Die Schonfrist für den B.N.D.-N.S.A.-Untersuchungsausschuss ist endgültig abgelaufen

Eine kleine Beratung für den #NSAUA.

Nach einem Jahr hat der B.N.D.-N.S.A.-Untersuchungsausschuss, der sich erst ein Dreivierteljahr nach Veröffentlichungen der „Snowden-Enthüllungen“ in der Republik außer Funktion überhaupt gründete, kein Ergebnis vorzuweisen. Zeugen kann der Untersuchungsausschuss nicht vor Ort verhören. Kontrollen in den parlamentarisch „kontrollierten“ Bundesbehörden, die zudem einer Untersuchung unterliegen, kann er nicht durchführen. Er bekommt noch nicht einmal Zugang. Akten bekommt er von denen, die er „kontrollieren“ soll. Sind diese Akten – nach eigenem Bekunden – offensichtlich manipuliert, unternimmt er effektiv nichts dagegen.

Darin wenigstens haben die Abgeordneten des Bundestages, gerade die aus der „Opposition“, einige Erfahrung.

Nachdem sich der Bundestag nach seiner Wahl im September 2013 fast ein halbes Jahr selbst gelähmt und nicht einmal die verfassungsmäßig vorgeschriebenen Ausschüsse und Kontrollgremien gebildet hatte (während im Schatten der Koalitionsverhandlungen die Staatsaffäre um den ehemaligen Vorsitzenden vom Innenausschuss Sebastian Edathy, das Bundeskriminalamt, seinen Präsidenten Jörg Ziercke und das seit 2009 amtierende Mitglied des „Parlamentarischen Kontrollgremiums“ (!) Michael Hartmann Fahrt aufnahm), dauerte es bis März 2014, bis sich der N.S.A.-B.N.D.-Untersuchungsausschuss gebildet hatte. Dann dauerte es bis September 2014, bis die „Opposition“ aus Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, nach mehrfachen leeren Drohungen, beim Bundesverfassungsgericht versuchten ein Recht auf Zeugenvernahme vor Ort einzuklagen, sowie das Recht “in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise”. Kleines Schmankerl (wir wiesen darauf hin): ein Eilantrag (Antrag auf Einstweilige Anordnung) wurde  von den Abgeordneten nicht eingereicht, weil, so Prozessbevollmächtigte Professorin Astrid Wallrabenstein, die Kläger „hofften“, dass das Bundesverfassungsgericht zügig entscheide.

Surprise, surprise. Dem war nicht so.

Es dauerte also bis Dezember 2014, bis die Verfassungsrichter sich für nicht zuständig erklärten und die Klage abwiesen. Stattdessen verwies das Bundesverfassungsgericht auf den Bundesgerichtshof, an welchem seine Gnaden Generalbundesanwalt Harald Range seit ebenfalls über anderthalb Jahren „prüft“, ob er denn wegen Spionage gegen die Breite der Bevölkerung überhaupt ermitteln will.

Vorbild macht Schule: die „Opposition“ verkündete nach ihrer „Klatsche“, so damals höhnisch der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses Patrick Sensburg (bevor auch ihm das Lachen verging), man werde „nun prüfen, so die über eine Dekade in diversen Untersuchungsausschüssen bekanntlich äußerst helle Leuchtbirne Christian Ströbele, ob man denn vor dem BGH klagen werde.

Für viele, leider, wird es ein Schock gewesen sein, was Jasper von Altenbockum am 5. März in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schrieb. In höhnischer Lamoryanz, die Selbstzufriedenheit quoll förmlich aus den Zeilen, zählte der aus entsprechenden Kreisen wohl ganz gut informierte „Sicherheitsexperte“ der FAZ „teilweise eklatante Fehler“ in den „Snowden-Enthüllungen“ auf.

