzt. Sie haben keinen Rechtsbeistand an ihrer Seite, der sie vor einem schlimmen Schicksal bewahren könnte.
Nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Menschenrechtskommission vor einigen Wochen zeigte sich der Generalstaatsanwalt schockiert. Senatoren der Regierungspartei nannten die Ergebnisse eine „Schande“. Doch nicht etwa wegen der erlebten seelischen Qualen der Kinder in den Abschiebe-Gefängnissen, deren Ursachen zu beseitigen und die Strafverfolgung der Verantwortlichen mit der Einleitung eines Verfahrens die Aufgabe wäre.
George Brandis zog es vor, den Boten der Nachricht zu lynchen, zu bestrafen und zum Schweigen zu bringen. Prof. Triggs sollte ihren Posten verlassen und sich anderen Aufgaben zuwenden wegen politischer Beschädigung der Regierung, die nun nach aussen korrupt und ungesetzlich wirkt. In der vergangenen Woche fanden deshalb spannungsgeladene Anhörungen im Ausschuss des Senats statt.
Brandis sagte, dass er das Vertrauen in Triggs verloren hat. Das Parlament sollte ein leidenschaftlicher Hüter der Rechte der Legislative und ihrer Behörden sein. Er ist nicht mit der Vorstellung einverstanden, dass die Menschenrechtskommission in ihrer Stellung wie ein Gericht berücksichtigt wird.
Wir verstehen das. Ein wenig demokratische Makulatur nach aussen für die Reputation des Landes, aber bitte ohne Einmischung und Störung der Regierungspolitik. Für George Brandis ging diese Rechnung heute nicht auf.
Das ausgestellte Misstrauen für den Generalstaatsanwalt durch den Senat hat noch keine verbindlichen Konsequenzen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung und bringt die Lage der Flüchtlinge wieder in die Öffentlichkeit. Nur diese kann durch Druck die Schliessung der Gefängnisse erreichen. Im Parlament fehlt die Mehrheit.
Die australische Regierung bröckelt vor sich hin. Ihr korrupter menschenfeindlicher Kurs ist nicht länger zu halten. Die Stimmen der Kritiker mehren sich. Vor drei Monaten musste Verteidigungsminister David Johnston nach einem Misstrauensvotum und Kontroversen um ein U-Boot-Programm der Regierung den Hut nehmen. Die australische Marine hatte auch Anweisung, auf Streifzügen die Boote von Flüchtlingen schon vor der Küste aufzubringen, um zu verhindern, dass diese australisches Territorium betreten und das Verfahren zum Asylrecht in Anspruch nehmen. Die Menschen wurden unverzüglich in geschlossenen Lager der Inselstaaten Nauru oder Papua-Neuguinea eingewiesen, wo jede Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben stirbt. Im vergangenen Jahr kam es zu heftigen Unruhen im Internierungslager auf Manus Island.
Und jetzt stellen wir uns die heutige Situation im Senat von Australien übertragen auf das deutsche Parlament mit seinen Ausschüssen vor. Stichwort: der Missbrauch von Kindern. Ein Blinder, wem das demokratische Defizit im samtweichen Umgang mit dem Bundesstaatsanwalt und Politikern im Untersuchungsausschuss nicht ins Auge sticht.
Abbildungen: Zeichnungen von Kindern in Abschiebelagern, Screenshot von der Website der australischen Menschenrechtskommission
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27.09.2014 Australien verkauft Flüchtlinge an Kambodscha wie Sondermüll für 35 Millionen U.S.-Dollar
07.07.2014 Volksaufstand in Australien
Quellen:
http://www.smh.com.au/federal-politics/political-news/attorneygeneral-george-brandis-censured-over-gillian-triggs-affair-20150302-13sm22.html
http://www.radioaustralia.net.au/international/2015-02-24/gillian-triggs-opposition-calls-on-afp-to-investigate-allegations-george-brandis-offered-human-right/1418279
http://www.theguardian.com/australia-news/2015/mar/02/george-brandis-censured-by-senate-over-treatment-of-gillian-triggs