Mal angenommen, diese Aussagen von Altenbockum treffen zu – und es widersprach meines Wissens nach bisher inhaltlich keiner, keiner – so wäre dies
1) das perfekte Alibi für den bislang untätig gebliebenen Generalbundesanwalt und seinen vorgesetzten Justizminister Heiko Maas,
2) das perfekte Alibi und der strategische Joker der Bundesregierung, ihrer Geheimdienste und deren spätestens mit Inkrafttreten der zweiten Version der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) Mitte 2002 betriebenen “strategischen Überwachung der Telekommunikation” über die seit Mitte der 90er Jahre bei allen großen Telefongesellschaften und späteren Providern eingebauten Spionage-Anlagen, sowie
3) im Kontext der von der Bundesregierung selbst verkündeten Strategie zu sehen, die „Kontrolle der Dateninfrastruktur“ an „europäische Institutionen“ zu übergeben, wovor Radio Utopie bereits im Juni 2013 warnte.

Jede und jeder sollte sich nun selbst einmal fragen, welche Maßnahmen explizit der Moloch der „Europäischen Union“ mit seinen kurzgeschlossenen Regierungsapparaten z.B. in London, Paris oder Berlin seit Juni 2013 unternommen hat und ob seitdem irgendetwas besser geworden ist. Und wenn ja, für wen.

Angesichts von all dem, veröffentlichte nun heute MdB Konstantin von Notz im „Spiegel“ ein Essay. In diesem zählte das Mitglied im Untersuchungsausschuss Störmanöver der Regierung auf – und äußerte dann eine „Drohung“, gegen die der Weltraum eine überfüllte U-Bahn wäre.

„Einmal soll ein bestelltes Rechtsgutachten aus den USA belegen, dass künftig die Einreise als Geheimnisträger in die USA gefährdet und gefährlich sei. Ein anderes Mal unterstellt das Kanzleramt per Brief, die Abgeordneten hätten Geheimnisse ausgeplaudert, und droht ihnen mit der Staatsanwaltschaft.

Solche Indiskretionen sollen offenbar provoziert, Anlässe für weitere Behinderungen der parlamentarischen Aufklärungsarbeit gefunden werden. Der Schaden dieser unverhältnismäßigen Anfeindungen gegenüber dem Parlament ist nicht abzusehen. Die Opposition wird sich das nicht gefallen lassen und notfalls dagegen klagen.“

Ich äußerte mich dazu in folgendem Tweet:

Was für mich dann das Fass Bundestag und seinen Untersuchungsausschuss endgültig zum Überlaufen brachte, war die Reaktion des Bundestagsmitarbeiters von MdB Notz, Jörn Pohl.

Im Jahre 1996 erfährt der heutige Vizepräsident der Internationalen Liga, Rolf Gössner, dass er durch den Inlandsgeheimdienst bereits seit 1970 bespitzelt wird.

Seit 26 Jahren.

Er erfährt dies nicht etwa durch irgendeinen Abgeordneten, einen unabhängigen Journalisten, das Urteil eines Gerichts oder durch die Arbeit irgendeines mutigen Staatsanwalts oder Bundestagsmitarbeiters. Er erfährt dies, weil es ihm der Verfassungsschutz selbst mitteilt. Nach einer offiziellen Anfrage bei diesem.

Dann geht die Bespitzelung von Rolf Gössner einfach weiter.

Es dauert von 1996 bis zum Jahre 2005, bis Gössner dagegen Klage einreicht.

Dann dauert es bis 2011, bis das Verwaltungsgericht Köln entscheidet: die Bespitzelung seit 31 Jahren war unverhältnismäßig und grundrechtswidrig.

Echt toll. Oder? Aber wartet, das Beste kommt noch:

Das Urteil ist bis heute nicht rechtskräftig. Weil die Bundesregierung die Zulassung der Berufung beantragte, über die das nun zuständige Oberverwaltungs­gericht Münster bis heute einfach nicht entschieden hat.

Mein guter Rat an Jörn Pohl, der keine blasse Ahnung hat wer ihn und hier jetzt berät, seinen Abgeordneten Konstantin von Notz, sowie den gesamten Untersuchungsausschuss:

Geht lieber in Deckung. Ab jetzt seid ihr zum Abschuss freigegeben, im Rahmen des Grundgesetzes.